36. Kapitel - Fragen über Fragen

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Stille.
Totenstille.
Und doch fühlt Jane noch immer diese unbeschreiblich starke Magie durch sich fließen. Sie spürt ihr rasendes Herz und das zittern ihres Körpers. Der erwartete Schmerz ist nicht eingetroffen, was sie nur zunehmend verunsichert. Sie will die Augen aus Angst gar nicht erst öffnen, doch ebenso zerfrisst sie diese unendliche Neugier. Wissend dass sie nicht ewig die Augen zusammen kneifen und auf den Tod warten kann, öffnet sie vorsichtig die Augen. Ihr Atem setzt aus und sie würde schwören das auch ihr Herz für eine Sekunde nicht weiter schlug, obwohl es schneller rast als das eines Kolibris. Vor ihr erstreckt sich der Anblick des schweren Regales, welches nicht einmal mehr eine Handbreite von ihrem Gesicht entfernt ist. Aus Reflex schreckt sie ein Stück zurück. Dann lässt sie ihre Augen um sich herum gleiten. Das Regal, die Glaskugeln, die Scherben, all der Schutter schweben wie bei einem Zeitlupenzauber einfach in der Luft. Fasziniert wagt sie es ihre Finger nach einer der Kugeln auszustrecken und diese leicht anzustuppsen. Die Kugel übernimmt die Bewegng und schwebt leicht von ihr weg. Erst jetzt kommt die Information das sie noch am Leben ist in ihrem Kopf an und das Zittern in ihrem Körper legt sich langsam. Ihr Blick geht zu ihrer linken Hand, in der die immer noch fest ihre Prophezeiung hält. 

Eine Macht so groß das sie nicht mal eines Zauberstabes bedarf

Sie hatte ihre Magie zugelassen. Gänzlich. Sie hat losgelassen, aufghört zu kämpfen. Nein sie hat genau das getan wo vor sie sich so sehr fürchtete. Sie hat ihre Macht zugelassen. Sie wusste sie würde keinen damit schaden. Sie wusste das sich kein weiterer Kampf lohnen würde und das sie keine Angst haben müsse.
Und jetzt? Jetzt spürt sie es, sie spürt jede Faser ihres Daseins, gefüllt mit Magie. Und doch hat sie keinen Anfall, keinen Schaden angerichtet, niemanden verletzt. Sie hat es zugelassen und sich gänzlich unter Kontrolle. Sie fühlt sich so beherrscht im Moment und doch so befreit. Der Schmerz und die Angst sind von ihr gewichen. All die Jahre die sie dachte sie müsse ihre Kraft unterdrücken, all das Leid und der Schmerz waren falsch. Sie waren unnötig und nur erzeugt durch einen Unglauben. Sie hätte ihre angestauchte Magie nur frei lassen müssen, hätte nur mit ihrer Magie ins Reinen kommen müssen. Doch könnte sie sich selbst kontrollieren? Bei diesem zweifelhaften Gedanken schleichen sich die Worte der Prophezeiung wieder in ihr Gedächnis.

Frieden und Verderben werden eins sein mit dem Kind.

Für einen Moment scheinen die Worte Sinn zu ergeben, nur um dann für noch mehr Verwirrung zu sorgen. Wahrlich ihre Kräfte haben für Verderben gesorgt, doch im Moment sorgen sie doch für Frieden, oder? Aber das kann nicht mit dem Worten gemeint sein. Nein!

Und Der, der den Todesengel besitzt wird darüber entscheiden was auf die Welt hinabstürzt.

Wer würde sie besitzen? Wer besitzt sie jetzt? Ist sie nicht ihr eigener Herr? Frustriert über ihre Gedanken prustet sie laut Luft aus und zieht ihre Knie näher an ihren Körper. Was soll das alles nur bedeuten? Gedankenverloren betrachtet sie einfach nur den recht eindrucksvollen Anblick ihrer Umgebung. Ein hellblauer, leicht gräulicher Nebel ist im ganzen Raum und es wirkt, als würde er um sie einen Bogen machen. Die Glaskugeln leuchten wie kleine Kometen ebenfalls in einen bläulichen Ton, während sie so durch die Gegend schweben und leicht Kreise um sie ziehen. Die zerstörten Teile der Regale schweben wie Abfall im Weltall einfach bedeutungslos und ohne Ziel, während das Regal genau vor Jane sich keinen Zentimeter bewegt, so als wäre es in seiner Bewegung festgemeißelt.

Snape hatte im Moment ganz andere Gedanken, denn nachdem er den Orden und schließlich auch Dumbledore berichtet hat und sie ins Ministerium aufgebrochen sind, läuft er wie von der Tarantula gestochen durch seine Räumlichkeiten. Die Sorge um seine Tochter, sein Kind, sein Licht im Leben ist einfach zu groß. Er hasst es! Er hasst es nicht mit ins Ministerium zu können. Nicht bei seiner Tochter sein zu können. Doch er dürfte dort nicht auftauchen! Er müsse sich bei einem Kampf für eine Seite entscheiden. Das dürfe nicht passieren. Er hätte Jane aus Umbridge's dämlichen Büro zerren sollen! Was wenn ihr etwas zugestoßen ist? Sie ist stark, doch sie ist immer noch 16! Sie ist immer noch ein Kind. Sein Kind. Was ist wenn sie ihre Prophezeiung gefunden hat? Wie würde sie damit umgehen? Was wenn sie einen Anfall hat? Wenn sie jemanden verletzt? Das würde sie sich nicht verzeihen. Was wenn sie sich verletzt? Wenn sie ihre Gefühle nicht unter Kontrolle hat und sie wieder in Brand steckt oder schlimmeres? Wie solle er hier warten? Wie solle er es je verkraften, wenn sie nicht wieder kommt? Wenn er sie verliert, wie er Lily verloren hat? Lily hat sich für James entschieden, sie hat ihren Weg gewählt, doch Jane? Jane ist doch noch viel zu jung und naiv um zu verstehen was sie tut. Sie ist klug, stark und dickköpfig, doch viel zu sehr von ihren Gefühlen beherrscht. Die Sorge um sie wächst in Snape jede Sekunde mehr und er kann es einfach nicht mit sich vereinbaren weiter herum zu sitzen. Doch was wenn der dunkle Lord da ist? Wenn er verlangt gegen den Orden zu kämpfen? Seine Stelle als Spion ist zu wichtig im bevorstehenden Krieg.
Doch was wenn er Jane sieht? Wenn er ihre Macht, ihr Talent sieht? Bei dem Gedanken was passiert wenn der dunkle Lord seine Tochter entdeckt platzen Snape schließlich alle Synapsen der Vernunft und nur das Pflichtgefühl als Vater und die Sorge um sein Kind siegen. Eilig ergreift er seinen Zauberstab, welchen er aus Frust auf den Tisch knallte, und stürmt zum Kamin. Mit der Hand voll Flohpulver stellt er sich in diesen, wobei die lodernden Flammen erlöschen und seiner Gestalt Platz machen. „Ministerium", mit diesen Worten lässt er die schießpulverartige Masse fallen und geht in grünen Flammen über. In seinen Kopf nur das Bild seines einzigen Lichtblicks im Leben und die Schuld die ihn an der jetzigen Situation trifft. Wenn es sein muss würde er selbst gegen den dunklen Lord kämpfen und das zu schützen was er liebt.

Todesengel Onde histórias criam vida. Descubra agora