13. Biss

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Nael

Wie lange ich jetzt hier so reglos lag, nachdem ich mitbekommen hatte, dass Moe mich in sein Bett gelegt hatte, wusste ich nicht. Ich sagte mir nur immer wieder, dass ich ihm keinen Grund geben wollte mich anzusprechen. Doch vor ein paar Stunden war Ranga hier gewesen und Moes Worte kreisten jetzt in meinem Kopf umher. Seitdem hörte ich ihn leise in der Dunkelheit wimmern. Es war wirklich herzzerreißend. Und das meinte ich ernst. Ich hatte noch nie an seine Sichtweise gedacht. Nie darüber nachgedacht, dass es auch für ihn schwer war. Aber ließ mich das eine schlechte Person sein? Ich meine, er hätte doch dennoch mit mir kommunizieren können.

Wie ferngesteuert richtete ich mich auf und atmete tief durch. Sofort verstummte das Wimmern und nach einer kurzen Pause hörte ich ihn meinen Namen sagen.

Wortlos schwang ich die Beine aus dem Bett und ging zur Tür. Dort drehte ich das Licht auf und sah auf das Häufchen Elend. Moe hatte sich den Ärmel seines Oberteils vor den Mund und die Nase gepresst. Seine Augen waren rot und schon hier hörte ich seinen schweren Atem.

War es immer noch meinetwegen? Ich war doch hier. Warum ging es ihm nicht besser?

Unsicher trat ich auf ihn zu. Sofort richtete er sich weiter auf und hob seine freie Hand abwehrend. „Bleib da.", hörte ich ihn sagen, als ich dennoch zwei weitere Schritte zu ihm machte. „Dir geht es nicht gut.", sagte ich und überbrückte den letzten Abstand. „Nael, ich will dir nicht weh tun.", winselte er und ich sah wie er die Luft anhielt. „Du wirst mir nichts tun.", sagte ich. Doch es klang mehr als müsse ich es mir selber einreden. „Bitte.", hauchte er leise. Es klang jedoch nicht wie das Flehen, welches er Ran nachgeworfen hatte. Viel mehr klang es verlangend.

Zitternd hob ich eine Hand und legte sie an seine Wange. Er brauchte meine Nähe, damit es ihm besser ging. Ich konnte nicht die nächsten Tage dort liegen und dabei zu sehen, wie er litt, obwohl ich wusste, was ihm half. Klar, wollte ich das er litt, sonst hätte ich es nicht getan. Aber ich konnte es mir nicht mit ansehen. Er war doch derjenige gewesen, der mir aus diesem einsamen Loch geholfen hatte, nachdem Atayo mich so von sich gestoßen hatte.

„Nael, bitte. Ich kann bald nicht mehr.", keuchte er und ich sah, wie sich langsam jeder Muskel in seinen Armen und seiner Brust anspannte. „Ich muss die Verantwortung tragen. Ich kann nicht mit ansehen, wenn es dir so geht.", erwiderte ich und dann kamen zwei Wörter aus meinem Mund, die selbst mich erschreckten. „Tu es."

Schneller als ich schauen konnte, packte Moe mich an der Hüfte und richtete sich in derselben Bewegung auf. In einer irren Geschwindigkeit waren wir zurück beim Bett und er pinnte mich in die Matratze. „Moe.", keuchte ich leise und starrte ihn aus großen Augen an. „Es tut mir leid. Ich kann nicht mehr. Nael ... verzeih mir.", winselte er nach Luft ringend und kurz darauf vergrub er sein Gesicht in meiner Halsbeuge und seine Zähne in meinem Fleisch.

Ein stummer Schrei verließ meine Lippen und ich fühlte, wie sich mein ganzer Körper vor Angst anspannte. Das hier war nicht der Moe vom Dach, dessen Bisse liebevoll und zurückhaltend waren. Das hier war der Moe, der Sanji psychisch fertig gemacht und ihn vergewaltigt hatte.

Doch es war zu spät. Seine Zähne rammten sich tiefer in mein Fleisch und diesmal entfloh mir ein Schmerzenslaut. Zeitgleich fingen meine Augen an zu tränen und ich begriff, was hier grade passierte. „Nicht.", kam es gehaucht über meine Lippen. Aber selbst, wenn er jetzt noch von mir ablassen könnte. Es wäre zu spät.

Durch das Gewicht auf meinen Handgelenken konnte ich meine Hände nicht öffnen, geschweige denn sie bewegen, um mich zu wehren. Also schloss ich mit zittrigem Atem meine Augen und konzentrierte mich auf das Gefühl der Tränen, die an meinen Schläfen hinunterflossen.

Ein tiefes Grollen klang aus Moe Brust, als ich doch leicht den Versuch wagte, meine Hand unter seiner wegzuziehen. Dann verschränkte er unsere Finger und presste sie wieder zurück in die Matratze.

„Moe!", war das Nächste, was ich wahrnahm. Eine entsetzte Stimme und dann ein Klirren von zerbrochenem Glas. Jedoch reagierte Moe darauf nicht. Ich hörte, wie schnelle Schritte sich entfernten und dann wieder näherkamen. Jedoch waren es jetzt mehr. Wenig später wurde Moe von mir heruntergerissen. Schmerzerfüllt schrie ich auf und fühlte sofort, wie mein Blut mir in den Nacken floss. Doch kurz darauf nahm ich den Geruch meines Bruders wahr und dann einen unglaublichen Schmerz und ein Brennen an meinem Hals. „Ich flicke das, keine Sorge.", hörte ich seine sanfte Stimme sagen. Nur im Hintergrund nahm ich wahr, wie Atayo fluchte und Moe mit sehr kreativen Schimpfwörtern bedachte. Dann legte sich zwei starke Arme um meinen Körper und ich wurde hochgenommen.

Erst später auf dem Gang wurde mir bewusst, dass es Ran war, an dessen Brust ich mich klammerte. Sein Geruch vermischt mit dem meines Bruders beruhigte mich ungemein. Auch wenn ich die Dominanz wahrnahm, hatte ich doch in den letzten Jahren gelernt, den Unterschied zwischen gebunden und ungebunden zu erkennen und auch mein Körper hatte angefangen sich darauf einzustellen, daher verspürte ich keinen Stress oder Angst in Rangas Anwesenheit. Manchmal hatte ich mir eingebildet, dass er Sanjis Wirkung übernommen hatte. Jedoch konnte das nicht sein.

Mein Körper wurde auf einer harten Liege abgelegt. Nicht eine aus der Leichenhalle, in der Victor arbeitete, sondern ein Behandlungsraum von Eric. Ich fühlte Sanjis Hände an meinem Hals und das stetige Pochen der Bisswunde. „Das wird weh tun.", hörte ich meinen Bruder sagen. Aber ich konnte darauf nicht reagieren. Stattdessen kommentierte ich das schmerzhafte Ziehen durch das Entfernen des Stoffes mit einem jämmerlichen Winseln.

„Was hat er sich dabei gedacht?", hörte ich meinen Bruder zischen. Offensichtlich an seinen Partner gerichtet. „Sanji, es war nicht seine Absicht. Ich hätte seiner Bitte nachkommen müssen. Ich habe es dir doch erzählt.", hörte ich Ran erwidern. „Wenn dieses Band hält. Ich schwöre dir, dann bringe ich ihn eigenhändig um.", knurrte Sanji.

Und ich lag da und wusste nicht, ob ich ihm oder Ran zustimmen sollte. Ich hatte gehört, dass Moe Ran angefleht hatte, ihn in irgendeiner Weise von mir fernzuhalten. Auch hatte er mich gewarnt, dass ich ihm nicht zu nah kommen sollte. Ich war jedoch nicht davon ausgegangen, dass das die Konsequenz sei. Mein Gedanke war mehr, dass er vielleicht meine Nähe und den Kontakt brauchte, um sich besser zu fühlen. Dass er mich wahrnehmen musste, mit mehr als nur einem Sinn. Doch das schien nicht das Ding gewesen zu sein.

„Nael, bleib wach. Ich weiß nicht, wie viel Blut du verloren hast.", hörte ich Sanji aus der Ferne sagen. „Nael, sprich mit mir.", verlangte er und ich fühlte ein leichtes Kribbeln auf meinem rechten Oberarm. Offensichtlich seine Hand. Doch die Berührung war mir nicht ganz klar. Dann verlor ich mein Bewusstsein.

Vamp Zone 《4》Where stories live. Discover now