Kapitel 18

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Kapitel 18

„Also jetzt ehrlich mal: Was denken die? Dat ich hier mit meinen zwei schwangeren Frauen rumrenn oder wat? Gibt doch keine Mormonen in Deutschland, oder?"

„Na ja, aber Polyamorie?", wandte Vivi ein.

„Was?" Nils hatte skeptisch die Stirn gerunzelt.

„Ach, musst du gar nicht wissen, Schatz. Wenn du willst, kannst du zu den anderen Vätern in die Spielzeugabteilung gehen und... na ja, spielen?"

Nils seufzte. „Darf ich wirklich?" Er zog eine Schnute.

„Ja. Los! Zisch ab!" Vivi lachte, als sie ihrem Mann hinterhersah.

Marie hatte die Szene diskret beobachtet, während sie sich halb hinter einem Aufsteller mit Still-BHs versteckt hatte. „Der arme Kerl." Sie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

Vivi kam zu ihr. „Ja, echt arm dran. Dauernd meckert er. Dabei bin ich diejenige, die hier schwer zu tragen hat."

Unwillkürlich schaute Marie auf Vivis Bauch, der um einiges voluminöser war als ihrer. Aber Vivi war auch schon im achten Monat jetzt. Sie hatten sich zum Shopping verabredet. Anfangs war Marie von der Idee nicht so angetan gewesen. Aber auf das Treffen mit ihrer Freundin hatte sie sich schon gefreut. Nur wie befürchtet waren in dem großen Kaufhaus, das sich auf Schwangerenmode und alles, was die lieben Kleinen in den ersten sechs Lebensmonaten brauchen konnten, spezialisiert hatte, tatsächlich fast ausschließlich Paare unterwegs. Wie auf der Arche. Marie seufzte. Auf die hätte sie wohl auch nicht gedurft. Mist aber auch.

„Findest du nichts?", fragte Vivi sie.

„Doch schon."

„Ich glaube, ich werde mich in den letzten Wochen jetzt einfach nur noch in so weite Kleider hüllen." Vivi nahm ein pink-gelb gemustertes Baumwollkleid von einer Stange an der Wand. „Wird ja bald schon Sommer." Sie hielt das Kleid vor sich und ging dann zu einem der vielen Sofas, die hier dankenswerterweise überall aufgestellt waren. Sie setzte sich wie in Zeitlupe. „Steht mir die Farbe?"

Marie kam zu ihr. „Ja, schon. Ist nur irgendwie ungewohnt an dir."

„Geschmacksverirrung." Vivi seufzte. „Alles, was ich gerade tue und eigentlich nicht tun sollte oder würde, schiebe ich auf Hormone. Heißer Tipp."

Marie lächelte und setzte sich neben Vivi. „Hab ich auch schon ausprobiert. Wobei... Ist gar keine Ausrede bei mir. Ich mach echt so Sachen... na ja, bin emotional und so. Mehr als sonst. Und meine Mutter meinte, ich werde vergesslich. Aber... ja, geht schon, schätze ich mal. Nur... ist schon alles anders irgendwie." Sie streichelte kurz ihren Bauch.

„Oh ja." Vivi machte große Augen. „Das kannst du laut sagen. Ist einfach alles seltsam. Versteh mich nicht falsch, ich freu mich wahnsinnig drauf, die kleine Maus bald kennenzulernen, aber das jetzt? Mein Körper... ich weiß nicht, das sind so Veränderungen, auf die ich keinen Einfluss habe."

„Mhm." Marie nickte. „Wobei... also ich fühl mich ganz wohl eigentlich. Aber ich bin ja noch nicht so weit wie du."

„Na, ich will mich auch nicht beschweren. Mir geht es schon gut, wirklich. Und Nils ist... ja, schon ein richtiger Schatz einfach. Der ist super fürsorglich. Und Elternzeit nimmt er auch – wo er noch vor ein paar Monaten so war: Ach, weiß nicht, was sagen da die Kollegen? Aber er hat's dann doch noch kapiert."

Marie lächelte. „Schön."

„Mhm." Vivi nickte und lehnte sich zurück, wobei sie das Kleid auf ihren hervorstehenden Bauch legte. „Und? Bei dir? Alles nicht so toll, oder?"

Quite Suddenly (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt