7. Bettruhe

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Risa

„Was machst du denn hier?", hörte ich Jon sagen als die Tür ins Schloss fiel. „Risa? Bist du krank?", setzte er nach und kam zu mir ans Bett. Gähnend drehte ich mich auf die andere Seite und sah ihn an. „Nein, alles gut.", sagte ich verschlafen und rückte etwas näher zu ihm, um meinen Körper um sein Becken zu legen. Jon schmunzelte und strich sanft durch mein offenes Haar. „Wer ist dann grade bei den Kindern? Nael ist auf dem Dach.", sagte er und ich nahm wahr wie er anfing sich die Stiefel von den Füßen zu streifen. „Das wird für die nächste Zeit nicht mein Problem sein.", schnurrte ich und sah zu ihm auf. Verwundert sah Jon mich an. „Es ist dir doch sonst immer so wichtig.", stellte er fest und fing an sein Hemd aufzuknöpfen. „Sicher, dass du nicht krank bist?", fragte er und legte eine Hand kurz auf meine Stirn, bevor er sich weiter an den Knöpfen zu schaffen machte. „Ich war schon bei Eric.", erwiderte ich und lächelte verschlafen. „Und was sagt er?", fragte Jon und stand auf, um sein Hemd in den Wäschekorb zuwerfen und sich ein frisches aus dem Korb zu nehmen. Kurz blieb ich still. Dann erwiderte ich: „Dass ich für die nächsten sechs Monate Bettruhe habe." Jon hielt in der Bewegung inne und dank seines freien Oberkörpers sah ich, wie seine Atmung einen Moment aussetzte. Nur um sich dann etwas zu verschnellern. „Wieder?", fragte er und ließ ungläubig das Shirt sinken, welches er sich schon halb über den Kopf gezogen hatte. „Risa, verarsch mich nicht.", warnte er mich, mit einem Ansatz eines Lächelns auf den Lippen. „Tue ich nicht.", erwiderte ich und setzte mich auf der Matratze auf. „Weiß Maya ...?", setzte er an und kam zurück zum Bett. Ich schüttelte leicht den Kopf und beobachtete wie Jon sich neben mich setzte und sofort suchte seine Hand meine Bauchdecke. „Risa, das ist eine schreckliche Zeit.", hauchte er leise und lehnte seine Stirn gegen meine Schläfe. „Ich weiß.", erwiderte ich und legte meine Hand auf seine. „Aber wenn du es nicht gewollt hättest, hättest du vorsichtiger sein müssen.", fügte ich lächelnd hinzu und strich über seinen Handrücken. „Nein, versteh mich nicht falsch. Ich wollte doch auch Maya. Ich muss nur immer wieder daran denken, in welcher Gefahr sie ist, wenn wir doch entdeckt werden.", erwiderte er und küsste sanft meine Wange. „Und ich muss daran denken, in welcher Verfassung du noch vor sieben Jahren warst.", fügte er hinzu und legte seinen Arm von hinten um meine Taille. „Es geht mir gut, Jon.", versuchte ich ihn zu beruhigen.

Es hatte sich zwar herausgestellt, dass es nicht nur ein Trauma war, welches mich so getroffen hatte. Die Scans, die sie bei mir gemacht hatten, hatten Schäden an meinem Hirn verursacht. Allerdings nichts, was nicht mit der Zeit heilen würde. Und das tat es. Nur Jon hatte immer noch Sorge, dass etwas alles wieder verschlimmern könnte. Oder jemand. Wie bei Maya. Er hatte Angst gehabt, dass die Anstrengung der Schwangerschaft und der Geburt mein Hirn zu sehr belasten würden. Aber es war alles in Ordnung gewesen. Und es würde wieder alles in Ordnung sein.

Eric

Im Augenwinkel sah ich, wie Shota den Behandlungsraum betrat. Wir waren bei seinem Decknamen geblieben, da wir ihn alle unter diesem wirklich kennengelernt hatten und nur noch Nael wirklich auf ihn angewiesen gewesen war. Zudem hatte Sanji sich geweigert, ihn als seinen Vater zu betrachten. Dennoch hatte Shota immer wieder versucht, den Draht zu ihm zu finden.

Leise füllte er den Medizinschrank mit neuen und gewaschenen Verbänden. Darunter erkannte ich auch vernünftiges Material aus einem der Labore. Victor hatte es sicher besorgt.

„Warte."

Shota fuhr zusammen und hätte fast die Dose in seinen Händen fallen gelassen. „Was ist das?", fragte ich und stand auf. „Schmerzmittel.", erwiderte Shota und hielt es mir hin. „Lass das in dem Korb. Ich bring' das weg.", wies ich ihn an und schaute auf die restlichen Dinge. Offensichtlich hatte Victor einen guten Tag gehabt. Betäubungsmittel, Entzündungshemmer ... Nicht, dass wir das und ähnliches häufig brauchen würden. Aber es war immer gut so etwas zu haben anstatt es zu brauchen, was auch schon vorkam.

„Das alles?", fragte Shota und deutete auf den restlichen Inhalt. Ich nickte und sah dann auf zur Tür, als ich schnelle Schritte hörte. Wenig später wurde die Tür aufgerissen und Nael kam herein. „Was ist los? Bist du gestürzt?", fragte ich besorgt und ging auf ihn zu. Sanft zog ich sein Kinn nach oben und betrachtete seine Unterlippe. „Mensch, lass das. Es geht nicht um mich.", keuchte er außer Atem und stieß meine Hände weg. „Ich hab mich nur aus Versehen gebissen.", fügte er hinzu, als er sah, dass ich immer noch auf seine Lippe sah. „Es gibt mehr der Kinder, die das Essen verweigern, richtig?", fragte er und richtete sich wieder etwas auf, um die Hände in die Seiten zu stemmen. Ja, man sah die Nebenwirkungen von dem Tierblut. Weshalb es manchmal doch nötig war, mit Medikamenten nachzuhelfen.

„Wie Ezra? Nein, nicht gänzlich. Nur Kinder, die es offensichtlich ungern trinken.", erwiderte ich und sah einen Blick zu Shota. Die beiden in einem Raum zu sehen war grade zu einer Seltenheit und man sah es Shota an, dass er alles versuchte, damit Nael ihn nicht sofort bemerkt und wieder flüchtete.

„Nein, sie haben nur Schmerzen. Sie trinken nicht, weil sie Schmerzen dabeihaben. Ihre Kiefer wurden geschlossen.", sagte Nael und schien jetzt ebenfalls Shota entdeckt zu haben. Doch er sah einfach wieder zu mir und führte weiter: „Ezra hat vier metallene Stäbe im Mund, die mit Widerhaken oben und unten seine Kiefer zusammenhalten." „Wie bitte?", hörte ich mich selber sagen. Auch wenn ich Nael sehr gut verstanden hatte. „Ich habe mir die Kinder in zwölf angesehen. Zwei tragen eine metallene Schiene, die mit Widerhaken in ihrem Zahnfleisch verankert ist. Würde mich nicht wundern, wenn die zu denen gehören, die Ezra das angetan haben.", sagte er und schüttelte ungläubig den Kopf.

„Ich kann mich darum kümmern."

Verwundert drehte ich mich herum und sah Lev an. „Ihr habt gesagt, dass die Kinder auf eure Ränge reagieren. Ich habe keinen Rang und ich weiß was zu tun ist. Ich kann sie entfernen.", bot er an und stand von dem Tisch auf, der über und über mit Akten bedeckt war.

Akten, die ich immer noch nach Nicoleen durchsuchte. „Gut, nimm den Karton mit. Du wirst sicher einiges davon brauchen.", erwiderte ich und beobachtete wie er mit Nael verschwand.

„Eric.", vernahm ich seine dunkle Stimme. Kurz schloss ich die Augen und atmete dann durch. Seufzend begab ich mich zurück zu meinem Tisch mit dem Stapel der weiblichen Teenager über fünfzehn. „Warum tust du das hier? Du könntest genauso gut im OP stehen. Du bist Arzt.", hörte ich Shota sagen. „Weil mein Rang mir im Weg steht. Ich könnte mich menschlich machen. Aber ich habe mir nach der Sache mit Jon geschworen, es nie wieder zu tun.", erwiderte ich und legte eine weitere Akte beiseite. „Was immer noch offenlässt, weshalb du das hier tust.", erwiderte Shota und legte seine Hand auf die Akte, welche ich grade versucht hatte zu öffnen. „Ich habe dich lange genug dabei beobachtete und mir kommt dieses Bild bekannt vor. Auch ich habe das getan, als dieser Laborkram anfing. Suchst du deinen Sohn?", fragte er. Meinen Sohn. Zitternd löste ich die Finger von der gelben Pappe der Akte. „Ich habe keinen Sohn.", erwiderte ich und sah zu Shota auf. Dieser hob eine Augenbraue und sagte: „Ich kann mich da an anderes erinnern. Aber gut, wie du meinst. Ich denke auch nicht, dass du so dumm wärst und dann die Akten der weiblichen Vampire zu durchforsten. Etwa eine Tochter, von der wir noch nichts wissen?" „Nico ist nicht meine Tochter.", hörte ich mich sagen.

Ich hatte sie für drei Jahre für sicher gehalten. Aber seitdem sie mit wärme Kameras und Tests durch die Häuser gingen, schaute ich jedes Mal, ob ich sie in den Akten fand. Jedes Mal rechnete ich damit ihr Bild zu finden und dazu den immer sehr spärlich ausgefüllten Totenschein.

„Warum wartest du darauf, sie auf den Bildern zu sehen?", fragte Shota und hockte sich vor meinen Tisch. „Weißt du, wo sie ist?", setzte er nach und legte den Kopf schief. Leicht nickte ich und biss mir auf die Unterlippe. „Dann hol sie.", forderte Shota mich auf.

Vamp Zone 《4》Where stories live. Discover now