24. roter Blick

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Elijah

Immer noch konnte ich ihr Blut schmecken. Eigentlich wollte ich ihr damit einen Denkzettel verpassen. Doch jetzt saß ich hier auf den Stufen zu unserem Haus und ärgerte mich über den Geschmack. Da war der Trubel, der sich plötzlich aufbaute, eine willkommene Ablenkung.

Verwundert hob ich den Kopf und spähte zum Waldrand, zu dem die meisten liefen. Kurz darauf stellte meine Mutter sich neben mich.

„Was ist da los?", fragte ich und richtete mich auf. „Dragan.", kam es grollend über die Lippen meiner Mutter. Dragan. Wer war das? Verwirrt sah ich sie an. „Alpha des Rudels auf der anderen Seite der Grenze. Er ist nur ein Hybrid.", fügte sie hinzu und sah jetzt ebenfalls zu mir. „Aber hüte dich.", sagte sie und schritt dann die Stufen hinunter. Schnell folgte ich ihr. „Weshalb? Wenn er nur ein Hybrid ist?", fragte ich und trat an ihre Seite. Mein Vater fehlte, wie so oft. „Es heißt er hat seine Mutter mit einem einzigen Blick getötet.", erwiderte meine Mutter und blieb am Fuß der Treppe stehen.

Erstaunt riss ich die Augen auf und wartete darauf, die Person zu erblicken, die sowas vollbringen sollte.

Er ließ mich nicht lange warten. Der Mann kam wenig später den Weg hinauf. Unsere Späher folgten ihm. Doch schien ihn das nicht zu beeindrucken.

„Galina.", sagte er mit dunkler Stimme als er vor uns ankam. „Elijah.", fügte er etwas dunkler hinzu und sah zu mir. Seine Augen waren so unglaublich warm und auch sein Gesicht wirkte auf mich nicht wie das eines Mörders, bis auf die Narbe, die sich von seiner Stirn über seine Schläfe bis zu seinem Kiefer zog. Dafür schüchterte mich sein Geruch um so mehr ein. „Sorin.", erwiderte meine Mutter und hob etwas weiter den Kopf. „Können wir sprechen.", sagte der Mann und nickte zu unserem Haus. Erst jetzt fiel mir auf, dass er meinen Namen gekannt hatte. Woher?

Ich beeilte mich, den beiden zu folgen, als meine Mutter dem Alpha den Weg deutete. Die ganze Zeit über hing mir sein Geruch in der Nase, der mir so vertraut schien. Aber erst kurz vor dem Besprechungssaal bekam er eine Note, die mich erinnerte.

Im Wald. Seit zwei Jahren zog es mich jeden Abend an die Grenze. Ich hatte diesem Geruch nachgejagt. Er war mal intensiver gewesen, mal weniger. Aber ich hatte ihm nicht nachgehen können. Wegen dieser Grenze. Mutter hatte gesagt, ich würde sterben, sobald ich sie übertrete. Offensichtlich seinetwegen.

„Galina, ich bin nicht hier, um zu drohen. Wir können es besser machen als unsere Väter.", hörte ich den fremden Alpha sagen. „Deine Anwesenheit ist Drohung genug.", erwiderte meine Mutter. „Ich weiß und deswegen bin ich hier. Ich weiß nicht wie viel du von außen mitbekommst.", setzte er an und nahm Platz auf dem Stuhl, den meine Mutter ihm anbot. Ich und meine Mutter nahmen ihm gegenüber Platz. „Du meinst das Vampirproblem? Es betrifft mich nicht.", knurrte meine Mutter. „Es betrifft dich mehr als du denkst. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie von unserer Existenz erfahren. Vier Rudel sind schon aus ihren Gebieten geflohen, ihretwegen und haben bei mir Schutz gesucht. Galina, ich brauche mehr Revier und ich werde es mir nicht einfach nehmen. Denn ich weiß, wie bedrohlich das wirken kann. Aber ich kann nur einfach nirgends anders hin ausweichen als auf das Revier um deines herum.", schilderte er. „Ich würde sagen, das kommt davon, wenn die Vampire sich in unsere Angelegenheit einmischen. Was wollen sie bei dir? Bei mir bekommen sie Schutz, wenn es nur darum geht.", erwiderte meine Mutter. „Sie wissen, dass ich Ahnung habe. Ahnung von den Jägern und den Vampiren.", sagte Sorin und stützte die Arme auf dem Tisch ab. „Du nicht.", fügte er hinzu und dabei sah ich, wie seine Eckzähne die Größe änderten. „Ist das eine Drohung?", knurrte meine Mutter. „Eine Warnung.", fauchte Sorin und fletschte leicht die Zähne, während seine hellbraunen Augen einen blutroten Ton annahmen. Sofort verstummte meine Mutter.

Ein Vampir. Er war nicht irgendein Hybrid.

„Verzeih mir, aber offensichtlich hast du die Charakterzüge deines Vaters übernommen. Ich komme in friedlichen Absichten. Es liegt an dir, ob ich mir dieses Land ohne oder mit deiner Zustimmung nehme. Wie du jetzt gehört hast, besteht mein Rudel aus fünf einzelnen, welche alle hinter mir stehen. Wenn es das ist, was du hören musst.", sagte er und warf einen Seitenblick zu mir. Sofort schlug meine Mutter ihre Hand vor mir auf den Tisch, sodass ihr Arm beschützend vor mir lag. „Lass ihn daraus. Wenn du ihm etwas tust ...", sagte sie grollend. Seine Fangzähne zogen sich von seiner Unterlippe zurück. Nur der rote Schimmer seiner Augen blieb. „Ich hatte nicht vor, ihm etwas zu tun. Eigentlich wollte ich dir schon als ich ihn das erste Mal heute sah, sagen, dass du einen stattlichen Sohn hast.", erwiderte Sorin. „Ist dir deine Tochter nicht genug.", fauchte meine Mutter und ich sah wie ihre Nägel sich in das Holz des Tisches gruben. „Meine Tochter ist mir mehr als genug. Danke.", sagte Sorin lächelnd und die rote Farbe nahm wieder zu. „Aber wir kommen vom Thema ab.", fügte er hinzu.

„Wir brauchen das Land nicht.", warf ich ein. Sofort lag der rote Blick wieder auf mir. Sorins Lippen umspielte ein sanftes Lächeln als er sagte: „Deine Einstellung freut mich."

„Dennoch, der Süden bleibt frei.", erwiderte meine Mutter. Sie war hörbar unzufrieden mit meiner Einmischung. Aber mir war klar, dass sie nicht gegen Sorin ankommen würde. Selbst ich spürte seine Macht und hatte das Bedürfnis mich ihm zu unterwerfen, auch wenn ich dagegen ankam. Aber alleine dieses Gefühl zeigte mir, dass man nicht wegen Unnützem mit ihm diskutieren sollte. „Ich will dich nicht umkreisen, Galina. Ich will dir nur sagen, dass ich nicht vorhabe dich zu bedrohen, nur weil ich mein Revier erweitere.", sagte Sorin und sah wieder zu mir. Irgendetwas lag in seinem Blick, dass ich nicht deuten konnte. Es verunsicherte mich.

„Denkst du immer noch an den Vorschlag meines Vaters?", hörte ich meine Mutter fragen. Sorin wand den Blick von mir ab. „Nein, ich bin immer noch der Meinung, dass Talvi frei wählen sollte.", erwiderte Sorin. „Gut, denn Elijah ist vergeben.", sagte sie und erhob sich von ihrem Stuhl. „Haben wir dann alles geklärt?", fragte sie. Es war sehr deutlich, dass sie nicht länger als nötig mit dem Hybriden in einem Raum sein wollte. „Ich finde alleine hinaus.", erwiderte Sorin und verließ den Saal.

„Welchen Vorschlag?", fragte ich, als seine Schritte verklungen waren. „Dich mit seiner Bastard-Tochter zu binden.", knurrte meine Mutter. Es war offensichtlich, dass ihr in dem Szenario nur seine Tochter nicht passte und nicht der Fakt, dass ich gegen meinen Willen versprochen wurde.

Er allerdings vertrat die Meinung, dass seine Tochter selbst wählen durfte. Weshalb ich nicht? Lag es an der Vampirseite?

„Woher wusste er meinen Namen?", fragte ich weiter. „Du warst mit, als ich einmal bei ihnen war. Damals hast du seine Tochter beruhigt. Sie war noch ein Baby. Daraus entstand diese Idee. Offensichtlich ist ihm deswegen dein Name nicht entfallen.", erwiderte sie. Ein Baby? Ich erinnerte mich an eines. Aber ich konnte nicht sagen, ob es dieses war und schon gar nicht in welcher Situation ich es gesehen hatte.

Vamp Zone 《4》Where stories live. Discover now