69. Verhandlungen

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Atayo

Sobald Cirah von den Wölfen erfuhr sprang sie aus ihrem Stuhl und stürmte an die Oberfläche. Ich selber folgte ihr während Eric, der dieses Chaos los getreten hatte, mit dem Neuen in der Medizin verschwand.

„Ich dachte wirklich, wir müssten uns zuerst gegen die Jäger verteidigen.", wetterte Cirah während ich ihr durch die Luke half. „Vielleicht müssen wir sie nicht bekämpfen.", erwiderte ich und ließ die Klappe zu schlagen. Dann folgte ich der in Leder gekleideten Frau in den Wald.

„Glaubst du doch selber nicht.", wetterte sie und blieb abrupt stehen. „Spuren.", murmelte sie und starrte auf die Pfoten Abdrücke, welche zu menschlichen Füßen wurden.

Dann lief sie weiter. Immer diesen Spuren hinterher. Bis wir an einer winzigen Lichtung ankamen. Auf dieser waren vielleicht vier, fünf Zelte aufgeschlagen. „Kein besonders großes Rudel.", murmelte Cirah und trat etwas näher. Gab es denn größere?

Sobald die ersten Sonnenstrahlen auf Cirahs dunkle Haut fielen erhoben sich die ersten Personen im Lager. Doch Cirah hob sofort die Hände und blieb stehen. Ich selber blieb in ihrem Schatten.

Ein junger Mann schob sich zwischen den Anwesenden hindurch um auf Cirah zu zugehen. „Vampire.", hörte ich ihn sagen. Doch es war mehr eine Feststellung als alles andere. „Was sucht ihr hier?", fragte er mit seiner dunklen Stimme und legte den Kopf schief. „Einige eurer Leute haben unseren Wachposten angegriffen.", sagte Cirah nüchtern und senkte die Hände. „Wir sind hier um einen friedlichen Weg zu finden hier mit einander auszukommen.", fügte sie hinzu und verschränkte die Arme. „Vanja.", setzte einer der Männer an. Doch ein bedrohliches Grollen brachte ihn zum Schweigen. „Ich werde meine Leute besser im Griff haben. Sie haben einfach Hunger. Aber das ist keine Entschuldigung dafür, dass sie euren Wachposten angriffen.", sagte der Mann und neigte leicht den Kopf. „Wieso seit ihr hier?", fragte Cirah. Der Mann, der offensichtlich Vanja hieß hob seinen Kopf wieder und erwiderte: „In unserem Revier wurde eines der Labore hochgezogen. In einer Vollmondnacht haben sie uns überrascht und die Hälfte meines Rudels ausgelöscht. Wir wollen weiter in den Norden. Wir werden nicht lange hier sein." Cirah sah sich kurz zu mir um, dann sah sie wieder auf Vanja. „Im Norden sieht es nicht anders aus. Dort hat alles angefangen.", informierte sie ihn. „Das wissen wir. Und dennoch gibt es dort ein Rudel, dass überlebt. Schon andere Rudel haben sich diesem angeschlossen. Ich werde meine Leute dort hinbringen.", erklärte er.

Ich verstand nicht viel von Werwölfen. Doch offensichtlich gab es im Norden einen Rudelanführer, der in der Lage war sein Rudel egal wie groß es war gegen die Jäger zu schützen.

„Welches Rudel ist es?", hörte ich mich selber sagen. „Dragan. Er ist jung und nicht bei uns aufgewachsen. Aber dennoch schafft er es sein Rudel zu schützen.", erklärte Vanja.

Cirah drehte sich zu mir herum und legte fragend den Kopf schief. „Es ist Sorin. Er lebt.", informierte ich sie. Ich wusste nicht warum ich vermutet hatte, dass er zu seinem Vater gehen würde. Aber aus seiner Sicht war wahrscheinlich nichts besser. „Der ängstliche Junge, der bei dir war?", fragte sie verstört. Ich nickte schmunzelnd und sah dann wieder zu Vanja. „Ihr kennt ihn?", fragte dieser verwundert. Ich nickte nur und überließ jetzt Cirah wieder das Sprechen.

„Können deine Leute sich benehmen?", fragte sie. Dann räusperte sie sich und fügte hinzu: „Also, wenn sie nicht hungrig sind?" Vanja nickte nachdem er sich einmal zu seinen Leuten umgedreht hatte. „Gut, ihr könnt bei uns unterkommen. Ich hoffe getrocknetes Fleisch ist gut genug.", erwiderte Cirah und drehte dann auf dem Absatz um.

Ich beeilte mich ihr nach zu kommen. Bevor ich sie fragen konnte: „Wie stellst du dir das vor?" Cirah sah kurz hinter sich aber die Wölfe waren noch damit beschäftigt ihre Sachen zusammen zu räumen. „Wenn Sorin über ein solch großes Rudel verfügt brauchen wir ihn. Aber sie werden eher ein gutes Wort für uns einlegen wenn wir gut zu ihnen sind. Und was sind zwanzig weitere hungrige Mägen? Sie brauchen Fleisch, keine Blut oder Gemüse. Fleisch haben wir in Massen. Also, wenn sie zu Sorin gehen bekommen sie ihn vielleicht überredet zu uns zu kommen. Die Jäger sollten noch nichts von den Werwölfen wissen. Sie sind eine gute Waffe.", erklärte sie. Ich hob verwirrt beide Augenbrauen und fragte: „Du willst Sorins Rudel opfern?" „Nicht wenn sie gut genug sind.", erwiderte Cirah und hielt am Rand unserer Lichtung inne. „Du denkst auch, dass ich keine gute Führerin bin.", knurrte sie leise. „Nein, nein. Auf keinen Fall... Wieso auch?", fragte ich verwirrt. „Jon hat schon an mir gezweifelt und ich hatte einen schwachen Moment vor ihm. Habe mir seine Ratschläge angehört.", murrte sie und schüttelte leicht den Kopf. Dann seufzte sie leise und sah sich wieder um. Doch die Wölfe schienen noch zu brauchen.

„Wie gut kennst du ihn?", fragte sie. Ich zuckte mit den Schultern und erwiderte: „Ich hatte Hoffnung mit ihm und Risa die Vampire und Werwölfe etwas näher zubringen. Seine Mutter hat ihn mir liebend gern mitgegeben. Er ist der einzige Nachkomme seines Vaters, weswegen es klar war, dass er das Rudel übernehmen würde. Doch dann habe ich zu mir gefunden. Leider nicht bevor ich ihn gebissen habe." „Gebissen? Für deine Fähigkeit?", fragte sie sofort. Ich nickte leicht. „Sehr gut.", hörte ich sie sagen. „Was ist seine?", fragte sie weiter. „Schmerz. Ähnlich wie bei meiner Mutter. Nur richtet er ihn gegen bestimmte Menschen und benutzt ihn nicht als Schild.", erklärte ich. Cirah nickte verstehend und murmelte dann: „Ein Schild wäre natürlich besser." „Vielleicht könnte er es lernen.", erwiderte ich leise, da ich die ersten Schritte in meinem Nacken hörte.

Valea

Das Heulen einiger der Jungwölfe riss mich aus dem Schlaf. Wie jetzt schon seit ein paar Monaten ließ es mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Meine Kehle wurde trocken und neben dem Schmerz in meiner Haut fingen meine Knochen an zu jucken. Doch diesen Monat würde ich dem nicht nachkommen können. Ich wollte mir die Schmerzen nicht vorstellen, die ich ertragen müsste, wenn meine Wunden bei der Verwandlung wieder aufrissen.

Ich hörte wie meine Haustür aufging. Sicher war es Vanessa. Sie war die letzten Tage oft gekommen und hatte mir beim Essen und trinken geholfen. Einmal sogar beim Waschen. Anfangs war es seltsam zu sehen wie liebevoll sie mit mir umging. Doch mein Herz hatte nicht lange gebraucht um das dankend anzunehmen. Ihre Worte würden mir nie wieder aus dem Kopf gehen und das Gefühl, das ich dabei hatte schon gar nicht.

„Valea.", hörte ich eine weibliche Stimme sagen. Doch es war nicht Vanessa. Wenig später betrat Talvi mein Schlafzimmer. „Habe ich dich geweckt?", fragte sie leise und krabbelte auf meine Matratze. Ich schüttelte leicht den Kopf und beobachtete wie sie sich vor meine Brust legte. Dann nahm sie vorsichtig meinen Arm und legte ihn um ihre Taille.

„Es ist die erste Vollmondnacht, die ich nicht gehen werde. Ich will zumindest nicht alleine sein.", hauchte sie und umschloss meinen Daumen mit ihrer kleinen Hand. „Du solltest gehen.", erwiderte ich leise und legte meine Wange an ihren Hinterkopf. „Nicht ohne dich. Du wirst mich beschützten. Immer.", murmelte sie und schüttelte den Kopf. „Talvi, heute ist es anderes. Dort sind so viele. Niemand wird kommen und dir weh tun. Du bist nicht alleine.", erwiderte ich und schloss die Augen. Ihr Körper war so viel kühler als meiner. Auch wenn sie nicht an die Kälte ihrer Mutter heran kam. Aber auch Sorin hatte diese angenehme Mischung als Körperwärme. Ein Werwolf hatte eine bedeutend höhere Körpertemperatur als ein Mensch, geschweige denn von einem Vampir. „Ich gehe nur mit dir.", murmelte sie und schmiegte sich dichter an meinen Oberkörper.

Wie lange sie wohl nicht mehr gegangen war? Wie lange sie ihren Pelz nicht mehr getragen hatte? Meinetwegen. Und dann noch die Vollmondnacht.

Langsam richtete ich mich auf und ignorierte den Schmerz, der durch meine Haut schoss. Doch es war für sie.

„Komm.", sagte ich mit zusammen gebissenen Zähnen und schob sie aus meinem Bett. „Wo willst du hin?", fragte sie verwirrt. „Wir werden gehen.", erwiderte ich und zog mir das Shirt über den Kopf um meine Verbände zu lösen. Anders würde es nicht gehen. Die Wunden hatten Krusten gebildet und keine war mehr gerötet. Doch das würde sich bald ändern.

„Nein, Valea. Du wirst dich verletzen.", rief sie. Ich zog mir nur das Shirt wieder an und schob sie aus meiner Hütte. „Mir geht es gut.", erwiderte ich und lächelte sie sanft an. 

Vamp Zone 《4》Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt