99. Kapitel - Alte Sabberhexe

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Jane’s Herz rast wild in ihrer Brust und sie fühlt ein starkes Gefühl von Beklommenheit. Es ist als würde sie vor einen Spiegel stehen, ihr Spiegelbild stark verzerrt und realitätsfern, aber dem ist nicht so. Sie hebt langsam ihren Arm, doch das Abbild vor ihr imitiert sie nicht, es grinst nur spöttisch und hebt eine Augenbraue. Jane lässt darauf hin ihren Arm wieder fallen und mustert die Person vor sich. Es ist die selbe Gestalt, welche sie auch schon in ihrem Badezimmerspiegel gesehen hat. Ein einfaches Trugbild, doch dieses hier, scheint nicht bei genaueren Hinsehen wieder zu verschwinden. Es hat nicht den selben ängstlichen Ausdruck, die Brust hebt und senkt sich nicht so schnell wie Jane’s und ihre Mundwinkel sind wieder zu diesem fast schon dämonisch breiten Grinsen verzogen. Dunkle Adern laufen unter den pechschwarzen Augen entlang und ihre Haut hat einen aschgrauen Ton, ebenfalls mit einigen pulsierenden Adern versetzt.

„Wer bist du?“, fragt sie mit zittriger Stimme, worauf ihr Gegenüber den Kopf schrägt. „Ich bin du“, antwortet das Abbild mit zischend-vibrierender Stimme und in ihren schwarzen Augen blitzt etwas auf, was Jane nicht zu deuten mag, doch sie erkennt sofort die Stimme, welche ihr auch so oft grauenhafte Sachen zuflüstert. „Bist du ein Irrwicht?“, fragt Jane weiter und erinnert sich bildhaft an ihre Begegnung mit einem solchen Wesen in ihrem ersten Jahr in Hogwarts. Die Person ihr gegenüber ist diesem nämlich erstaunlich ähnlich, doch scheint sie nicht eine Version von Jane’s Kontrollverlusten zu sein, da diese hier einen sehr gefassten Eindruck macht. Doch statt Jane zu antworten richtet sich der Blick des Wesens nur auf Jane’s linken Arm und dann auf ihren eigenen, dessen dunkles Mal deutlich dunkler und verwurzelter ist. Langsam winkelt ihr Abbild den Arm an und starrt auf ihre Handfläche, aus welcher im nächsten Moment eine kleine Flamme auflodert und gemütlich vor sich hin kokelt. Jane verfolgt die Szene mit gerunzelter Stirn und einer unerträglichen Aufregung. Sie erkennt die Zusammenhänge zwischen all dem nicht. Ein kindisches Kichern reißt sie aus ihren Überlegungen. „Aufwachen Jane. Wach bitte auf! Jane, wach auf!“, verdutzt sieht sie ihr Abbild an, welche hämisch kichert und immer theatralisch fortfährt. „Jane, oh Jane wach doch bitte auf!“.
„Was?“, doch durch Jane geht im nächsten Moment ein Ruck.

Ein stickiger Geruch von Rauch schlägt ihr entgegen und schwer atmend sitzt sie stocksteif im Bett. Neben den Bett hockt ein aufgewühlter Draco, welcher anscheinend wie ein Verrückter an ihrer Schulter gerüttelt hat, während er immer wieder mit seinem Zauberstab versucht das qualmende Bett zu löschen. Erst jetzt bemerkt Jane die kleine lodernde Flamme in ihrer linken Hand, welche nicht einmal durch Draco’s Aguamenti gelöscht wird. Hastig schüttelt sie ihre Hand, worauf sie erlischt und blickt dann entsetzt zu Draco. Sein Gesichtsausdruck unterscheidet sich nicht groß von ihrem und atemlos mustert er sie von oben bis unten.
„Bist… bist du in Ordnung?“
Jane nickt und prüft in ebenso mit ihren Augen, „Und du?“, fragt sie besorgt. Angst keimt in ihr auf, dass sie Draco verletzt hat und sofort stichelt eine kleine boshafte Stimme in ihren Hinterkopf, dass sie ihn hätte umbringen können. „Mir fehlt nichts, du hast mich nur ziemlich erschrocken“, ein aufmunterndes Lächeln erscheint auf seinen Zügen, doch beruhigt es Jane nicht im geringsten.
„Draco, es tut mir leid. Ich… ich hätte fast… ich-“, sie findet keine Worte und bei den Gedanken was hätte passieren können zittert sie wie eine Erfrierende. Draco unterbricht sie jäh, „Shhhhh, alles gut mir ist nicht passiert. Du hast nur schlecht geträumt, das hätte jeden passieren können, der der Magie mächtig ist. Aber bitte steh auf und komm aus dem Bett raus“, vorsichtig ergreift er ihr Handgelenk und zieht sie auf ihre wackeligen Beine. Draco hat nicht einmal gelogen, starke Emotionen können tatsächlich zu Kontrollverlust bei Zauberern führen, das bei Jane’s Macht allerdings lediglich ein unangenehmer Traum reicht ist nicht gerade beruhigend. „Nun, wir werden wohl diese Nacht nicht mehr in diesem Bett verbringen können“, versucht er die Stimmung zu lockern und sucht Jane’s Blick. Doch Jane starrt nur auf das noch rauchende Bett und schüttelt fassungslos den Kopf. „Du solltest in deinen Schlafsaal gehen, Draco“, antwortet sie leise mit belegter Stimme, worauf ihr Freund ihren Kopf zu sich dreht. „Es ist alles in Ordnung Jane, lass uns doch in die Küche schleichen und vielleicht einen Beruhigungstee trinken?“. Doch Jane schüttelt seufzend den Kopf und wendet sich von Draco ab um das einzige kleine Fenster im Raum zu öffnen. „Bitte geh jetzt Draco“, meint sie immer noch leise, als sie sich wieder zu ihm dreht. Resigniert nickt der Slytherin, wissend das eine Diskussion nichts bringen würde und Jane jetzt Zeit für sich brauch. Er kann ihre momentane Situation und die deutlichen Schuldgefühle, welche sich in ihrem Gesicht widerspiegeln, verstehen. Mit einem ergebenen Seufzen nickt er und will ihr noch einen kurzen Kuss geben, doch Jane dreht ihr Gesicht weg, so das er sich mit einem knappen Wangenkuss zufrieden geben muss. Vorsichtig streicht er noch eine Strähne aus ihrem hübschen Gesicht bevor er sie ein letztes mal wehmütig betrachtet und sich auf den Weg in seinen Schlafsaal macht, immer auf der Hut nicht von Filch oder den Carrows erwischt zu werden.

Auch Jane bleibt nicht lang in ihrem Zimmer, kaum hat sie durch den Kamin einen der Hauselfen gerufen, welcher ihre Bettwäsche sowie ihre Matratze entsorgt und versprochen hat, gleich eine neue zu bringen, hat sie sich auf den Weg zum Schulleiterbüro begeben. Vorsichtig schleicht sie die Gänge entlang, wobei sie neugierige Gemälde beobachten. Ihre nackten Füße tapsen leise über den kalten Stein, bis Jane in ihrer Bewegung erstarrt und stirnrunzelnd zu ihren Füßen sieht. Eine rote Flüssigkeit klebt an ihrem rechten Fuß, ausgehend von der kleinen Pfütze in der sie steht. Einen Moment lang glaubt sie sogar es sei Blut und ein kalter Schauer läuft ihr den Rücken entlang, doch schnell bemerkt sie die deutlich hellere Farbe und die zähflüssigere Konsistenz. Doch was bei Salarza macht rote Farbe auf den Boden? Jane’s Frage wird schnell beantwortet, als sie um die nächste Ecke blickt und Neville mit Pinsel und einem großen Eimer mit roter Farbe erblickt. Unruhig schwingt er den Pinsel an der alten Bürotür von Alecto Carrow und Jane kann die Worte "Alte Sabberhexe" ausmachen. „Neville?“, flüstert sie leise und alarmiert den Zauberer dazu, sich hastig mit erhobener Hand umzudrehen und auf sie zu richten, bei seiner schnellen Bewegung verschüttet er allerdings den Eimer Farbe, welche sich nun über den ganzen Boden verteilt. „Jane?“, fragt Neville ebenso leise mit aufgebrachter Stimme und bemerkt jetzt erst, dass er den roten Pinsel und nicht wie gewollt seinen Zauberstab auf sie gerichtet hat. Auch Jane bemerkt diesen Fakt und zieht vielsagend eine Augenbraue in die Höhe.

„Was, bei Merlins gestreifter Unterhose, tust du da? Bist du verrückt geworden? Was denkst du was die Carrows mit dir machen, wenn sie dich erwischen?“, sie deutet nun aufgebracht auf den roten Schriftzug an der Tür und teils auch an den Wänden. Neville öffnet den Mund, doch kein Laut verlässt seine Lippen. Er wollte sich rechtfertigen, wusste jedoch nicht so recht was er ausgerechnet zu Jane, seiner einstigen Freundin und Tochter eines Todessers, sagen sollte. Er war eigentlich immer der Meinung Jane vertrauen zu können, das sie anders als die anderen Slytherins und ihr Vater ist, und auch die jetzige Situation bestärkt eigentlich seine Annahme, doch ihr Vater hat Dumbledore getötet, ihr Vater sowie ihr Freund sind Todesser, also sie damit nicht auch?

„Was interessiert es dich?“, fragt er harsch als er zu dieser Erkenntnis kommt. „Sollte dir doch gerade recht kommen, wenn deine Todesserfreunde mich bestrafen“.
Jane schüttelt energisch den Kopf und schreitet weiter durch die rote Pfütze auf ihn zu, worauf Neville zurückweicht und den Pinsel fallen lässt. „Natürlich interessiert es mich Nevill! Ich-“, doch Jane wird von einer Stimme jäh unterbrochen.
„Was ist den hier los?“, ruft Alecto Carrow aufgebracht, welche die roten Fußspuren bemerkt hat. Ihr Blick fällt auf die erschrockenen Schüler und dann auf den Schriftzug hinter ihnen. Sofort brennt Zorn in den plumpen Kugelaugen der rundlichen Frau. „WER WAR DAS?“, faucht sie fuchsteufelswild, als weitere Schritte von Absetzen im Gang zu hören sind.

Jane schließt ergeben die Augen. Wenn sie nicht eben schon in einer heiklen Situation war, dann ist sie es auf jeden Fall jetzt, denn eine bestimmte Professorin und Hauslehrerin hat die Aufregung gehört und geht dieser nun auf den Grund. „Dürfte ich erfahren was das hier für ein Geschrei ist?“, fragt sie streng und rümpft die spitze Nase. „McGonagall“, knurrt Carrow dunkel, deutlich unbegeistert von ihrer Anwesenheit. „Einer dieser Schüler hier-“, sie deutet auf Jane und Neville, „-hat meine Bürotür verunstaltet!“

Auch Minerva blickt auf den Schriftzug und kann sich schon denken wer es war, als sie die rot verfärbten Finger ihres Schützlings sieht, welche er hinter seinen Rücken verbirgt. „Ich bin mir auch schon ganz sicher wer es war“, fährt Alecto fort und stiert Neville böse an.

„Longbottom, erklären Sie mir doch bitte was sie hier auf den Flur zu suchen hatten?  Ich in mir sicher das-“, keift sie in an, ihrem Triumph sich sicher. Jane würde sich am liebsten selbst schlagen als sie im nächsten Moment den Mund auf macht und Alecto unterbricht. „Ich bin es gewesen“, sagt sie leise und vermeidet jeglichen Blickkontakt zu den Gryffindor’s. „Neville hat mich erwischt kurz bevor sie gekommen sind.“, erzählt sie rasch weiter und sieht den Unglauben in den Augen der Todesserin.

„Sie Miss Snape?“, fragt sie überrascht, doch schnaubt dann erbost auf. „Natürlich, Sie glauben wohl nur weil Ihr Vater jetzt Schulleiter ist könnten Sie sich jeden Spaß erlauben, nicht? Aber nicht mit mir! Ich werde mich persönlich um Ihre Bestrafung kümmern und danach gleich zum Direktor gehen. Ich dulde ein solches Verhalten nicht, egal von welchen meiner Schüler!“
Mit einer flinken Bewegung hat sie ihren Zauberstab gezückt und auf Jane gerichtet. Sie weiß was ihr nun bevor steht und senkt nur entrüstet den Kopf. Ungläubig wechselt Minervas Blick zwischen den Anwesenden hin und her. Nicht nur das Jane gerade offensichtlich die Schuld auf sich genommen hat, sie solle dafür jetzt auch noch einen Cruciatus über sich ergehen lassen? Minerva weiß, dass die Carrows damit nicht scherzen, schon mehr als ein Schüler ist diese Bestrafung zuteil gekommen. Nevill blickt nur starr zu Boden, die Lippen fest aufeinander gepresst um ja nichts falsches zu sagen.

„Professor Corrow, ich glaube wohl kaum, dass ein Folterfluch eine angemessene Bestrafung für einen kindlichen Scherz ist-“

„Ich entscheide was angemessen ist! Also nehmen Sie gefälligst Ihren Schüler mit, McGonagall. Er hat auf den Gängen ebensowenig etwas verloren und ich lasse ihn nur zu gern die selbe Bestrafung zuteil kommen. Vielleicht reicht das ja als kleiner Denkzettel“, herrscht Alecto ihre Kollegin an.

„Kommen Sie Mister Longbottom“, sagt Minerva tonlos und schiebt ihn mit einer Hand auf seinen Rücken vorwärts. Kaum sind sie einen Gang weiter, zuckt die Professorin auch schon zusammen, als sie den schmerzerfüllten Aufschrei eines Mädchens hört. Noch drängender schiebt sie Neville vorwärts, welcher bei dem Geräusch zu einer Salzsäule erstarrt ist, und versucht sich all die schlechten Sachen die Severus und Jane getan haben, ins Gedächtnis zu rufen.

„Das sollte Ihnen eine Lehre sein, Mister Longbottom. Noch einmal ein solchen Glück werden Sie nicht haben. Sie können nur hoffen, das Miss Snape nicht doch noch die Wahrheit sagt und Sie bei ihrem Vater anprangert“
Verhalten nickt Neville und klettert durch das Loch hinter dem Gemälde, welches Minerva noch eine Weile gedankenverloren anstarrt.

Todesengel Where stories live. Discover now