Kapitel 35

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Kapitel 35

„Ick hab nen Seebärenhunger", erklärte Felix, der auf dem Beifahrersitz saß.

Marie lächelte. „Klar. Nach so nem Abenteuer. Aber... also ich würde schon gerne nach Hause erst mal. Irgendwie ist meine Hose immer noch nicht richtig trocken."

„Nee, klar, will ja nich, dass du dich erkältest. Hätteste doch sagen können. Dann wären wir direkt gefahren."

Marie schüttelte den Kopf. „Schon okay." Sie waren nach der Schifftour durch den Ort spaziert und hatten dann eine Runde Minigolf gespielt. Felix hatte gewonnen. Haushoch. Aber da hatte die Sonne geschienen. Erst als die wieder hinter Wolken verschwunden und es kühler geworden war, hatte Marie gemerkt, dass der Stoff ihrer Jeans noch etwas klamm war. „Ist alles gut so, wie es ist", fügte sie leiser hinzu.

„Alles?", wiederholte er.

Marie räusperte sich. „Na ja, also so ein bisschen Hunger hab ich auch. Sollen wir gleich bei dem Edeka anhalten und irgendwas für heute Abend mitnehmen?"

„Yo. Da gibt's ja och die Fischtheke. Da ist mir jetzt nach. Wenn schon nicht selbst geangelt, dann so."

Nachdem sie alles eingekauft hatten, lenkte Marie das Auto weiter die Landstraße entlang. Alles gut. Alles. Nein. Aber wann stimmte das denn auch schon mal? Wann war wirklich alles gut? Nie. Aber... ja, es war besser. Sie atmete durch. Sie hatte den ganzen Tag, nein, eigentlich schon die letzten Tage, Felix' Anwesenheit wieder ganz anders wahrgenommen, sie geschätzt. Das war gut. Einfach bei ihm zu sein. Zu reden oder zu schweigen, wie jetzt gerade.

Beinahe wäre sie an der Kreuzung geradeaus gefahren, aber sie erkannte noch rechtzeitig, dass ihr trotz der manchmal seltsam gleichförmigen Landschaft doch schon etwas vertraut vorkam, blinkte links und wartete, bis der Gegenverkehr durch war. Sie bog ab.


Als sie aus dem Bad kam, roch es so verführerisch aus der Küche, dass ihr Magen umgehend zu knurren anfing. Sie zog sich die Strickjacke über und folgte dem Duft. Felix war bereits fleißig gewesen. Er stand an der Arbeitsplatte und schnippelte irgendwas, während von einer Pfanne auf dem Herd Dämpfe aufstiegen und aus der Boombox auf der Theke schwere und doch irgendwie treibende Hiphop-Beats zu hören waren.

„Riecht lecker", sagte Marie überdeutlich und laut.

Felix drehte sich um, sah sie an, grinste. „Yo. Hab och schon probiert. Wird gut. Der Fisch ist auch schon im Ofen. Braucht aber noch so ne Viertelstunde. Besser richtig durchgaren..."

„Mhm." Marie nickte und schaute Richtung Esstisch. Aber den hatte Felix auch schon gedeckt. „Kann ich noch was machen?" Sie sah wieder zu Felix.

„Äh..." Er ließ den Blick durch die Küche schweifen. „Nee. Hab alles im Griff. Kannst dich ruhig schon mal setzen."

Als er sich wieder abwandte, zögerte Marie. Sie betrachtete das Gesamtbild. Irgendwas daran war schön. Und beruhigend. Sie ging zurück ins Bad, holte ihre Sachen, brachte sie nach oben in ihr Schlafzimmer. Zurück in der Küche war da noch immer dieses Gefühl. Es war gut. Sie nahm ihr Smartphone und machte ein Bild, hielt diesen Moment fest. Sie wusste nicht, warum. Dann ging sie zum Kühlschrank, räusperte sich, als sie den Orangensaft herausholte. „Wolltest du nicht auch noch Hack aufnehmen?"

„Morgen. Passt Tommi auch besser." Felix hatte den Kopf gedreht und lächelte Marie an. „Ich hoffe, das ist okay? Hatten ja noch nichts vor morgen, oder?"

Marie schüttelte den Kopf. „Nein, alles gut." Als er sich wieder auf die Zucchini vor sich konzentrierte, betrachtete Marie ihn genau, von oben bis unten, achtete auf seine Bewegungen, wie er das Messer nutzte, wie er an der Arbeitsplatte stand, die Füße nicht parallel, sondern leicht v-förmig aufgestellt. Sie wusste nicht, woran es lag, aber sie musste sich ihn anschauen, sehen, wie er war, was er tat, wie er sich bewegte und sich gab. Sie konnte nicht genug davon bekommen. Irgendwas musste da los sein in ihrem Unterbewusstsein. Und da war so eine unterschwellige Nervosität, fast als ob sie etwas vergessen hätte.

Quite Suddenly (Felix Lobrecht FF)Where stories live. Discover now