59. Kapitel

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59. Kapitel

Hach, ich fühle mich gerade so, als ob ich eine Zeitreise von vier Jahren in die Vergangenheit gemacht habe. Das erste Herzflattern, die ersten Schmetterlinge im Bauch. Jedoch ware diese Gefühle bei keinem Jungen so stark wie bei Harry. Ich dachte immer, dass ich die erste Liebe schon einmal zu spüren bekommen habe, bis ich realisiert habe, dass es bei den anderen Jungs keine Liebe war. Es war eine leichte Schwärmerei. Ich war zu jung, um zu begreifen, was Liebe ist.

Es gibt keine richtige Definition für dieses abstrakte Wort. Jeder interpretiert es anders.

Liebe ist, wenn du eine Person so sehr verehrst, dass es beinahe schon weh tut. Finde ich.

Liebe ist, wenn du dir kein Leben ohne dieser begehrten Person vorstellen kannst. Finde ich.

Liebe ist, wenn diese eine spezielle Person, die einzige Person auf der Welt ist, die es schafft, Gefühle in dir hervorzurufen, von denen du nicht einmal zu träumen gewagt hättest. Finde ich.

Und das trifft alles auf Harry zu.

Ich bin seit nicht einmal zwei Stunden von ihm getrennnt und schon sehne ich mich nach ihm. Manchmal habe ich das Gefühl, verrückt zu werden. Ich bilde mir manchmal seinen unwiderstehlichen Geruch ein. Manchmal bilde ich mir sogar ein, dass seine Stimme raue Töne neben mir erklingen lässt.

Ich will nicht theatralisch klingen, aber es fühlt sich so an, als ob er einen Teil meines Lebens übernommen hat. Als ob er diesen Teil in eine mir unbekannte Richtung gelenkt hatte. In eine Richtung, die mir Neues offenbart. Scheiße, ich denke ich verliere die Kontrolle, aber ich gerate nicht in Panik.

Es ist eher schön. Ein schönes Gefühl. Er trägt mich und mein Leben in eine positive Richtung. Eine Richtung, wo uns Steine in den Weg gelegt werden, die uns aber widerum zusammenschweißen. Stark machen. Das Leid teilen. Den anderen besser verstehen lassen.

Das ist es, was das, was wir erleben, macht. Ich brauche ihn.

Ich schiebe meine philosopischen Gedanken beiseite und tippe auf die Schreibfläche des WhatsApp-Chats. "Ich vermisse dich."

Mit einem Grinsen schicke ich die Nachricht ab und greife gleich daraufhin nach meinen Büchern. Ich muss den Stoff nachholen, ich habe schon viel zu viel versäumt.

"Miss Anderson, schön, dass ich Sie auch einmal zu Gesicht bekomme. Ich hoffe doch, dass Sie Ihre Freizeit so sehr genießen, dass Sie Ihre Kurse dafür sausen lassen!", begrüßt mich Mr. Tyson am nächsten Morgen, als ich das Zimmer betrete. Ich verdrehe genervt die Augen und murmle ein kurzes Guten Morgen zurück. "Wenn ich ein Glas Wasser hätte und er brennen würde. Ich würde das Glas trinken", stöhne ich genervt auf, als ich mich neben Lily auf meinen Platz fallen lasse.

"Pass auf, bevor du wegen unterlassener Hilfeleistung verhaftet wirst!", erwidert sie. "Lieber gehe ich in den Knast, als den noch weitere drei Jahre zu ertragen!"

"Nein, du musst bei mir bleiben, sonst pack ich das Semester nicht!", meint sie schockiert und legt sich ihre Hand theatralisch auf die Stirn. "Genau, dafür bin ich dir gut genug!" Auch ich setze einen geschockten Gesichtsausdruck auf und sie lacht herzhaft auf. "Nein, du bist meine beste Freundin!"

"Die Damen da vorne, ich würde es begrüßen, wenn Sie ihre Plapperlucke schließen würden!", ermahnt uns der Teufel und ich beiße mir in die Wange, um nicht laut loslachen zu müssen. Plapperlucke? Wer sagt das? Das Wort könnte vom Bauern stammen, der Harry und mich im Wald verfolgt hat. Ich drehe meinen Kopf zu Lily, die das Wort anscheinend auch nicht zu packen scheint, denn ihr Gesicht ist rot angelaufen und ihre Lippen sind zu einer schmalen Linie geformt.

Infinity |H. S.|Where stories live. Discover now