Kapitel 48

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Kapitel 48

Im Wohnzimmer nahm Marie ihren Rucksack. Es war ein kleines Exemplar. „Ich war ziemlich kopflos beim Packen", sagte sie zu Felix. „Ich hab meinen halben Medizinschrank eingepackt, aber kaum Klamotten. Und noch nicht mal ne Zahnbürste, glaube ich." Sie schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. „Spontan verreisen war ja eh nie mein Ding, aber das heute war echt... extrem."

„Na, is doch nich schlimm", beruhigte Felix sie. „Kriegste doch fast allet von mir. Und sonst gehen wir morgen kurz shoppen. Zahnbürsten gibt's im Badezimmer, weißt du sicher noch. Und ein Schlafshirt such ick dir raus."

Marie sah, wie er zur Schlafzimmertür lief, sie öffnete und im dem Raum verschwand. Sie hörte ihn gedämpft weiter reden, offenbar jetzt am Kleiderschrank. Zögernd folgte sie ihm und hörte ihren Herzschlag überdeutlich, als sie in der Tür stand.

„...dit geht och. Oder was meinst du?" Felix hatte einige gefaltete Shirts in der Hand und drehte sich zu Marie um, die ihn starr fixierte, um nicht auf das Bett schauen zu müssen.

„Ist mir egal. Gib einfach irgendwas Altes, was groß genug ist. Alles um meinen Bauch leiert gerade eh aus." Sie machte wieder zwei Schritte zurück, wandte sich um.

Felix kam zu ihr. „Fehlt dir sonst noch was?"

„Mein Verstand", nuschelte Marie.

„Was?"

Sie sah ihn an. „Ich wollte nie hierher zurück, hab ich dir ja gesagt. Jetzt bin ich hier. Aber... boah, das Schlafzimmer? Weiß nicht, vielleicht übernachte ich lieber in der Ferienwohnung. Ich weiß, das ist Blödsinn, aber... ich hatte genug Alpträume jetzt."

Felix stieß die Luft aus. „Okay, ja. Kann ja jetzt schlecht... allet rausreißen hier, ja?"

„Weiß ich doch. Aber... ey, die Vorstellung, dass du in dem Bett..."

„Hab ick nich. Nich seitdem wir zusammen waren. Und... ja, ich weiß, an dem Abend, aber da... ist ja dann doch nichts passiert. Ich will das jetzt nicht kleinreden so aber... nee, hier is nüscht passiert. Glaub nich, dass du wissen willst, wo stattdessen, aber... also dit Bett müssen wa jedenfalls nicht verbrennen, ja?"

Marie sah ihn an, atmete durch, lachte dann traurig und schüttelte den Kopf. „Gott! Ich war schon vorher bekloppt. Und jetzt... Nein. Das geht echt nicht." Sie ging mit festen Schritten an Felix vorbei, ließ ihn einfach stehen und stürmte regelrecht ins Schlafzimmer, setzte sich aufs Bett und zwang sich zur Tür zu schauen. Felix kam, blieb im Türrahmen stehen. Kurz legte sich ein Bild aus ihrer Erinnerung darüber: das Licht, das anging, Felix, der die andere Frau vor sich herschob. Sie schüttelte das Bild ab. „Siehst du manchmal andere Frauen vor dir, wenn wir miteinander schlafen? Denkst... denkst du an andere Frauen dann?"

Er kam zu ihr, lächelte und lachte dann, als hätte sie etwas wahnsinnig Absurdes gesagt. „Nein. Warum sollte ich? Ohne dich jetzt wieder triggern zu wollen, aber wenn, dann war es andersrum. Ich hab an dich gedacht. Schlechtes Gewissen, klar. Und... weil ich ja doch nur dich wollte. Und zu dämlich war, daraus direkt Konsequenzen zu ziehen. Ich war so dumm, ja?"

Marie nickte. „Ich schätze, dumm waren oder... sind wir beide ab und an. Ist wohl so. Menschlich." Sie streckte die Hand nach ihm aus und er ergriff sie und setzte sich neben sie. „Ich seh die Frauen nicht, wenn wir Sex haben. Aber sonst schon mal. Aber ich versuche, sie zu vertreiben, ja?"

„Das ist gut, ja. Wir vertreiben sie beide."

„Mhm."

Felix rückte näher, schlang einen Arm um sie und legte dann beide Hände auf Maries Bauch, fast so, als wollte er beten. „Dass ich das hier fast verpasst hätte..." Vorsichtig legte er sein Kinn auf Maries Schulter ab.

Quite Suddenly (Felix Lobrecht FF)Where stories live. Discover now