37. Kapitel

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37. Kapitel

Meine Finger wandern über die Buchstaben meiner Handytastatur, um korrekte Wörter zu bilden, doch es geschieht nichts. Die Nachrichtenzeile bleibt leer, ich habe keine Ahnung, was ich ihr antworten soll. 

'Ich bin gut angekommen, ich hoffe, dir geht es besser?'

'Ja, ich bin sehr gut angekommen.'

Jede getippte Nachricht wird kurz daraufhin gelöscht. Ich fühle mich wie ein Trottel.

'Ich bin gut angekommen, bis auf die Tatsache, dass ich für 24 Stunden kein Gepäck hatte. Geht es dir besser?', tippe ich schlussendlich ein und schicke die Nachricht ab. Wieso ich mich überhaupt so anstelle, verstehe ich nicht, immerhin habe ich in betrunkenen Zuständen schon schlimmere Sachen geschrieben. Kurz daraufhin lege ich mein Handy weg und stelle mich unter die Dusche, woraufhin ich mich ins Bett lege. Erst jetzt spüre ich, wie erschöpft ich bin, da meine Augen sofort zufallen und ich einschlafe. 

"Du gehst da jetzt raus und machst den Typen platt, in Ordnung? Ich will dich siegen sehen, wir haben nicht umsonst, so viel trainiert", kommt es von Ricky, der mir grad die Schultern auflockert und ich einen Schluck von meinem Wasser mache. Ich kreise meinen Kopf, sodass er ein leichtes Knackgeräusch von sich gibt, und steige in den Ring. Die Leute, die um meinen Gegner und mich applaudieren, nehme ich kaum wahr. Mein Blick bleibt standhaft auf das Gesicht meines Rivalen fixiert. Auch er scannt mich von oben bis unten ab, ehe er mir etwas mit seinen Lippen zuflüstert. "Du bist tot." 

Ein verschmitztes Grinsen bildet sich auf meinen Lippen und ich würde ihm am liebsten meinen Stinkefinger zeigen, aber da meine Hand ja in einem Boxhandschuh steckt, wird das sehr schlecht gehen. Die Scheinwerfer richten sich auf uns und wir stellen uns gegenüber. 

Der schrille Ton der Pfeife des Schiedsrichters dröhnt durch meine Ohren und es dauert keine Sekunde, bis ich meinem Gegenspieler die Faust ins Gesicht ramme und er zurücktaumelt, wobei er sich über die Nase wischt. Ich sehe, wie ihm das Blut aus der Nase fließt und grinse zufrieden über diesen Glücksschlag. Wenn man seine Fresse schon so aufreißt, muss man so etwas eben einstecken können. 

Bedrohlich stampft er auf mich zu und boxt mir in die Magengrube, was mich relativ unbeeindruckt lässt. Der nächste Schlag landet in seinen Magen und er fällt auf die Knie, wobei er sich den Bauch hält. "Und ich soll tot sein?", grinse ich schadenfroh und blicke zu ihm herunter. Er keucht auf und stellt sich wieder auf die Beine. "Das wirst du bereuen, Styles", meint er völlig weggetreten und versucht mich nochmal zu schlagen, doch ich weiche geschickt aus und schlage ihm nochmal ins Gesicht, sodass er komplett  zu Boden sackt. 

Er rührt sich nicht mehr und als der Schiedsrichter bis drei zählt, lässt er meine Faust nach oben schießen. Beifall erfüllt die Arena und ich befreie mich von dem Griff des alten Mannes und steige aus dem Boxring, um zu meiner Garderobe zu gehen. Ich werde von Reportern und Fotografen fast erdrückt, immer wieder der gleiche Dreck.  

Ich stoße die Tür zum Umkleideraum auf und Ricky kommt auf mich zugestürmt, um mich zu umarmen. "Du hast es dem aber gezeigt!", meint er komplett aus dem Häuschen und ich drücke ihn etwas angeekelt von mir weg. "Du widerst mich an."

Sofort fällt seine Miene und er setzt seinen "männlichen Blick" wieder auf. "Zu viel Testosteron, kennst du ja", erklärt er mit einer tiefgestellten Stimme und ich nicke nur. "Genau, deswegen führst du dich wie ein 5-jähriges Kind auf, das sein Lieblingsspielzeug bekommen hat." 

"Hey, ich darf mich fühlen, ich trainiere dich und du hast den k.o geschlagen, also lass mich meinen Moment haben, du Arschloch."  

Ein heiseres Lachen entkommt meiner Kehle und ich schlage ihm brüderlich gegen die Schulter. "Na gut, komm her." Ich breite meine Arme aus und ziehe ihn in eine Umarmung. 

Nach zwei Sekunden lasse ich ihn sofort los. "Ich habe gespürt, dass sich etwas in deiner Hose geregt hat, also tu nicht so, als hätte es dir nicht gefallen", ruft Ricky, als ich zu den Duschkabinen marschiere. Als Antwort erhält er einen Mittelfinger von mir. 

Hastig erkämpfe ich mir den Weg durch die Menschenmasse zu dem Van, das mich zu meinem Apartment fährt. Dort angekommen, atme ich erst einmal erleichtert aus, dass ich es ein weiteres Mal überlebt habe und schon rasen wir durch die beleuchteten Straßen New Yorks zu meiner Unterkunft. Ich sperre meine Tür auf und meine Beine tragen mich automatisch in die Küche, da ich einen unheimlich großen Hunger verspüre. 

Nachdem ich mir ein Sandwich gemacht hatte, setze ich mich damit auf das Sofa vor dem Fernseher, den ich anschalte und How I met your mother laufen lasse. Währenddessen werfe ich einen Blick auf mein Handy und bemerke, dass ich eine neue Nachricht erhalten hatte. 

Grace.

Mich hats  ziemlich erwischt. Magengrippe. Ich habe dich vorhin im Fernsehen gesehen, Glückwunsch zum Sieg :)

Sie hatte mich gesehen. Die einzige Person, bei der es mir nicht egal ist. 

Also mein Magen ist noch ganz fit, danke der Nachfrage. Ich sah schon gut aus, findest du nicht?

Ich muss grinsen, als ich ihr die Nachricht schicke. Ich weiß, dass sie das mit Humor nehmen wird und das mag ich, die meisten würden denken, ich meine das ernst.

Danke für deine Besserungswünsche, ich denk daran, wenn sich mein Bauch verkrampft. Mhm, ja verschwitzte Typen sind wahnsinnig sexy, wenn sie solche Waschschlappen zusammenschlagen. 

Ich lache laut auf und werfe meinen Kopf in den Nacken. 

Gut, nun fühle ich mich in meiner selbstverliebten Art mehr bestärkt, mein, wie sagt ihr Mädchen immer? Bae? 

Keine Minute später kommt die Antwort.

Bae? Bah, nein. Ich bevorzuge Pupsi.

Ernsthaft? Pupsi? Geh schlafen, die Grippe tut dir nicht gut.

Gut, das werde ich jetzt, dann muss ich mir deine selbstverliebte Art nicht geben. Bye!

Lachend lege ich mein Handy weg und esse meine Mahlzeit auf. 

Ich bin irgendwie froh, morgen wieder zurückzufliegen. In New York ist mir zu viel los und London ist mir da viel vertrauter. Schnell wasche ich den Teller ab und packe die restlichen Klamotten in den Koffer für den Rückflug ein.

Mit schweren Schritten steige ich in den Flieger ein, stecke mir die Stöpsel meiner Kopfhörer in die Ohren und nicke für den Rest des Fluges ein. Ich werde einen Jetlag vom Feinsten haben, wenn ich wieder in London landen werde, also will ich ausgeschlafen sein.

Ich wache durch ein leichtes Rütteln auf und mein Blick wandert aus dem Fenster. Das Flugzeug steuert den Landeflug an und es rattert kurz, als dieser auf der Landebahn aufkommt. Ich steige aus dem Privatjet und atme die Londoner Nachtluft ein. Wie sehr ich es hier vermisst habe. Ich steuere meinen Range Rover zu, den ich vor meinem Abflug nach New York auf dem Parkplatz geparkt hatte. Nachdem ich mein Gepäck eingepackt hatte, fahre ich zu meiner Villa und freue mich darauf, eine bestimmte Person wiederzusehen. 

And now I'm going to eat my birthdaycake, have a nice evening nice people.

Infinity |H. S.|Opowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz