-Thirty-Two-

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Die Zeit, die Lia bei mir verbrachte, beruhigte mich. Ich bekam wieder das altbekannte Gefühl von früher, als ich noch in meinem Heimatort, Jeju, lebte.

Beinahe konnte ich es selbst nicht glauben, doch in diesen zwei Tagen war ich wieder so glücklich und unbesorgt wie vor vielen Jahren. Der Abstand zu meiner Heimat und meinen Erinnerungen tat mir gut. Lediglich ein Mensch, der mir viel bedeutete, fehlte mir hier.

Vielleicht konnte ich endlich meine Vergangenheit hinter mir lassen und mich den Jungs mehr öffnen. Sie gaben sich so viel Mühe - das hätten sie sich wirklich verdient.

Allerdings haderte ich mit mir. Irgendetwas in mir ließ mich zweifeln, ob das wirklich möglich war. Ich hatte mich bereits Mark einmal öffnen wollen, um meine Vergangenheit zumindest einmal anzusprechen. Gelungen war es mir aber nicht.

Das war ein Teufelskreis. Ich konnte nicht nach Hause zurück, aber hier bleiben, ohne meine Vergangenheit zu verarbeiten, konnte ich auch nicht.
Ein leises Seufzen entkam mir wegen meinen Gedanken, weshalb Lia ihren Kopf sofort besorgt zu mir drehte. Wir gingen gerade mit Coco spazieren, ich hatte ihr versprochen, sie auch außerhalb Seouls herumzuführen. Es gab hier viele Plätze, die eine schöne Atmosphäre hatten und diese sollte man unbedingt aufsuchen, wenn man schon in Seoul war.

Kennen tat ich sie durch Youngjae. Er ging nicht jeden Tag mit Coco spazieren, sondern verbrachte meistens die Zeit mit ihr im Garten, jedoch waren Spaziergänge dafür umso schöner. Vor einigen Wochen hatte er mich das erste Mal mitgenommen, obwohl ich mich anfangs gesträubt hatte. Bereut hatte ich aber meine letztlich beinahe gezwungene Einverständnis nicht.

"Ist alles in Ordnung, Miso?", durchbrach Lias Stimme den Frieden und ich warf ihr einen halbherzigen Blick zu, ehe ich wieder zu dem kleinen, weißen Hund sah. Kurz biss ich mir auf die Unterlippe, allerdings konnte ich Lia nichts verschweigen. Dafür kannte sie mich zu gut.

"Ich denke nur nach. Ich meine... wirklich gut verstehen tue ich mich hier mit keinem. Klar, das liegt vor allem an mir, aber du weißt ganz genau, dass ich es nicht ändern kann." Wieder entkam mir ein leiser Seufzer. "Manchmal würde ich einfach gern zurück nach Hause wollen, dort, wo unsere Freunde sind. Oder zumindest dich bei mir behalten."

"Was denkst du, was ich dafür geben würde, bei dir zu bleiben oder sogar deine Rolle einzunehmen? Aber ich bin untalentiert im Kochen und würde vermutlich die ganze Zeit nur fangirlen", lachte Lia verlegen und entlockte damit auch mir einen kurzen Schmunzler.

"Ich will nicht, dass du morgen früh schon gehst...", murmelte ich bedrückt. Wie auf Kommando blieb Lia stehen und zog mich zu sich, damit sie ihre Arme um meinen Körper schlingen konnte. Ich vergrub mein Gesicht an ihrer Schulter, Lia war etwas größer als ich und hatte mir schon immer ein Gefühl von Sicherheit gegeben, wenn ich schwach wurde. Das schätzte ich besonders an ihr.

"Hör zu, meine Süße." Ihre Hand strich sanft über meinen Hinterkopf. "Ich weiß, dass du dir hier in Seoul etwas ganz anderes erträumt hast. Aber das Schicksal weiß eben, was gut für dich ist. Und ich bin fest davon überzeugt, dass die Jungs dir gut tun. Du musst dich nur auf sie einlassen, egal, wie schwer das wird. Ich bin ganz sicher, dass du das schaffen wirst. Du hast noch nie aufgegeben, Miso. Und das wirst du jetzt auch nicht tun."

I Got 7Where stories live. Discover now