71. Kapitel - „Er will dich sehen"

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Unruhig tippt Jane auf der Lehne des verschlissenen Sessels herum. Das Wohnzimmer ist düster und durch das spärliche Licht was durch die Gardine scheint, kann sie den Staub im Zimmer umher fliegen sehen. In ihrer Hand hält sie ein Buch über dunkle Flüche, welche ihr ein weites Spektrum an Möglichkeiten gibt, Dumbledore unauffällig jedoch weniger schmerzfrei zu töten. Sie will es dem alten Mann so angenehm wie möglich machen, doch der Tod ist nunmal keine leichtfertige Sache und geht oft in wirklich dunkle Magie über. Draco hat ihr erzählt, dass er einen Met vergiftet hätte, welcher als Geschenk für Dumbledore gedacht ist, doch Jane bezweifelt dass Dumbledore diesen auch einfach so trinken würde. Langsam fragt sie sich, ob ein frontaler Todesfluch nicht doch die beste Lösung wäre, sogleich auch die schmerzfreiste. Sie würde sich nicht mehr ewig Zeit lassen können, denn selbst wenn Dumbledore noch etwas Zeit hat, Draco hat sie nicht.

Die Stimmung in den letzten Tagen ist unangenehm angespannt sowohl zwischen Draco und ihr, wie auch zwischen ihr und Potter. Potter hatte Jane seit dem Vorfall keine Beachtung mehr geschenkt. Und weder Draco noch Jane wissen nicht so recht, wie sie sich jetzt zu dem Anderen verhalten sollen, denn seit dem Kuss auf den Astronomieturm gab es keine weiteren Annäherung mehr. Es behagt Draco eindeutig nicht, Jane in die ganze Sache mit hineinzuziehen, auch wenn sie schon tiefer drin steckt, als die Beiden selber wissen.

Und jetzt sitzt sie hier. Im tristen Spinner End's, in ihrem düsteren Familienhaus und wartet angespannt auf die Rückkehr ihres Vaters, welcher schon vor gefühlt etlichen Stunden mit einem schmerzhaften Zischen seine Todesserrobe übergeworfen hat, und schließlich aus dem Haus gestürmt ist.

Bei diesen Gedanken seufzt Jane resigniert. Es gab eindeutige schönere Weihnachtstage. Auch wenn sie nie von großem Belangen waren.

Das laute Knallen der Haustür lässt die junge Slytherin aufschrecken und mit geweiteten Augen betrachtet sie ihren Vater, welcher überseht mit Blauenflecken ist und ein schmerzhaftes Zucken aufweist. Jane weiß welcher Zauber dieses Zucken auslöst und ohne weitere Umschweife steht sie auch schon auf und holt eine Heil -und Wärmesalbe aus dem Labor. Als sie wiederkommt steht ihr Vater noch immer ungerührt in der Wohnzimmertür und blickt sie mit leeren Augen an. Sein Gesicht ist eingefallen und ausdruckslos und Jane weiß genau das etwas nicht stimmt.

Der dunkle Lord würde ihren Vater nicht foltern, wenn er nicht übermäßig stark über etwas erzürnt ist und Jane hat die beunruhigende Vermutung, dass dieser Zorn dieses Mal allein ihren Vater gewidmet war.

Vorsichtig tritt Jane an Severus heran und betrachtet besorgt sein Gesicht. Sie will ihm gerade eine, vor sein Gesicht gefallene, Haarsträhne zur Seite schieben, als er blitzschnell ihr Handgelenk ergriffen hat und sie abhält. Erschrocken keucht Jane leise auf und blickt ihren Vater verstört an.

Severus's Stimme ist nicht wie sonst ölig und schnarrend, sondern kratzig, rau und brüchig. Es fällt ihm schwer sich nicht einfach zu übergeben und hier und jetzt auf den Boden zusammenzusacken, dabei weiß er nicht mal so genau ob es an der stundenlangen Folter liegt oder an der Forderung des dunklen Lords.

„Er will dich sehen", krächzt er schwerschluckend, während seine zittrige Hand ihr Gelenk nun etwas sanfter umfasst. Nur langsam senkt Jane wieder ihre Hand, während die Information allmählich in ihren Kopf zu sickern scheint.

„Wo?", sie versucht ihre Stimme monoton klingen zulassen, doch bekommt sie kaum mehr als Krächzen hervor.

„Malfoy Manor". Jane will sich gerade an ihrem Vater vorbeischieben, als dieser sie an ihrem Handgelenk zurück hält. „Ich kann dich nicht gehen lassen", flüstert er leise.
Sein Miene ist nun nicht mehr ausdruckslos, sondern scheint ihr gequält entgegen. Sie kann den inneren Kampf in seinen Augen sehen, was ihr fast mehr das Herz zerreißt als die Angst IHM gleich gegenüber stehen zu müssen. Er würde sie nicht gehen lassen, selbst wenn es seinen Tod und die Niederlage im Krieg bedeuten würde.

Sanft streicht sie ihn nun doch die Strähne aus dem Gesicht und platziert ihre Hand vorsichtig an seiner geschwollenen Wange. „Schon gut", flüstert sie leise, „Setzt dich einen Moment. Ich mach dir einen Tee und hol noch ein paar Schmerztränke". Es dauert eine Weile bis Severus sich aus seiner Starre reißt und ihrer Aufforderung schließlich nachkommt. Verzweifelt rauft er sich die Haare nicht wissend was er tun soll. Er wird sie rekrutieren oder töten. Er wird sein einziges Licht im Leben verlieren. Er wird allein sein und der Schmerz wird ihn umbringen. Ganz langsam von innen heraus. Es wäre schmerzvoller als jede Folter des dunklen Lords, schmerzvoller als Lily's Tod es war.

Zögernd wagt er es sich seiner Tochter, welche sich vor ihn gekniet hat, in die Augen zu blicken. Er hat sich in all den Jahren noch nie so machtlos gefühlt, und dabei war es doch von Anfang an klar, dass es irgendwann soweit sein würde.

Mit einem traurigen Blick reicht Jane ihren Vater eine kleine grünlich schimmernde Phiole, welche er ohne großes Zögern ergreift und hinunterwürgt. Gleich darauf reicht sie ihn ein Glas Wasser um den abscheulichen Geschmack des Schmerztrankes hinunterzuspülen. Auch dieses ergreift er zitternd und trinkt es in wenigen Zügen leer.

Die Kette um ihren Hals wirkt so leer ohne den vorher daran befestigten Anhänger und das Klirren von zerspringendem Glas bestätigt die Wirkung der kleinen Nachtriegelperle. Die Zwillinge haben nicht gelogen. Die Perle hat ihren Vater schneller umgehauen, als jeder Schlaftrank es je konnte, zumal er diesen ohne Probleme erkannt hätte. Sanft drückt sie den erschlafften Körper ihres Vaters in den Sessel und drückt ihn einen Kuss auf die Stirn.

Er wird sauer sein wenn er aufwacht und sicher vor Sorgen
sterben, doch insgeheim wird er wissen, dass sie das Richtige tut. Es steht zu viel auf den Spiel um jetzt einen Rückzieher zu machen. Er hat zuviel geopfert, als dass er es jetzt für sie einfach wegwerfen dürfte.

Mit diesen Gedanken erhebt sie sich und mit einem letzten entschuldigenden Blick auf ihren Vater und der kleinen grauen Glaskugel in ihrer Tasche, verlässt sie schließlich das kleine Haus in Spinner End's und appariert geradewegs zu dem anmutigen Manor der Nobelfamilie Malfoy.

Todesengel Where stories live. Discover now