95. nicht die selbe Seite

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Favio

Er würde hier wohnen?

Zitternd griff ich nach Bels Arm und wich noch etwas hinter seinen schützenden Körper. Er war so viel angesehener als ich. Niemand würde mir glauben, wenn ich sagen würde, dass von ihm Gefahr ausging. Dass er spionierte.

„Oder zieht es dich aus einem anderen Grund zu Fa?", fragte Belial und legte den Kopf schief. „Ihr habt beide eine recht enge Bindung zu Kenneth. Wolltet ihr ihn besuchen?", führte er weiter. „Besuchen?", echote Victor und verzog verwirrt die Augenbrauen.

Wusste er nicht, dass Kenneth nicht mehr im Bunker war? Aber wieso drohte er mir?

„Besuchen.", bestätigte Belial und zog einen Hebel neben sich herunter.

Geblendet durch das Licht aus dem Nebenraum kniff ich die Augen zusammen und versuchte zu erkennen was sind in dem Raum befand.

Erschrocken rang ich nach Luft als ich erneut die riesigen Schwingen entdeckte. Glänzend schwarz, durchtränkt mit Blut. Seine Federn verklebt von der roten Flüssigkeit. Gestreckt hingen sie von der Decke, aufgehängt an den Ketten, die sie ihm auf dem Hof angelegt hatten. Welche leise Klirrten als er eines seiner Knie auf denen er saß entlastete. Seine Hände waren vor ihm an den Boden gekettet und verhinderten so, dass er aufstehen konnte. Jedoch verhinderten die aufgehängten Flügel ebenso, dass er sich gänzlich hinsetzten konnte.

Langsam glitt mein Blick in sein Gesicht. Er hatte den Kopf gesenkt. Dennoch erkannte ich die spröden Lippen und die Tränenspuren auf seinen Wangen. Sein Kiefer war fest geschlossen und die Muskeln traten leicht hervor. Die Augen hatte er geschlossen. Wer wusste wie lange er dort in der Dunkelheit hatte verbringen müssen.

„Ihr habt ihn?", hörte ich Victor sagen und auch wenn er sich alle mühe gab seine Stimme erfreut klingen zu lassen. Ich hörte den tiefen Schmerz.

„Favio brachte ihn vor ein paar Wochen.", erwiderte Belial und sofort spürte ich den Blick des Älteren auf mir. Ich wusste, dass Kenneth ihm nie von uns erzählt hat. Aber dennoch musste es für ihn nach eiskaltem Verrat aussehen. Kenneth hatte mir vertraut und ich hatte ihm das hier angetan.

Wieder fiel mein Blick auf die riesigen Schwingen und erneut durch strömte mich die Angst. Er hatte damit mehrere Wölfe abgewehrt, Männer nieder geschlagen. Ich hatte nur Glück gehabt. Was hätte er mit mir getan, wenn ich ihn nicht überwältigt bekommen hätte? Wieso hatte ich ein schlechtes Gewissen? Er hatte mich doch manipuliert. Er hatte doch dafür gesorgt, dass ich fast mein Leben verloren hätte. Wie der Teufel war in meine Gedanken eingedrungen.

Langsam griff ich nach dem zarten Kreuz um meinen Hals. „Glaubst du an Schutzengel?", hörte ich ihn erneut fragen. „Du musstest dich so lange verstellen. Ich mag es einfach, wenn Menschen aus ihrer schädlichen, manipulierenden Umgebung kommen und ihre wahre Person zeigen.", schallte es in meinem Kopf wieder.

„Favio?, alles klar bei dir?", hörte ich Belial fragen. Langsam nickte ich und wendete den Blick von den riesigen Schwingen ab. Jedoch sah ich so direkt in Victors Augen. Hass, noch mehr Hass als zuvor. Schmerz, als hätte ich jemanden seiner Familie getötet. Dabei war Kenneth nur sein Stiefsohn und selbst das... Er war nicht von dieser Erde. Niemand konnte sein Erzeuger sein.

Zitternd griff ich fester um das Kreuz und sah auf zu Belial. „Ich werde in mein Zimmer gehen.", murmelte ich heiser und wand mich zum Gehen. Blut schlug mir immer noch aufs Gemüht. Egal was er getan hatte. Solche Schmerzen hatte niemand verdient. Dazu wusste ich, dass er ein starkes Freiheitsbedürfnis hatte. Dieser dunkle und für ihn doch recht kleine Raum würde ihn krank machen. Aber was dachte ich da schon wieder. Er sollte mir egal sein. Er war eine verdammte Kreatur der Hölle. Wie Vampire auch.

Mit schnellen Schritten lief ich zum Aufzug und drückte abwesend auf eine der Tasten. Seitdem ich denken konnte wohnten wir in diesem Komplex, weswegen solche Dinge langsam zur Routine wurden.

Mein Blick wanderte in den Spiegel im Aufzug. Meine Erscheinung war noch immer kein Vergnügen. Meine Haare hätten glanzloser nicht sein können. Strähnig und jeden Morgen warf ich gefühlt die Hälfte von ihnen weg. Meine Augen schienen wässrig und unklar. Dazu die eingefallenen Wangen, die sie noch größer erschienen ließen. Dann der magere Hals, mit meinem schmerzenden Kehlkopf. Seufzend wand ich mich ab und ließ mich auf den Boden sinken und beobachtete wie die Tür sich schloss.

Doch kurz bevor sie das tun konnte stellte sich ein Fuß in die Öffnung und sie öffnete sich erneut um Victor hinein zu lassen. Ängstlich zog ich meine Beine an die Brust und zerrte meine Kapuze über meinen Kopf.

Die Tür schloss sich und ich hörte wie auch Victor auf einen Knopf drückte.

„Wieso wurdest du verstrahlt?", hörte ich ihn dunkel fragen. Mein Atem verschnellerte sich und ich machte mich in meiner Ecke noch kleiner. Ich wollte nicht reden. Nicht mit ihm. Ich wusste nicht wo er wirklich stand. Vielleicht hatte er es nur für Kenneth getan und würde mich für meine Taten ebenso verurteilen wie alle anderen.

Ein lauter Knall ließ mich nach Luft schnappen. Mit einem Ruck kam der Fahrstuhl zum Stehen und mit einem Blick nach oben erkannte ich, dass es Victors Schuld gewesen war. „Antworte.", knurrte er und ging vor mir in die Hocke. Zitternd drückte ich mich fester an die Wand und stammelte leise: „Sie wollten meinen Kopf hochjagen." Jedes Wort war wie eine Rasierklinge in meiner Kehle. Wie eben diese, die er noch vor kurzem in der Hand hatte. „Sie haben dich gezwungen.", stellte er fest und setzte sich auf seine Fersen zurück. „Du hast nur versucht zu überleben, oder?", fragte er etwas sanfter und legte den Kopf zur Seite. „Favio, wieso hast du nicht mit mir gesprochen? Wir hätten einen Weg gefunden.", sagte er und legte eine Hand auf meinen Oberarm. „Einen Weg? Was zu tun? Deinen Stiefsohn zu töten? Mit sowas soll ich zu dir kommen?", fragte ich und schüttelte seine Hand ab. Langsam erhob ich mich und gab den Fahrstuhl wieder frei. „Du bist der einzige Maulwurf hier. Auch wenn meine Methoden mich so wirken lassen. Ich habe nur versucht das Vampirnest zu finden.", knurrte ich und verließ auf meiner Etage den Aufzug. Das letzte was ich sah war sein entsetztes Gesicht. 

Vamp Zone 《4》Where stories live. Discover now