44. Kapitel

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44. Kapitel

~Graces POV~

Ich wache mit pochenden Kopfschmerzen in meinem Bett auf. Als ich mich aufrichte, bereue ich diese Entscheidung sofort, denn ein unangenehmer Stich durchzieht meinen Kopf. Was ist passiert? Ich habe Schwierigkeiten damit, meine Augen offenzuhalten. Ich versuche, meine Gedanken zu ordnen.

Das letzte woran ich mich erinnern kann, war das Gespräch mit Harry von gestern. Doch woher kommen diese Kopfschmerzen? Als ich an mir herunterblicke, bemerke ich, dass ich andere Klamotten anhabe. Kurz bevor ich schlafen gegangen bin, hatte ich ein weißes Shirt an und jetzt trage ich ein rotes. Woher kommt das? Viel Zeit darüber nachzudenken, habe ich nicht, denn ich werde von Lilys schrillem Schrei abgelenkt, der meine Kopfschmerzen nicht gerade besänftigt.

"Lily, hör verdammt nochmal auf damit!", herrsche ich sie an und greife mir an meine Schläfen. "Da ist eine Spinne in der Dusche!"

Ich hätte es mir denken können. "Dann mach sie weg", gebe ich genervt zurück und suche in meinem Nachtkästchen nach einer Tablette gegen diese Schmerzen. "Grace, du musst mir helfen. Es geht um Leben oder Tod!" Ich greife nach einer Tablette, die ich runterschlucke und spüle mit Wasser nach. "Wie wäre es damit, dich deiner Angst zu stellen? Ich gehe jetzt ganz sicher nicht zu dir!" Langsam stehe ich auf und schaffe es, mich umzuziehen. "Gut, dann werde ich die Spinne mit dem Wasser ertränken!", kommt es von ihr und ich schüttle nur amüsiert meinen Kopf.

Auf dem Weg nach draußen, gehen wir an dem Freizeitraum des Wohnhauses vorbei und ich bemerke, dass sich eine Menschenmasse dort versammelt hatte. Neugierig bleibe ich stehen und will der Sache nachgehen. "Wer hat diese Sauerei hier veranstaltet?", kommt es von der Direktorin der Schule. Mrs. Just. Ich lasse meinen Blick durch den Raum gleiten und meine Augen weiten sich bei diesem Anblick. Der ganze Raum ist verunstaltet. Überall liegen leere Sekt- und Wodkaflaschen herum. Wer das wohl angerichtet hat? Vielleicht ein dummer Studentenstreich oder so? "Ich wiederhole es: Wer ist dafür verantwortlich?", fragt sie erneut und wirft jedem einzelnen einen Todesblick zu.

Wer auch immer das war, der wird ganz schön Ärger kriegen.

"Gut, wenn sich keiner dazu bereit erklärt, die ganze Verantwortung zu übernehmen, dann werdet ihr alle dafür sorgen, dass das ganze Zimmer wieder sauber ist." Ein genervtes Raunen erfüllt den Raum, wo ich mich gleich anschließe. Wer immer dafür verantwortlich ist: Diese Person hat bei es sich bei allen anderen ziemlich versaut.

"Lass uns abhauen, bevor sie uns persönlich dazu verdonnert, mitzuputzen!", flüstert mir Lily von der Seite zu und zieht mich aus dem Raum, sodass wir gleich zu unserem ersten Kurs kommen.

Während Geschichte wandern meine Gedanken wieder zu den komischen Kopfschmerzen von heute morgen. Sie sind zwar weggegangen, jedoch beschäftigt mich der Grund für die Schmerzen. Habe ich vielleicht schlafgewandelt und habe mir den Kopf gestoßen? Ich konzentriere mich so gut wie es geht. Plötzlich kommen einzelne Erinnerungsfetzen zurück.

Ich bin gestern in den Freizeitraum gegangen. Ich habe den Müll verursacht. Verdammt, ich bin die Bitch, die jetzt jeder hasst. Mein Schädel brummt wieder und ich massiere mir die Schläfen, was es ein wenig erträglicher macht. Weitere Erinnerungen kehren zurück. Ich habe Harry angerufen. Verdammt, ich hab ihn angerufen. Ich habe ihn betrunken angerufen. Peinlicher geht es doch gar nicht. Außerdem erinnere ich mich, wie ich in den Pool gesprungen bin, Harry mir hinterher ist und mich in mein Zimmer begleitet hat. Er hat mir andere Sachen angezogen.

Bei diesem Gedanken beginnt mein Herz schneller zu schlagen. Ich habe mich blamiert vor ihm. Die Klingel reißt mich aus meinem Schämen und nur langsam greife ich nach meiner Tasche, womit ich den Raum verlasse. Verdammt, wieso bin ich nur so peinlich? Wieso musste ich auch zur Flasche greifen? Ich weiß doch, dass Alkohol keine Lösung ist, um seine Probleme zu lösen. Grace, du verdienst eine Schelle und zwar eine Richtige.

Draußen knalle ich gegen Mike, weswegen ihm seine Bücher aus der Hand fallen. Sofort knie ich mich auf den Boden und helfe ihm dabei, seine Bücher aufzuheben. "Es tut mir so leid, ich habe dich nicht gesehen!", entschuldige ich mich, während ich ihm seine Sachen in die Hand drücke. "Hey ist ok, du bist ja total aufgelöst", lacht er und nimmt dankend seine Bücher entgegen. "Ist alles in Ordnung?"

"Ja, ich habe nur schlecht geschlafen", antworte ich und hänge ein Lächeln dazu, um diese Aussage glaubwürdig erscheinen zu lassen. Kurz wirft er mir einen skeptischen Blick zu, doch dabei belässt er es. "Na dann, ich muss auch zu meinem nächsten Kurs. Man sieht sich!" Und schon ist er verschwunden und ich gehe mit schnellen Schritten zur Mensa, da Lily mich dort schon erwartet. Ich bin froh, dass wir unsere Mittagspausen wieder gemeinsam verbringen, obwohl Liam mir die Pausen auch echt versüßt hat.

Lustlos stochere ich in meinem Salat herum, bis Lily vor mir mit ihren Fingern vor meinem Gesicht herumschnippst. "Hey, ich weiß, dass Mrs. Hells Essen nicht der Burner ist, aber wieso guckst du so?" Mit besorgter Miene sieht sie mich an  und ich schüttle mit dem Kopf. "Nichts", nuschle ich leise und stopfe mir die Gabel in den Mund. "Ist es wegen Harry?" Bei seinem Namen zieht sich mein Herz zusammen und ich halte ihr die Hand vor das Gesicht. "Erwähn seinen Namen bitte nicht mehr in meiner Gegenwart, ok?" Mein Tonfall klingt harscher, als ich eigentlich wollte, aber ich bin genervt von ihm. Er hat mir wehgetan und ich will einfach nichts mehr von ihm hören.

"Sorry!" Entschuldigend hebt sie ihre Hände. "Was ist dann?", fragt sie erneut und ich lasse meine Gabel fallen. "Schwör, dass du das niemandem erzählst. Hast du mich verstanden?" Ihre Augen werden groß und sie nickt stumm, ehe ich mich zu ihr beuge, um einen Flüsterton annehmen zu können.

"Die Sache wegen dem Freizeitraum, weißt du noch? Von heute Morgen?", beginne ich und sie nickt erneut. Ich atme lange ein und aus. "Ich war das!" Sofort schnappt sie nach Luft. "Du warst das?" Ihre Stimme ist lauter, als mir lieb ist, weswegen ich ihr mit einem Blick deute, leiser zu sprechen. "Ja, aber es war nicht meine Absicht. Ich war ziemlich betrunken." Bei meinen letzten Worten kichert sie leise in sich hinein. "Du und betrunken? Ich kann mir das bei dir überhaupt nicht vorstellen", lacht sie, doch mein Gesichtsausdruck bleibt ernst. "Scheiße, du meinst das wirklich ernst."

Ich erzähle ihr von den Erinnerungen, an die ich mich noch erinnern kann und je länger ich ihr davon erzähle, desto größer werden ihre Augen. "Oh Mann, du bist mir ja eine!", lacht sie, doch ich lege ihr schnell den Finger vor die Lippen. "Ich meine es verdammt ernst, Lily, also würdest du aufhören, dich darüber lustig zu machen?" Sofort wird sie leise.

"Fuck, ich kann es nicht glauben!" Sie schüttelt fassungslos ihren Kopf und ich merke, wie sehr sie sich zusammenreißen muss, um nicht laut loszulachen. Ich kann es auch nicht glauben.

Infinity |H. S.|Where stories live. Discover now