93. Opfer

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Shota

Erics Züge entspannten sich mit jeder meiner Bewegungen mehr. Jedes Streichen über seine Haare oder seine Schultern ließ eine Falte verschwinden und ich sah wie sein Körper langsam in sich zusammen sackte. Sanft strich ich ein letztes Mal über seine Schläfe bevor ich mich aufrichtete und die Akten auf seinem Tisch zusammen räumte. Genauso wie die, die über den ganzen Boden verteilt lag. Mittlerweile waren es die Akten der Jungen zwischen sechs und acht. Ich konnte mich gut daran erinnern wie ich in dem riesigen Raum gesessen hatte. Metallschränke umgaben mich. Ich auf dem Boden und um mich herum Akten. Bei jeder hatte ich gebetet, dass ihre Namen nicht auf ihnen standen. Ich erinnerte mich an den Schreck als ich erst Jons Akte fand und dann Risas. Nur deswegen hatte ich mich in die Labore versetzen lassen. Ansonsten hätte ich nie darüber nachgedacht direkt bei den Vampiren zu arbeiten.

Seufzend legte ich die Akten in ihre Kisten zurück und stellte sie an ihren Platz. Es war ziemlich unwahrscheinlich das er seinen Sohn finden würde. Die meisten Kinder wurden getötet. Sie waren nicht zu kontrollieren und das Verwandlungen gefährlich waren hatten sie auch früh festgestellt. Das Kinderlabor war deswegen eine absolute Ausnahme.

Aber vielleicht konnte Victor mehr finden. Victor.

Schuldbewusst biss ich mir auf die Unterlippe und lehnte mich gegen das Regal. Ich hatte erneut als Aufsichtsperson versagt. Aber wer konnte denn auch ahnen, dass ein erwachsener Mann einfach so verschwand?

Mit einem letzten Blick auf Eric stieß ich mich von dem Regal ab und verließ sein Labor. Ich wusste, dass er es hasste diese Schwäche vor mir zu zeigen. Deswegen gab ich ihm lieber den Raum. Zudem wollte ich ihn nicht beim Schlafen beobachten.

Leise huschte ich über die Gänge bis ich am Medienraum ankam. Die Nachrichten liefen hier auf Dauerschleife. Anfang saßen hier noch einige Personen. In der Hoffnung nicht die Namen ihre Verwandten und Freunde zu hören. Doch jetzt war es relativ leer.

Nur Lev saß in einer Ecke und sah gelangweilt auf den Bildschirm.

Als er mich hörte setzte er sich etwas aufrechter hin, sagte sonst aber nichts. Erst als wir schon eine Weile da saßen und die Statisken auf uns wirken ließen murmelte er: „Sie haben auch Menschen auf dem Kiecker. Meinst du sie töten sie ebenso?" Ich zuckte mit den Schultern und erwiderte: „Einige ja. Wenn sie eine Bedrohung sind. Menschen mit Bissnarben, die für die Vampire stehen sind ein Beweis gegen ihre Meinung." Entsetzt drehte er sich zu mir herum und fragte: „Warum lasst ihr mich dann überhaupt hier raus?" Verwundert musterte ich ihn. Ja ich wusste, dass er Narben trug aber nur die paar an seinem Hals waren sichtbar. „Niemand hat dir gesagt, dass du gehen sollst.", sagte ich und fügte leise hinzu: „Jeder trägt sein Risiko selber." Lev ließ sich wieder zurück in den Stuhl fallen und murrte: „Sie haben mich bedroht weil ich Sanjis Nachbar war. Wie viele Menschen müssen wegen sowas umkommen?" Ich zuckte mit den Schultern und wollte grade zu einer Antwort ansetzten als der Nachrichtensprecher meinen Namen sagte.

Wir beide hoben unseren Blick auf den Bildschirm.

„Es gibt neue Erkenntnisse über den Verbleib des Vampirforschers. Shinji Yoru hat sich lang genug vor unseren Augen und auch vor den seinesgleichen verstecken können. Doch durch Berichte eines Opfers wissen wir, dass Shinji Yoru all die Zeit direkt vor unser Nase stand. Seit Jahren arbeitete er in der Vampirismus Forschung unter dem Decknamen Shota."

Lev sah besorgt zu mir und fragte leise: „Opfer? Welches Opfer?" „Favio.", erwiderte ich.

Belial

Sanft strich ich durch seine hellen Locken und musterte die im Kontrast dazu relativ dunklen Wimpern. Die runde Nase und diese pinken Lippen. Unruhig drehte er sich im Schlaf und griff Halt suchend in mein Hemd. Nur um sich dann an meine Brust zu schmiegen. Ich hatte die Panik gesehen, die in seinen Augen stand als wir von Shota sprachen. Wieso? Es würde sein Leben retten nützlich zu sein. Ohne diese Hinweise hätten sie jeden Grund ihn zu töten. Seicht strich ich über seine Ohrmuschel zu der Verhärtung in seinem Ohrläppchen. Er trug sie schon lange nicht mehr. Seit sein Vater ihn dafür als Schwuchtel beschimpft hatte. Da hatte ich ihm die anderen gestochen. Ich wollte dass er etwas von mir trug, genau wie ich seine Tattoos trage. Auch wenn ich es nie laut sagen würde aber er gehörte zu mir. Nur ich durfte ihn berühren. Ihm wehtun.

Favio holte im Schlaf tief Luft bevor ein heiseres Wimmern über seine Lippen kam. Sein Brustkorb hob und senkte sich deutlicher. Wie in der Nacht als ich verstanden habe was seine Anwesenheit mit mir tat. Als ich ihn das erste Mal gefühlt habe.

Vorsichtig ließ ich meine Hand unter sein Shirt wandern und strich über seine weiche Bauchdecke. Leise beugte ich mich vor und küsste seine Stirn, ließ den Geruch seiner Haare auf mich wirken. Fa entkam erneut ein leises Winseln. Diesmal hörte ich jedoch deutlicher die Erregung in seiner Stimme.

Genau wegen solchen spontanen Situationen hatte ich es mir angewöhnt die Tür abzuschließen wenn wir bei einander waren. Wüsste jemand von uns dann würde nicht nur er sterben. Auch wenn unsere Zwischenfälle in den Abstellkammern akzeptiert wurden. Doch nur weil es dort keine Kameras gab und es nicht nach gewiesen werden konnte was wir dort taten.

Lächelnd beugte ich mich zu seinem Ohr hinab und keuchte leise in der Hoffnung es würde ihn etwas anstacheln.

Eigentlich wollte ich ihn heilen lassen. Aber wenn er sich schon jetzt so vor mir benahm konnte er nicht mit Gnade rechnen.

Leise hörte ich ihn einen Namen hauchen. Doch als ich verstand welcher es war konnte ich gar nicht so schnell denken wie ich ihm ins Gesicht schlug. Sofort war er hell wach und hielt sich mit erschrockendem Gesicht die Wange. „Bel.", wimmerte er entsetzt und setzte sich umständlich auf. „Was soll das?", kam es grollend über meine Lippen. Verwirrt zog er die Augenbrauen zusammen und sah mich mit seinen großen Welpen Augen an. „Du hast mit ihm geschlafen.", beschuldigte ich ihn und schien damit voll und ganz ins Schwarze zu treffen. Denn seine Augen weiteten sich schockiert und er wich ängstlich zurück. „War es auch um sein Vertrauen zu gewinnen?", fragte ich dunkel und griff nach seinem Hals. „Bel.", wimmerte er bettelnd und um schloss meinen Unterarm mit seinen Händen. „Ich wusste es nicht.", keuchte er und rang heiser nach Luft. „Das er ein Verräter ist?", rief ich zornig und drückte etwas fester zu. Sofort traten Tränen in seine Augen. „Belial, es tut mir leid. Er hat mich getäuscht. Ich wusste nicht wozu er fähig ist.", presste er hervor und rang weiter verzweifelt nach Luft. „Du behauptest er hätte dich gezwungen? So klingt das aber nicht.", erwiderte ich gefährlich leise. Seine Tränen liefen jetzt über seine Wangen auf meine Hand und tropften von dort auf sein Shirt. „Manipuliert.", korrigierte er wimmernd.

Wütend stieß ich ihn am Hals zurück und stand vom Bett auf. Nach Luft ringend sackte er zur Seite und hielt sich den Hals. „Dass du überhaupt mit anderen deinen Körper teilst.", knurrte ich und trat neben ihn ans Bett. „Ich werde es nie wieder tun.", sagte er rau und tastet neben sich nach der Wasserflasche. Doch ich nahm sie vom Nachtisch und shcraubte sie auf. Grob griff ich nach seinem Kinn und hob es an. Sofort öffnete er freiwillig den Mund und ließ mich ihm das Wasser in den Mund kippen. Hecktisch schluckte er und ich hörte erst auf zu gießen als ihm die ersten Ströme über die Wangen flossen.
„Wieso tue ich das?", fragte ich dunkel und beobachtet wie er unter Schmerzen versuchte das viele Wasser in seinem Mund zu schlucken. „Damit ich weiß wo ich hingehöre. Ich habe keine Entscheidungen zutreffen.", hauchte er als er es schaffte.

Sanft legte ich eine Hand in seine Locken und strich hindurch. „So ist gut.", hauchte ich bevor ich seinen Kopf in den Nacken zwang um ihn zu küssen.  

Vamp Zone 《4》Where stories live. Discover now