Kapitel 47

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Kapitel 47

Nachdem sie abgeräumt hatten, saßen sie auf der Dachterrasse, auf dem Loungesofa. „Wollen wir morgen zu Fränki? Wenn du schon hier bist und so... na ja, der würde sich freuen."

Marie drehte den Kopf, um Felix ansehen zu können. Da war gerade ein Abstand zwischen ihnen, von dem sie hoffte, dass er ihr half, klare Gedanken fassen zu können. „Können wir machen, ja. Aber ich will nicht, dass du deine Pläne irgendwie umschmeißt jetzt. Du hattest ja was anderes vor."

Felix nickte. „Passt aber. Morgen Mittag in die Firma und dann rüber zum Silbernen. Vielleicht hat Julian och Zeit."

„Hm." Marie nickte und schaute in die Ferne, über die anderen Hausdächer und die vereinzelten Baumkronen. „Da ist noch was. Das war... das, was mich wirklich dazu gebracht hat, herzufahren, weil es mich so... na ja, gefickt hat." Sie lächelte schief und sah Felix dabei an, ehe sie den Blick wieder abwandte. Es war ihr unangenehm.

„Was denn?", hakte Felix nach.

„Ich war auf Instagram."

„Yo. Dit is meistens keine gute Idee. Langsam wird dit och genau so sick wie früher Twitter."

„Ich war auf deinem Profil. Über deinen Zugang."

„Mhm", machte Felix. „Ja, hatte ick dir ja gesagt, dass dit okay is."

„Vielleicht hättest du die Chatverläufe mit deinen Exaffären lieber löschen sollen, bevor du mich dazu einlädst, da zu stöbern." Sie malträtierte ihre Unterlippe. Sie war verletzt und sie konnte das nicht verbergen, nicht kontrollieren.

„Was meinst du?", fragte Felix und schaute sie an. Sein Gesichtsausdruck wirkte normal.

Marie war einen Moment lang wirklich sauer auf ihn. Wollte er sie verarschen? Er musste das doch wissen. „Lyra", sagte sie und sprach den Namen wie das Musikinstrument aus. „Oder Lyra", ergänzte sie, diesmal so, wie der Name wohl ausgesprochen werden würde, wenn er englischen Ursprungs wäre. Aber Felix sah nicht so aus, als wüsste er, wovon sie redete. „Sie kann nicht fassen, dass du Vater wirst", fuhr Marie fort. „Und damals mit dir in München, die Nacht im Hotel, nach der Show, das fand sie wirklich, wirklich geil."

„Oh", sagte Felix nur und dann schien er zu erstarren.

„War das ein Zufall, dass ich über sie gestolpert bin oder gibt es da einfach so viele, dass man quasi gar nicht an ihnen vorbeikommt? Ich vermute eher letzteres, weil du dich offenbar noch nicht mal an diese spezielle Frau erinnern kannst. Muss auch echt hart und verwirrend sein, wenn man so viele... Frauen gefickt hat." Sie war selbst geschockt über die Wut, die sie empfand und die in ihren Worten zu erkennen war. Sie schwieg, krallte ihre Finger in das Polster unter sich und starrte stur geradeaus auf das Geländer.

„Ich hab die nicht blockiert", sagte Felix schließlich nach einer ganzen Weile. „Aber ich hab mit denen auch nicht mehr großartig geredet. Und ja, da gab es ein paar, mit denen ich nachher DMs ausgetauscht habe auf Insta. Weiß nicht wieso, vielleicht weil ich kein Arschloch sein wollte." Er lachte, kurz und überhaupt nicht amüsiert. „Ja, das klingt jetzt irgendwie richtig blöd. Weil Arschloch war ich ja eh, gerade weil ick mit denen jefickt habe. Maaann!", stieß er lang gezogen und so laut hervor, dass Marie sich zu ihm umdrehte. Er rieb sich mit der Hand über die Wange. „Soll ick die jetzt blockieren?" Er sah Marie fragend an. „Oder Insta löschen?"

„Das macht es ja nicht ungeschehen", sagte Marie tonlos.

„Nein", stimmte er ihr zu, atmete durch und sah sie lange an. „Was meinst du, was wir tun sollen, was ick tun soll?"

„Ich weiß es doch auch nicht." Marie merkte, dass ihr schon wieder die Tränen kamen. „Scheiße, Mann!" Sie stand auf und schniefte, fand in einer Hosentasche ein Taschentuch und schnäuzte sich. „Ich will dir doch glauben. Ich will dir glauben, dass so was nie mehr vorkommt. Aber... ich hab dir doch damals auch vertraut. Und ich hab nichts gemerkt. Und... ja, ich weiß auch nicht." Sie hatte sich wieder zu ihm gedreht, zuckte mit den Schultern. „Das tut einfach weh, ja? Zu lesen, dass du mit der da in München... ich hab das Datum geprüft, ja? Und dann unseren WhatsApp-Verlauf durchgeschaut. Du hast mir an dem Abend noch ne Gute Nacht gewünscht, geschrieben, dass du mich vermisst und dass du müde bist." Sie musste schlucken. „Das hast du heute Morgen auch geschrieben: Dass du mich vermisst. War das damals gelogen? Ist es heute gelogen? Was hat sich geändert? Wie... wie kann ich denn sicher sein, wie, hm?"

Quite Suddenly (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt