Kapitel 4

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Kapitel 4

He was my North, my South, my East and West
My working week and my Sunday rest
My noon, my midnight, my talk, my song
I thought that love would last forever, I was wrong.

(W.H. Auden: Funeral Blues)


„War dat jetzt alles?"

„Ja." Sie nickte. „Das war's."

„Gut." Ihr Cousin stand in der Tür zum Vorflur mit verschränkten Armen und sah sie abwartend an. „Dann fahrn wir jetzt, ja?" Sein Blick glitt zu Felix, der vor dem Durchgang zur Küche stand.

Marie unterdrückte ein Seufzen. „Ich komme gleich runter, ja? Fünf Minuten."

„Sicher, dass du mit dem Scheißkerl da alleine bleiben willst?"

„Ja", sagte Marie mit Nachdruck. Kopfschüttelnd drehte ihr Cousin sich um und wenig später hörte Marie die Wohnungstür. „Tut mir leid." Sie wandte sich Felix zu. „Das meint er nicht so."

„Doch, das meint der so", sagte Felix und ein Hauch eines Lächelns war zu erkennen. „Aber er hat ja recht. Und ick bin froh, dass du jemanden hast, der auf dich aufpasst."

„Hm." Marie nickte, dann ging sie zum Tisch und legte ihren Wohnungsschlüssel darauf ab. „Das war's dann wohl. Oder ist dir noch was aufgefallen? In der Wohnung, meine ich." Erst jetzt drehte sie sich wieder um, sah zu ihm.

Felix schüttelte den Kopf. „Nein. Kann dann ja höchstens noch irgendein Kleinkram sein. Den kann ick dir sonst hinterherschicken." Er schaute zum Tisch.

„Mhm", machte Marie zustimmend, auch wenn sie davon nicht begeistert war. Sie brauchte diesen Schlussstrich.

„Kommst du klar?" Er sah sie an, eine Spur mitleidig und vielleicht melancholisch.

„Das wird schon. Irgendwann. Ist noch keiner an nem gebrochenen Herzen gestorben, oder?" Sie lächelte, ohne die Lippen voneinander zu lösen.

„Wenn es dich beruhigt oder freut oder es dir Genugtuung gibt: Meins is es auch."

„Was?"

„Gebrochen. Mein Herz."

Marie starrte ihn an. Sie spürte, dass ihre Augen brannten. „Nein. Das freut mich nicht. Und es ist auch keine Genugtuung. Es ist einfach scheiße."

Er nickte. „Sorry. Ist nicht deine Schuld. Hab mir das quasi selbst gebrochen, ja?"

Marie atmete durch. „Ich hoffe, dass du klarkommst. Dass du... zur Ruhe kommst, wirklich zur Ruhe."

„Ich dachte, das tue ich. Mit dir. Du hast mich verändert, das weißt du, oder? Ich hab mich nie so gefühlt wie mit dir. So gut und... angekommen."

Marie kniff die Lippen zusammen. „Na ja, hat ja aber dann doch nicht gereicht, oder? Es hat einfach nicht gereicht."

„Um mich vom Lügen und Scheiße bauen abzuhalten? Doch schon. Etwas. Aber ja, offenbar bin ick nich zu retten."

Marie konnte es kaum ertragen, ihn so niedergeschlagen zu sehen. „Du bist kein schlechter Mensch. Du hast... schlechte Eigenschaften, ganz klar. Die hat jeder. Und für mich war das mit dem Betrügen halt echt ne Nummer zu groß. Die Vorstellung, dass du mit ner anderen Frau..." Marie musste nach Luft schnappen und richtete den Blick starr an die Decke, damit die Tränen dort blieben, wo sie waren. Sie atmete durch, zweimal, dreimal. Dann senkte sie den Blick wieder, blinzelte. Er war zwei Schritte näher gekommen, hielt jedoch Abstand. Gut. Sie versuchte ein Lächeln. „Aber du bist kein schlechter Mensch. Du warst so lieb zu mir, immer. Und geduldig. Vielleicht musst du das nur mal so komplett zulassen. Das Liebsein. Nicht nur zu anderen, auch zu dir selbst. Damit du nicht wieder Scheiße baust und deine Sandburgen einreißt. Oder deine Beziehung. Vielleicht musst du mal an deinem Selbstbewusstsein arbeiten."

Quite Suddenly (Felix Lobrecht FF)Where stories live. Discover now