Kapitel 51

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Kapitel 51


In der Nacht ließ Felix Marie nicht los. Sie wachte einige Male auf, war desorientiert, weil das Fenster, durch das immer ein wenig Licht von der Straße fiel, nicht mehr da war, wo sie es gewohnt gewesen war. Aber immer, wenn sie sich erinnerte, dass sie bei Felix im Schlafzimmer lag, war es wieder gut. Sie wandte den Kopf sachte, erkannte vage den Umriss der Deckenlampe über sich und spürte Felix, der sie umarmt hielt. Die Tür sah sie nicht.

Als sie wieder einmal wach wurde, schob sie vorsichtig Felix' Arm von sich. Aber er wachte auf. „Hey", flüsterte er und dann gähnte er offenbar. „Alles in Ordnung?"

„Alles in Ordnung. Bin gleich wieder da."

Felix war noch wach, als sie aus dem Bad zurückkam, wartete darauf, dass sie sich wieder aneinanderkuscheln konnten. „Keine Alpträume?", fragte er.

„Nein. Alles gut." Marie schmiegte sich noch ein wenig mehr in seine Wärme, umschlang das Kissen vor sich, fand eine bequeme Position für ihre Beine und genoss es, dass Felix sie streichelte, während sie einschlief.


Sie erwachte erholt, als das Licht, das durch die Jalousien fiel, den Raum schon deutlich erhellte. Diesmal schaffte sie es, sich vorsichtig aus Felix' Umarmung zu schälen, ohne dass er aufwachte. Sie schob sich aus dem Bett, nahm ihre Sachen und ging ins Bad.

Guten Morgen! Bin Kaffee holen. Bis gleich! Ach ja und: Ich liebe dich! Marie legte den Zettel aufs Bett. Viele Ausrufezeichen. Aber so fühlte sie sich gerade. Ein wenig laut für ihre Verhältnisse. Sie fühlte sich glücklich. Sicher nur für den Moment. Aber das reichte ja vielleicht. Sie steckte ihr Portemonnaie ein, ihr Handy, streifte die Jacke über. Dann verließ sie die Wohnung, nachdem sie es geschafft hatte, die absurden Sicherheitsriegel und – schlösser zu öffnen. Berlin. Im Westerwald war die größte Gefahr die, dass fremde Katzen sich hineinschlichen, wenn irgendwas offenstand.

Draußen vor der Tür entschied sie sich gegen den direkten Weg. Felix würde noch länger schlafen, ziemlich sicher. Sie machte einen Spaziergang, fand wie von selbst den Weg zum Engelbecken. Irgendwann würde sie auch mal in die Kirche dort gehen. Der Berufsverkehr hatte längst eingesetzt, aber im Park selbst war kaum jemand unterwegs. Nur ein paar Gassigänger. Auf einer Parkbank schlief jemand. Und auf der anderen Seite des Beckens waren drei Jugendliche dabei sich irgendwas auf ihren Smartphones zu zeigen. Es schien lustig zu sein, sie lachten laut und auffällig. Marie überlegte, wegen der drei Jungs einen anderen Weg einzuschlagen, aber sie entschied sich dagegen. Sie machte einfach einen weiten Bogen und wurde ignoriert. Gut. Berlin war gar nicht so schlimm. Eigentlich hatte sie das ja schon festgestellt, als sie hier gelebt hatte. Auch wenn das nur ein paar Monate gewesen waren. Alles etwas verschoben jetzt. Eigentlich. Das große Eigentlich. Eigentlich wäre sie hier gewesen in den letzten Monaten. Aber jetzt war es eben so. Und sie würde wieder hierherziehen, wenn auch vielleicht nicht mehr in diesem Jahr. Und vielleicht würden sie vorher eine andere Wohnung suchen. Eine mit Kinderzimmer. Wieder ein Umzug. Aber das hatte ja noch Zeit. Jetzt gab es erst einmal andere Dinge, die Vorrang hatten. Marie legte eine Hand auf ihren Bauch und musste lächeln. „Guten Morgen", sagte sie leise, als sie spürte, dass sich etwas regte. Vermutlich musste sie noch nicht mal flüstern. Leute, die Selbstgespräche führten, gab es in der Gegend durchaus. Sie würde damit also nicht weiter auffallen. Dennoch unterließ sie es, redete nur in Gedanken mit dem Ungeborenen, erklärte, was sie gerade tat und sah.

Im Café holte sie was sie sich vorgenommen hatte und kaufte noch, weil sie so appetitlich aussahen, zwei Croissants dazu. Dann machte sie sich wieder auf den Weg zurück in die Wohnung. Sie hörte das Wasser rauschen, als sie in den Wohnbereich kam. Felix war also wach. Sie war gerade erst in die Küche gegangen, da kam er auch schon, die Haare nass und nur in Boxershorts. „Hey, Babe! Guten Morgen!"

Quite Suddenly (Felix Lobrecht FF)Where stories live. Discover now