52. Kapitel

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52. Kapitel

"Ich bin so verdammt egoistisch, dass ich dich bei mir haben will. Es macht mich aber so fertig, wenn du nicht in meiner Nähe bist", nuschelt er gegen meinen Nacken.

"Es ist nicht egoistisch!", erwidere ich und schließe meine Augen. Ich genieße diesen Moment gerade sehr. Die Sonnenstrahlen scheinen durch das Zelt durch, weswegen das Zelt eine angenehme Raumtemperatur angenommen hatte. "Ich werde alles tun, um dich vor Garcia zu beschützen. Ich gebe mein Wort!", meint er. Mein Herz pocht deswegen umso schneller.

Garcia.

"Du brauchst keine Angst haben, ich bin bei dir." Es scheint so, als ob er meine Gedanken lesen könnte. "Ich denke, wir sollten mal langsam aufstehen, findest du nicht?", unterbreche ich die Stille, woraufhin er ein genervtes Grummeln von sich gibt. "Nein, ich will einfach nur liegen bleiben!", stöhnt er auf, doch ich befreie mich aus seinem Griff und stehe auf. "Harry, es ist 12 Uhr mittags und ich muss nach London zurück!"

Jedoch gibt er keine Reaktion von sich. Er bewegt sich nicht einmal. Als nächstes nehme ich ein leises Schnarchen wahr, weswegen ich ungläubig zu ihm hinunterblicke. "Ist das jetzt dein ernst?" Ich hocke mich hin und fange an, ihm auf seinen Hinterkopf zu hauen. "Fuck, lass mich in Ruhe!"

"Steh jetzt auf!" Ich werde lauter und fange an, ihn durchzukitzeln. "Verdammte Scheiße, hör auf damit!" Er versucht angestrengt, nicht zu lachen, doch sein Kopf läuft rot an und ich sehe es jetzt schon, wie er in Gelächter ausbricht. Bevor es dazu kommen kann, packt er meine Handgelenke und hält diese fest. "Ich sagte, dass du das verdammt nochmal lassen sollst!" Er scheint putzmunter zu sein.

"Gut, du bist wach. Lass uns jetzt nach Hause fahren!"

"Wenn du mich dann endlich in Frieden lässt!" Endlich stellt er sich auf die Beine. Ich helfe ihm dabei, die Sachen zusammenzupacken, die wir dann in sein Auto laden. "Ich bin müde!", beschwert er sich, als wir aus dem Wald fahren und auf die nächste Landstraße einbiegen. "Hol dir einen Kaffee, da vorne ist eine Tankstelle!" Ich zeige nach vorne auf die nächste Tanke und sehe, wie seine Augen aufleuchte, als er sie sieht. "Meine Rettung!" Der Wagen kommt zum Stehen.

"Du bleibst hier im Wagen sitzen, bis ich wiederkomme, hast du mich verstanden?" Seine Stimme ist duster und ich nicke einfach nur. Wo sollte ich denn sonst hingehen? Gelangweilt ziehe ich mein Handy aus der Tasche und checke meine Nachrichten. Nichts neues, außer etliche Anrufe von Lily. Verdammt, ich habe vergessen, ihr Bescheid zu sagen, wo ich bin.

Sorry, dass ich dir nicht Bescheid gesagt habe, wo ich heute Nacht bleibe. Ich erkläre dir alles später, aber mir gehts gut.

Ich schicke die Nachricht sofort ab und lasse meinen Blick über die verlassene Tankstelle gleiten. Sie ist menschenleer, außer einem dicklichen Mann. Auch sein Blick fällt auf mich, als er an seiner Zigarette zieht und seine Augenbrauen dabei in die Höhe schießen. Man sollte Menschen nicht nach ihrem Äußeren beurteilen, jedoch kommt er mir ziemlich creepy vor. Ich wende den Blick ab und als ich erneut nach draußen schaue, sieht er mich noch immer an.

Gut, jetzt wird es echt unheimlich.

Wo bleibt Harry nur?

Das Klicken der Autotür reißt mich aus meinen Gedanken, weswegen ich zusammenzucke. "Whoa, ich bins nur! Du siehst so aus, als ob du einen Geist gesehen hättest, ist alles in Ordnung?" Harry setzt sich, mit seinem Gesicht zu mir gewandt, auf seinen Sitz und steckt zwei Becher Kaffee in die Getränkehalter. "Ich war auch so nett und habe dir einen Becher mitgenommen!" Er zeigt auf den Kaffee. "Danke."

"Also was ist los?" Gedankenverloren greife ich nach meinem Kaffee. "Nichts, ich bin nur müde!"

"Das sah im Zelt aber ganz anders aus, da warst du noch hellwach!" Auch er greift nach seinem Kaffee und trinkt einen Schluck, während er sich nach hinten lehnt. "Komm schon, du kannst mir nichts vormachen. Also was ist los?" Ich werfe einen letzten Blick nach draußen und noch immer haftet der Blick von diesem Typen auf mir. Aus dem Augenwinkel heraus, bemerke ich, dass Harry sich leicht nach vorne beugt und meinem Blick folgt. Ich drehe mich zu ihm um und sehe Panik in seinen Augen aufblitzen.

"Schnall dich an, wir fahren weiter!", befehlt er und irritiert schnalle ich mich an. "Huh, was ist denn mit dir los?" Er steigt aufs Gas und fährt mit überhöhter Geschwindigkeit von der Tankstelle auf die Straße. "Was war das denn? Kanntest du den Typen?" Er sieht nervös aus. "Möchtest du noch wohin, bevor ich dich beim College absetze?" Er weicht meiner Frage komplett aus. Er musste den Typen kennen und irgendwie habe ich das Gefühl, dass das etwas mit Garcia zu tun haben musste. Aber wieso erzählt er es mir nicht? Ich habe ihm schon einmal gesagt, dass er mit mir über alles reden kann. Ich will nicht, dass er Geheimnisse vor mir hat, besonders nicht, wenn ich auch etwas damit zu tun habe.

"Ja ...", antworte ich und lehne meinen Kopf gegen die Fensterscheibe. Da sind wir wieder an den Punkt angelangt, wo er mir nichts sagt und ich dachte schon, dass ich ihn geknackt habe. Trotz seiner schwierigen Persönlichkeit haben wir schöne Momente miteinander verbracht. Ich weiß nicht, wieso er sich davor scheut, mir alles zu sagen.

Die restliche Fahrt verläuft schweigend. Ein schmerzhaftes Schweigen.

"Danke fürs Fahren!", sage ich und greife nach der Türschnalle, doch Harrys Finger umschlingen meinen Oberarm, womit er mich zu sich zieht. Seine Hände wandern zu meinen Wangen, ehe er mich leidenschaftlich küsst. Die eisige Kälte, die den Wagen die letzten zwei Stunden dominiert hat, wird durch die Wärme, die er ausstrahlt, gelöscht. "Du bist mir wichtig, ok? Ich will nicht, dass dir etwas passiert und dass du in Angst leben musst, deswegen sollten einige Dinge einfach nicht gesagt werden. Du musst mich in dieser Hinsicht auch irgendwie verstehen." Währenddessen gleiten seine warmen Finger über meine Wangen. Diese hinterlassen eine brennende Spur auf meiner Haut und ich kann nicht verhindern, dass sich ein breites Grinsen auf mein Gesicht schleicht.

"Hey, da ist ja das großartige Lächeln. So will ich dich sehen und nicht anders, ja?", lächelt er und kitzelt mit seiner Nase meine. "Gut, meine Liebe, so schwer es mir auch fällt dich jetzt gehen zu lassen, muss ich dich bitten, dich aus meinem Auto zu verpissen. Ich muss meinen Schlaf dringend nachholen!"

Ich verdrehe die Augen. "War klar, dass du den schönen Moment zerstören musst!" Ein heiseres Lachen entflieht seiner Kehle, als er seine Lippen wieder auf meine drückt und sie dort für eine Weile verweilen lässt. Ein letzter Kuss wird dort hinterlassen, bevor er sich wieder von mir löst. "Gut, dann werde ich jetzt gehen", meine ich und steige aus dem Wagen. "Ich muss sagen, dass meine Klamotten deine Figur richtig gut betonen!", pfeift er mir noch hinterher und ich zeige ihm lachend den Mittelfinger. Mit einem Grinsen im Gesicht fährt er vom Campus und ich sehe ihm so lange hinterher, bis sein Auto aus der Reichweite ist.

Heute Abend treffe ich mich mit Ellie und ich muss mich noch fertig machen, in diesen Klamotten  kann ich nicht zu diesem Treffen gehen. Langsam öffne ich die Tür zu meinm Zimmer und werde sofort von Lily angesprungen. "Junges Fräulein, wo warst du?"

Infinity |H. S.|Where stories live. Discover now