Kapitel 43

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Kapitel 43

Marie parkte den Mercedes vorsichtig zwischen ihrem und Tommis Auto. Der Schreck von vorhin saß ihr doch noch in den Knochen. Sie war sehr aufmerksam gefahren auf dem Rest der Strecke. Aber jetzt war alles gut. Sie schnallte sich los und öffnete die Fahrertür, blieb jedoch sitzen. Sie hatte an Philipp denken müssen. Auch an ihren eigenen Unfall, aber hauptsächlich an Philipp. Wie immer, wenn ein Unfall irgendwie Thema war. Oder wenn sie sich bewusst wurde, dass Autofahren eben manchmal Gefahren barg. Du wirst Onkel. Dieser Gedanke schoss ihr durch den Kopf. Er würde Onkel werden, ja. Sie sollte mal wieder zum Friedhof und es ihm mitteilen. Natürlich war das albern, aber sie hatte früher öfter mit ihm geredet, an seinem Grab. Es war schade, dass ihr Kind Philipp nie kennenlernen würde. Er wäre sicher ein guter Onkel gewesen. Aber das Kleine würde noch einen anderen Onkel haben. Julian. Und überhaupt eine gar nicht mal so kleine Familie drumherum. Das war doch gut.

Sie stieg aus und zögerte. Aber dann hörte sie Stimmen. Bevor sie losgefahren war, hatten die beiden alles draußen aufgebaut, auch wenn sie nicht sicher gewesen waren, ob es so klug war, in der Natur aufzunehmen. Offenbar hatte es aber doch funktioniert. Sie ging wieder hinüber in den Garten. Da saßen die beiden und lachten gerade so heftig, dass es bei Felix beinahe so aussah, als kämen da Tränen.

„...mit beeden Beenen, Tommi! Mit beeden... Beenen!" Er bekam sich nicht mehr ein, krümmte sich vor dem Mikro zusammen und lachte hoch und albern.

Auch Tommi lachte, wenn gerade auch eher dezent. Offenbar versuchte er, sich wieder zu beruhigen. Vielleicht waren die beiden in einer Art sich gegenseitig anfeuerndem Lach-Ping-Pong gefangen. „Das... das waren jetzt fünf schnelle Fragen und... ich würde sagen, das war die Unfreiwillig-komisch-Edition."

„Ja, dit war echt..." Felix wischte sich über die Augen. „Aber is doch perfekt. Da entlassen wir die Hackis doch mit nem juten Gefühl und dem einen oder anderen Lacher in die Sommerpause."

„Verdiente Sommerpause, möchte ich betonen."

„Ja, nee, is klar. Weil wa ja ach so viel Stress haben mit dem Gelaber hier." Felix lachte erneut, schaute auf und entdeckte Marie. Er grinste, winkte ihr zu, deutete auf einen der freien Stühle am Ende des Tisches.

Marie lächelte und schüttelte den Kopf, formte mit ihren Lippen stumm ein „Bis gleich!" und trat den Rückzug an. Sie schüttelte noch immer den Kopf, als sie das Haus betrat. Und sie lächelte weiterhin. Felix' Lachen war ansteckend. Und mit Tommi zusammen, das war wirklich eine unschlagbare Kombination.

Oben angekommen schaute sie auf ihre Uhr. Kaffeezeit. Perfekt. Sie stellte ein Tablett zusammen und lagerte den Kuchen auf eine runde Platte. Keine Tortenspitze, wie es sie immer bei Oma Christa gab. So ganz die perfekte Hausfrau war sie noch nicht. Sie öffnete das Fenster beim Esstisch und schaute hinunter in den Garten. Gerade war nichts zu hören, aber es sah so aus, als würden Tommi und Felix bereits das Equipment zusammenpacken. Sie schloss das Fenster wieder und nahm das Tablett mit dem Geschirr, um es nach unten zu transportieren.

„Hey! Na? Sommerpause eingeläutet?", fragte sie, als sie ihr Gut auf dem Gartentisch abstellte.

„Yo." Felix grinste. „Jetzt kann Tommi ganz stressfrei Dienstag in den Urlaub starten. Der wievielte ist das eigentlich dieses Jahr?"

„Du weißt ganz genau: Mit Mathefragen kriegst du mich." Tommi lachte. „Aber ich kann dir sagen, dass meine Urlaube in einem warmen Orange auf meiner Jahreszeitenuhr angeordnet sind."

„Hä?", machte Marie, die keine Ahnung hatte, was Tommi meinte.

„Der hat da so ne psychische Störung", klärte Felix sie auf. „Synästhesie. Sieht Farben, wenn man sie eigentlich nicht sehen sollte und so'n Scheiß. Eigentlich will er sich aber nur interessant machen damit."

Quite Suddenly (Felix Lobrecht FF)Where stories live. Discover now