Kapitel 19

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Kapitel 19

Marie stellte die Waschmaschine an und wartete darauf, dass diese startete, ehe sie in den Flur zurückging. Sie schaute auf die Uhr. Es war bereits spät. Aber sie würde es nachher wohl noch schaffen, die Wäsche aufzuhängen. Es war viel zu viel gewesen. Hosen hauptsächlich. Aber das Einkaufen war ihr auch nicht ganz so schwer gefallen wie sonst. Es hatte ja sein müssen. Ihr Bauch wuchs. Langsam zwar, aber er wuchs, das konnte sie nicht mehr ignorieren, und wenn sie schon mal in Bonn war, sollte es sich auch lohnen. Sie war schon am Tag vorher angereist und hatte bei Vivi und Nils übernachtet. Das war eigentlich der beste Part gewesen. Obwohl sie wieder in der Nähe ihrer Familie wohnte, war sie doch viel alleine in letzter Zeit. Klar, ab und an fuhr sie zu ihrer Mutter und den Großeltern oder besuchte Renés kleine Familie oder Flo und Denise. Aber sie hielt die Besuche in der Regel kurz. Vielleicht weil sie ihr zu sehr verdeutlichten, was sie nie haben würde. Einen Partner. Eine Familie. Nun ja, eine Familie würde sie haben. Sie und der Keks. Und ab und an Felix. Das war doch etwas. Bei Vivi und Nils hatte sie sich wohlgefühlt, obwohl beide gerade in einer so ähnlichen Lebensphase waren wie sie selbst. Die beiden hatten so eine lockere Art miteinander umzugehen und auch mit Marie. Das hatte ihr gutgetan.

Es klingelte. Eine melodische Klangfolge, nicht zu laut. Einen Moment war Marie dennoch überrascht, aber dann ahnte sie, dass es Felix sein musste. Sie schaute zum Fenster im Flur hinaus und entdeckte den weißen Mercedes, ehe sie den Summer drückte und die Wohnungstür gleich öffnete. Sie hörte die Schritte. Felix. Und alles in ihr zog sich zusammen und ihr kamen die Tränen. Schon wieder. Nein! Sie schluckte, einmal, zweimal. Und dann war er da, stand vor ihr mit der riesigen Sporttasche und einer großen Papiertüte. „Hey!" Er lächelte. Er lächelte so schön.

„Hallo." Marie zwang ihre Mundwinkel nach oben, während sie ihn nur kurz ansah, bevor sie blinzelte. „Da bist du ja schon."

„Da bin ich schon, ja."

„Komm rein."

Marie ging ins Wohnzimmer und ließ Felix alleine im Flur zurück. Sie konnte das jetzt nicht. Sie öffnete die Balkontür und atmete durch, hörte währenddessen Geräusche aus dem Flur, die Badezimmertür und wenig später dann die Tür zum Gästezimmer. Er kannte sich inzwischen gut aus, hatte Routine. Wie absurd, das alles. Das war nicht normal, oder? Dass der Exfreund regelmäßig in der Wohnung übernachtete.

„Wie geht's dir?"

Marie drehte sich um, musste erneut schlucken, als sie ihn sah, wie er da stand, neben dem Sofa. Er sah gut aus. Wie immer. Selbst als er etwas aus der Form gewesen war, selbst als er tiefe Augenringe gehabt hatte, selbst als er erkältet und verschnupft und leichenblass gewesen war – er hatte immer gut ausgesehen, war immer ein Anblick gewesen, bei dem sie hatte lächeln müssen. Nein, es war nicht sein gutes Aussehen, das ihr gute Gefühle brachte, wann immer sie ihn sah. Sie mochte es einfach, ihn zu sehen. Einfach weil sie ihn... liebte.

„Hey! Was ist denn?" Er kam näher zu ihr.

Marie merkte, dass ihr Tränen über die Wangen liefen, wischte sie weg und schniefte. „Keine Sorge, nur das Übliche." Felix kam noch näher, wollte sie umarmen. Aber Marie machte einen Schritt zurück, verschränkte die Arme und wandte sich ab. „Schon gut. Ignorier das einfach. Das sind keine Augen, das sind Wasserhähne ohne Ventile. Wie war die Fahrt?", fragte sie und schaute ihn nur kurz an.

„Okay. War... alles frei soweit und...was ist denn?"

Reiß dich zusammen, Marie! „Nichts, also, geht schon." Sie lächelte. „War etwas stressig heute. Shoppen und so. War in Bonn. All diese niedlichen Babysachen da. Und äh... ja, mir geht's aber gut. Und dem Kleinen auch. Nur müde und... etwas erschöpft."

Quite Suddenly (Felix Lobrecht FF)Where stories live. Discover now