5. We own the night

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Vanessa

Leise setzte ich meine nackten Füße vor die Haustür und ließ mich dann auf die Stufen der Terrasse sinken. Es war kühl und ich fühlte, wie die Wärme des Holzes unter mir versuchte mich zu wärmen, mir die Wärme des Tages zu schenken.

Sieben Jahre waren vergangen, in denen ich meine Eltern nicht mehr gesehen hatte. In denen sie nichts von mir gehört hatten. Und in denen sie nichts von ihrer Enkeltochter wussten.

Mein Blick ging hinauf zu den Sternen. Der Mond, zwischen ihnen, schien grade blendend an diesem wolkenlosen Himmel. Vollmond.

„Nessa."

Die Tür schloss sich hinter ihm mit kaum einem Geräusch. „Was tust du hier?", fragte er leise und hockte sich hinter mich, sodass er seine Arme um meinen Brustkorb legen konnte. „Ich konnte nicht schlafen.", murmelte ich. „Das ist mein Part.", erwiderte er schmunzelnd und küsste mein Mahl.

„Talvi ist dort draußen.", erwiderte ich und drehte mich zu ihm herum. Sorin lächelte und lehnte seine Stirn gegen meine. „Sie kann auf sich achten.", sagte er sanft und legte dann seine Lippen auf meine. Ich wusste nicht, wie er dabei so beruhigt sein konnte. Ja, offensichtlich waren sein Wolfs-Gen bei ihr stärker gewesen und meine Verwandlung hatte kaum etwas daran geändert, dass sie mehr zu einem Vampir geworden wäre. Seit zwei Jahren lief sie mit den Großen durch den Wald und ich wusste nicht, wie oft ich mich jetzt schon verjagt hatte, wenn ich sie in ihrer Wolfsgestalt vor dem Kamin gefunden hatte.

„Nessa.", hauchte Sorin, nachdem er sich von mir gelöst hatte. „Denk nicht in menschlichen Jahren. Talvi ist sehr viel erwachsener als nur diese sieben Jahre.", sagte er sanft und strich durch mein Haar. Wie oft er mir das schon ins Gedächtnis rufen musste. Aber sie war eben mein kleines Mädchen.

Das kleine, aufgedrehte, freudige Mädchen mit den schwarzen Locken und den strahlend grünen Augen.

„Aber die Jäger.", sagte ich leise und schmiegte mich an Sorins Brust. Er küsste erneut meinen Kopf und erwiderte: „Sie haben noch niemanden von uns erwischt. Sie haben es nicht auf uns abgesehen und sie werden uns nicht kennen. Talvi ist stark und klug. Niemand wird sie gefangen nehmen." Er hatte recht, aber der Zuwachs in den letzten Wochen von zwei weiteren Rudeln, die sich seinem angeschlossen hatten, führte mir vor Augen, wie nah die Jäger waren. Sie hatten diese Rudel aus ihren Gebieten vertrieben und sie ihre Anführer verstoßen, da sie sich mit ihnen nicht mehr sicher fühlten. Von Sorin wussten sie aber, dass er in der modernen Welt gelebt hatte. Ich wusste, dass sie sich erhofften, dass Sorin sie sicher verstecken konnte. Aber auch er war die letzten sieben Jahre von der Außenwelt abgeschottet gewesen. Dennoch hatte er sie aufgenommen und stand jetzt vor einem enormen Platzproblem. Sein Rudel hatte es gut aufgenommen und die zwei fremden Rudel hatten sich gut angepasst. Jedoch führte die Enge zu Zoff. Ich hatte selten so viele Wolfskämpfe gesehen, wie in den letzten Wochen.

„Aber müssen wir das Risiko eingehen, dass sie nicht mehr nach Hause kommt?", fragte ich leise und sah in Richtung Waldrand. Durch den hellen Mond war er gut ausgeleuchtet. „Du weißt, dass sie das braucht. Erinnerst du dich, als sie Hausarrest hatte? Während eines Vollmondes?", erwiderte er und strich durch meine roten Locken. Ich erinnerte mich. Sie hatte die komplette innen Einrichtung zerstört und in die Tür tiefe Rillen geschlagen. Dann hatte sie das Fenster zerschlagen und war aus dem zweiten Stock gesprungen. Danach hatten wir sie für eine Woche nicht mehr gesehen.

„Mach dir keine Gedanken.", hauchte er an meinem Ohr und küsste meinen Hals. „Komm lieber wieder mit rein.", fügte er hinzu und zog mich auf die Beine. „Sorin.", hörte ich mich selbst wimmern. „Sie ist nicht allein.", versuchte er mich zu beruhigen und zog mich zurück in das Wohnzimmer unseres Hauses. „Wir sind allein.", sagte er schmunzelnd und zog mich sanft zur Treppe.

Vamp Zone 《4》Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt