Kapitel 38

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Kapitel 38

„Ich kann gar nicht glauben, dass wir morgen schon wieder fahren." Marie seufzte.

„Ja, irgendwie krass, oder?" Felix schaute kurz zu ihr, konzentrierte sich dann aber wieder auf die Straße. „Wobei ick anfangs auch dachte, dass dit hier richtig unangenehm werden könnte. Wegen der ganzen Therapie-Sache und so, aber... jetzt? Könnten noch ewig hier bleiben von mir aus."

Marie sah ihn von der Seite an. Er lächelte, wirkte zufrieden, vielleicht sogar glücklich. Das waren sie wohl beide: glücklich und beinahe ein wenig ungläubig darüber, dass sie sich wieder zusammengerauft hatten. Natürlich war da noch diese Erinnerung, diese dunkle Wolke in der Ferne, diese Eintrübung. Aber das hieß nicht, dass sie die Zeit zusammen nicht genießen konnten. Es war gut.

Felix lenkte den Toyota auf den Parkplatz eines Edekas. „So. Du wolltest Bananen, wa? Und ick hol mir noch nen Kaffee. Sonst was?"

„Nee, fällt mir jetzt nichts ein. Und ist ja eh besser, wenn wir dann nach unserer Tour noch einkaufen, oder?"

„Yo." Felix öffnete die Tür. „Ick spring dann ma schnell rein. Oder willst du mit?"

„Nee, geh du mal."

„Jut. Ich beeil mich."

Marie sah ihm hinterher, wie er auf den kleinen Supermarkt zulief. Es würde schnell gehen. Sie ließ den Blick schweifen. Es war gleich Mittag. Wirklich sonnig war es nicht. Aber zumindest trocken. Also stand ihrer kleinen Tour im Naturschutzgebiet wohl nichts im Weg. Marie hörte ein Klopfen und nahm ihr Handy raus. Es war eine Nachricht von ihrer Lektorin mit Glückwünschen zu einer offenbar guten Kritik im Feuilleton irgendeiner französischen Zeitung. Marie öffnete den Link und versuchte mit ihrem eingerosteten Schulfranzösisch etwas zu verstehen. Sie erkannte nur einzelne Wörter. Aber ja, der Grundtenor schien positiv zu sein. So absurd, das Ganze. Jetzt lasen irgendwelche Menschen in Frankreich ihren Roman. Sie ließ den Kopf zurückfallen gegen die Stütze und lächelte. Dann sah sie zum Eingang des Supermarkts. Felix stand da, einen To-Go-Becher, eine Papiertüte und ein paar Bananen tragend. Er war nicht allein. Zwei Frauen, Marie schätzte sie auf nicht älter als fünfundzwanzig, beide fast einen Kopf größer als Felix, eine blond, die andere schwarzhaarig. Sie redeten miteinander, lachten, machten Selfies, bei denen Felix das Kommando übernahm. Die beiden Fremden hatten offenbar noch mehr, was sie Felix mitteilen wollten. Marie spürte etwas in sich, einen Hauch Misstrauen vielleicht, aber es war lächerlich, zumindest in der jetzigen Situation. Sie schaute auf ihr Handy. Sie hatten ja noch Zeit. Es war immer wieder vorgekommen, dass Felix erkannt worden war. Marie hatte sich dann möglichst zurückgezogen und unbeteiligt getan. Sie wusste nicht, ob das die beste Lösung für derlei Situationen war. Aber es war bisher die einzige gewesen, die ihr eingefallen war.

Die Fahrertür wurde geöffnet, Felix stieg ein. Marie nahm ihm die Sachen ab und er schnallte sich an. „Sorry, da waren noch zwei..."

„Ja, hab ich gesehen."

„Hm." Er nickte.

Marie sah zu ihm, wie er den Motor startete, sich umschaute und losfuhr. Irgendwie wirkte er etwas grimmig oder verbissen. „Alles okay?"

„Klar. Was soll sein?"

Marie überkam eine gewisse Beklommenheit. Irgendwas war da, das wusste sie. „Ist das wegen der Mädels da gerade?"

Er fuhr vom Parkplatz auf die Straße und atmete dann hörbar durch. „Is manchmal schon... na ja, manchmal passt dit eben nich. Die waren auch ein bisschen... seltsam irgendwie und... weiß nicht. Aber... ja, liegt vielleicht och an mir. Stört eben manchmal einfach doch. Is manchmal... ja, ungünstig eben."

Quite Suddenly (Felix Lobrecht FF)Where stories live. Discover now