Kapitel 56

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Kapitel 56

„So, ich glaube, wir haben alles." Marie schaute in den Kofferraum.

„Äh... ja. Und selbst wenn nicht – wir fahren doch höchstens zehn Minuten bis zu deiner Familie, oder?", erinnerte Felix sie.

„Eher fünf." Marie musste schlucken. Langsam war sie diejenige, die nervös wurde, auch wenn sie in den letzten Tagen und Stunden Felix doch selbst beruhigt hatte.

„Jut." Er schloss den Kofferraum und sie beide stiegen ein. „Brauch kein Navi, oder?"

„Nee. Ich leite dich." Marie schnallte sich an und streichelte dabei ihren Bauch. Alles gut. Alles ruhig. Nur ein nettes Abendessen mit der Familie. Felix fuhr los.


„Ja, jetzt erinner ich mich", sagte er, als sie in dem Ort waren, in dem Marie den besseren Teil ihrer Jugend verbracht hatte.

„Mhm", machte sie und sah zu, wie er den richtigen Weg einschlug, zum Rande des Dorfes, vorbei an dem Haus, das Anne und René renoviert hatten und hoch zum Waldrand, zum Haus ihrer Großeltern.

Felix parkte den Benz vor der Garage. „Kann ick hier so stehen bleiben?" Er reckte den Kopf, schaute zu den anderen beiden Autos und zum Garagentor.

„Klar", sagte Marie. „Kommen doch alle so raus, passt schon. Und sonst sind wir ja in der Nähe, um umzuparken." Sie öffnete die Autotür und schob sich raus und hoch. Manche Bewegungsabläufe hatte sie in den vergangenen Monaten anpassen müssen. Sie schloss die Tür und sah zum Haus. Sie war öfter hier gewesen in letzter Zeit. Aber nun kam ihr alles anders vor, einfach, weil Felix dabei war. Wieder. Er war ja früher schon mal hier gewesen mit ihr, klar. Sie hatten unter dem Dach übernachtet, ab und an ein Wochenende hier verbracht. Es war gut gewesen. Auch das Verhältnis zu ihrer Familie. Sie hatten Felix herzlich aufgenommen. Damals. Aber jetzt...

Felix hatte den Kofferraum geöffnet und wollte sich gerade eine der Schüsseln nehmen, als vom Haus her ein „Hallo!" kam. Es klang fröhlich und gut gelaunt. Susanne.

„Hallo Mama!" Marie erwiderte ihr Lächeln und die beiden umarmten sich, als Sanne am Auto angekommen war.

„Hallo", sagte Felix.

Susanne umarmte auch ihn flüchtig. „Ach, schön, dass ihr da seid." Ohne nachzufragen griff sie in den Kofferraum.

Felix nahm die andere Schüssel und ließ den Kofferraumdeckel sanft zugleiten, schloss das Auto dann ab. Marie beobachtete, wie er zum Haus schaute, irgendwie skeptisch und wohl in der Erwartung, dass ihn nicht jeder hier mit offenen Armen empfangen würde. Marie litt jetzt schon mit ihm mit. Und sie wusste auch nicht, wie es für sie selbst werden würde. Vielleicht war es doch keine gute Idee gewesen, herzukommen.

Sie folgten Susanne ins Haus, das seltsam still war. „Die anderen sind schon im Garten draußen", erklärte Maries Mutter. „Aber lass mal den Salat und... habt ihr auch Nachtisch gemacht? Also das passt besser noch hier oben in den Kühlschrank. Anne hat übrigens so vegetarische Grillsachen eingelegt, sehen total lecker aus." Sie verstaute die Schüsseln im Kühlschrank, der bereits übervoll war. „Ja, gut, dann gehen wir mal raus, hm?"

Marie sah, als sie im Wohnzimmer waren, die anderen bereits draußen sitzen, einige Meter entfernt von der Terrassentür. Die Tische, Bänke und Stühle waren auf den Rasen gestellt worden, weil dort mehr Platz war und Oma Christa es nicht mochte, wenn der Rauch vom Grill und die Essengerüche direkt in das Haus zogen. Es war keine große Runde. Ihre Großeltern, Anne und René, ihre Cousine Céline, die gerade Semesterferien hatte. Dann waren da noch Sannes Schwester Nicole und deren Mann Olli, was Marie ein wenig verwunderte. Mehr als nötig waren für ein Tribunal. Sie wusste noch nicht, ob das nun gut oder schlecht für den Verlauf des Abends sein würde. Erst als sie draußen waren, entdeckte Marie auch Mika. Der Kleine, der inzwischen fast zwei Jahre alt war, lief gerade vom Tisch weg auf eine Decke zu, auf der eine große Auswahl seiner Spielzeuge ausgebreitet war. Neben der Decke lag Barry, den Kopf müde auf die Pfoten abgestützt, und blinzelte, als Mika sich neben einen ziemlich großen Spielzeug-LKW plumpsen ließ. Marie musste lächeln und bewahrte sich dieses Gefühl, als sie nun wieder zum Tisch schaute, an dem die Erwachsenen saßen. „Hallo zusammen!", sagte sie, betont fröhlich. Sie meinte es ehrlich, aber sie merkte, wie sie ein wenig skeptisch die Gesichter scannte. Und sie, die Ankömmlinge, wurden gerade ebenso gemustert.

Quite Suddenly (Felix Lobrecht FF)حيث تعيش القصص. اكتشف الآن