25. Achtung

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Valea

Dragans Tochter lag mit angewinkelten Beinen auf der Couch und hatte beide Arme unter ihren Kopf gelegt. Ihre wilden Locken hingen teilweise von dem Möbel. Sie lag schon eine ganze Weile dort. Trotzig hatte sie sich auf die Polster geschmissen, als er sagte, sie könne nicht mitgehen. Erst hatte ich ihren Unmut noch gefühlt. Doch es dauerte nicht allzu lang und sie schlief ein. Die Wut, wie verflogen. Sanft zog ich die Decke über ihrem Körper etwas höher und strich ihr eine kleine Strähne aus dem Gesicht. Dann wand ich mich von ihr ab und ließ meinen Körper seine Form wechseln. Mit einem hohlen Ton und dem Klang von entweichender Luft ließ ich meinen pelzigen Körper auf die Matte vor dem Kamin sinken. Wachsam legte ich meine Augen auf den schlafenden Körper. Dennoch gestattete ich es mir, meinen Kopf auf meinen Pfoten zu platzieren.

Vielleicht ein Fehler.

Meine Augen verloren ihre Wachsamkeit und fielen schon sehr bald zu. Sofort erschien wieder mein Vater vor meinen Augen. Der aufgerissene Brustkorb, die blutige Spucke, die ihm aus dem Mund floss. Das letzte Röcheln, bevor er mit kalten Augen auf mich sah. Ich fühlte die Hände an meinen Oberarmen, die mich zurückhielten und die heißen Tränen auf meinen Wangen. Es war das Schicksal, vor dem Dragan mich bewahrt hatte.

Das Öffnen der Tür drang leise an mein Ohr, schaffte es jedoch nicht, mich zu wecken. Erst als ein Schatten auf mich fiel, riss es meinen Körper aus dem Schlaf. Mit hochgezogenen Lefzen sprang ich auf und entlockte meiner Kehle ein dunkles Knurren. Allerdings verstummte ich sofort und presste mich zurück auf den Boden, als ich erkannte, wer da vor mir stand.

„Ist okay, Valea.", hörte ich ihn sagen, während ich mein Fell in Haut umtauschte. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Dragan hockte sich zu mir auf den Boden und zog mein Kinn nach oben. „Alles gut.", sagte er sanft. „Ich bin eingeschlafen. Entschuldige Dragan.", stammelte ich und sah ihn mit großen Augen an. „Nenn mich nicht so. Sorin ist komplett in Ordnung.", erwiderte er und lächelte sanft. „Und du brauchst auch deinen Schlaf.", fügte er hinzu und ließ mein Kinn frei. „Aber du sagtest, ich soll auf deine Tochter achten, wenn du es nicht kannst.", murmelte ich, versuchte mich dabei abzuhalten den Kopf wieder zu senken, denn ich wusste, er würde es nicht mögen. „Hast du doch.", erwiderte er und erhob sich. „Valea, du bist jung. Ich bin dir nicht böse, wenn nicht alles perfekt ist. Ich bin es doch selber nicht. Selbst wenn Talvi etwas passieren würde, ich würde ganz sicher nicht dir die Schuld geben.", sagte er und ließ sich auf einen der Sessel sinken. Sein Blick haftete kurz an seiner Tochter, bevor er wieder zu mir sah. „Sieh dich nicht als jemand, der mir untergeben ist. Ich habe dir nicht ohne Grund diese Aufgabe gegeben.", sagte er leise und lächelte sanft. Leicht nickend setzte ich mich auf meine vier Buchstaben und lehnte mich an die warmen Steine des Kamins. „Ich will nur nicht wieder gehen müssen.", gab ich leise zu und sah auf den Tisch zwischen der Couch und dem Sessel. „Warum sollte ich das wollen?", fragte Sorin. „Wenn ich für dich genauso eine Bedrohung werden wie für ...", setzte ich an, aber er unterbrach mich. „Die Bedrohung, die du für sie bist, gibt es nicht. Was genau bedroht sie daran, dass dein Vater genauso wenig Ahnung hatte wie sie, was in der Welt vor sich geht? Nichts. Rein gar nichts. Also, warum solltest du sie bedrohen? Jemand, der nicht mal das Sagen über sie haben möchte. Valea, es gibt nur noch uns und ich werde niemanden verstoßen. Dich schon gar nicht. Du machst mir so vieles einfacher und Talvi hat dich gern. Sie ist ja schon fast mit deiner Anwesenheit groß geworden.", führte er aus und wieder sah ich dieses freundliche Lächeln, dass sicher kein Werwolf auf den Lippen tragen würde. Etwas, wofür ich ihn bewunderte. Etwas, dass mir nur mehr zeigte, wie großartig er war.

Seufzend lehnte er den Kopf zurück und es wurde still. Nur Talvis Atem war ganz leise zuhören und ich spürte meinen eigenen Herzschlag. Sicher konnte er sich gar nicht vorstellen, wie dankbar ich ihm war. Ich hatte damals solche Angst, als mein Rudel mich hier her geschliffen hatte und verlangt hatte, dass er befehlen würde mich zu töten. Denn sie konnten es nicht selber entscheiden, sie hatten nicht die Befähigung. Sie hatten nur das Recht, meinen Vater zu stürzen. Sie hätten auch das Recht gehabt, meine Mutter zu töten, allerdings war sie schon bei meiner Geburt gestorben.

„Valea, wenn du in einer Vollmondnacht ...", setzte Sorin an und ließ so meine Augen wieder zu ihm wandern. „..., wenn du eine Partnerin ... oder einen Partner ...", setzte er hinterher und räusperte sich. Wieder etwas, was mich ihn bewundern ließ. Mein Vater hätte sich nie anmerken lassen, wenn ihm etwas unangenehm war. „Ich muss auf Talvi achten.", erwiderte ich und lehnte mich etwas nach vorne, platzierte meine Ellenbogen auf meinen Knien und sah weiter zu Sorin auf. Auf seinen Lippen erschien ein kleines Lächeln. „Nein, Valea. Bitte denk nicht so.", sagte er und sah zu mir herab. „Sollte Luna dich für bereit erachten, folge ihr.", fügte er hinzu.

Was brachte ihm das? Ich würde seine Tochter der Wildnis ohne Schutz überlassen. Ihr Wolf war immer noch so winzig, kein Welpe. Aber sie konnte sich nicht gegen die Ausgewachsenen behaupten. „Ich will nur auf sie achten.", sagte ich leise und sah zu dem jungen Mädchen. „Danke.", vernahm ich seine dunkle Stimme. „Dennoch, ich will, dass du weißt, dass ich dir nicht böse bin, wenn du dich für etwas anderes entscheidest.", fügte er hinzu. Ich nickte leicht und drehte mich zu ihm herum. „Ich weiß.", erwiderte ich und neigte leicht den Kopf als Dank.

Annabelle

Cirah saß mit zusammen gezogenen Augenbrauen in der Versammlungshalle und ließ ihren Blick über die Leute gleiten. „Worüber denkst du nach?", fragte ich. „Shi ... Sie halten sich nicht an die Regeln. Schön, dass sie ihre Probleme unter sich regeln. Aber es wird sich auf die anderen auswirken.", knurrte sie und sah zu mir. „Probleme?", fragte ich. Ich hatte nicht mitbekommen, dass es neue Vorfälle gegeben hätte. „Ja, irgendwas ist da schon wieder zwischen Nael und Moe ich fühle es.", erwiderte sie und strich sich übers Nasenbein. „Du machst dir zu viele Gedanken.", widersprach ich. „Die meisten Beziehungen fangen im Chaos an.", fügte ich hinzu und strich über ihren Arm. „Beziehungen? Ich denke, Nael hat ziemlich deutlich gemacht, dass er nichts von ihm will. Und dennoch klebt er ihm am Arsch.", murrte Cirah. Ich verdrehte leicht die Augen und erwiderte: „Sicher, dass du nicht nur so denkst, weil Naels Pheromone dich verrückt machen und du eifersüchtig bist?", fragte ich und sah auf ihren Hals, an dem ich immer noch nicht mein Mahl hinterlassen durfte. Sie sagte, es wäre zu riskant. Es könne sein, dass wir uns trennen müssten und dann wäre eine Bindung hinderlich. Wenn man mich fragte, war sie einfach immer noch der Meinung, dass zwischen uns nichts Ernstes sei. So wie sie mir manchmal aus dem Weg ging und meist Probleme mit Yama besprach.

„Seine Pheromone jucken mich nicht. Außer, wenn ich beobachtete, wie vielen Alpha er damit den Kopf verdreht. Wenn das so weiter geht, befehle ich Eric ihn menschlich zu machen.", knurrte sie. „Damit er, sobald das Mittel aufhört, zur Dorfmatratze wird?", fragte ich und verschränkte die Arme. Sie hatte immer noch nicht verstanden, dass man nach diesem Mittel seine Fähigkeiten nicht mehr kontrollieren konnte und wie Sanji sogar ernsthafte Schäden davonträgt. „Weißt du was? Das wird das neue Gesetz. Jeder, der an einem anderen seine Fähigkeit nutzt oder gegen jemand anderen wird menschlich gemacht ... auf unbestimmte Zeit.", sagte sie und sah mich mit einem kleinen, miesen Lächeln an.

„Das kannst du nicht tun. Unsere Fähigkeiten sind das, was uns aus machen. Es gibt Personen, die ihre Fähigkeit nicht mal kontrollieren können, wie Eric oder Risa. Oder Sanji, er macht seine Fähigkeit um eine gute Arbeit vollbringen zu können. Genau wie Nael, er ist der Einzige des medizinischen Personals, der noch nicht angegriffen wurde. Fragt dich mal warum.", sagte ich eindringlich. „Anna, ich habe ihr eine Gesellschaft zu führen. Es geht hier nicht um das Leiden des einzelnen, sondern um das Wohl der Gemeinschaft.", erwiderte sie.

Sie hatte gut reden. Ihre Fähigkeit konnte sie nicht gegen andere verwenden. Sie reiste durch die Schatten, in welchem Szenario sollte ihr das vorgehalten werden können.

Vamp Zone 《4》Où les histoires vivent. Découvrez maintenant