93. Kapitel - Anhaltendes Elend

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Jane's Lippe blutet mittlerweile, da sie jetzt schon seit mindestens 20 Minuten auf ihr herum kaut. Sie fühlt sich wund an und sie schmeckt das Blut, wenn sie sich mit ihrer Zunge über die zerbissenen Stellen fährt, doch fällt es ihr in ihren gegenwertigen Geisteszustand sowie so kaum auf. Die letzten Wochen waren für Jane schrecklich und ermüdend. Grob gesagt die Hölle. Ihr Vater ist auf seinem absoluten Tiefpunkt was seine Stimmung angeht. Wenn er nicht gerade irgendetwas aus Frustration und Wut zerstört, dann macht er sich eben an seiner Tochter Luft. Immer wieder schreit er sie an, pampt sie schlimmer an als jeden seiner Schüler oder er ignoriert ihre Anwesenheit einfach komplett. Jane hat das alles bis jetzt stumm über sich ergehen lassen. Sie weiß, dass es sich im Grunde genommen nicht gegen sie richtet. Sie ist nun mal ein Opfer der Umstände. Sie macht ihm keine Vorwürfe, sie weiß dass er das schon selbst mehr als reichlich tut und auch wenn das viele vielleicht anders sehen, aber ihr Vater ist auch nur ein Mensch. Wahrlich kein einfacher, doch er empfindet ebenso wie jeder andere und vor allem empfindet er Reue, Hass, Wut und Angst, auch wenn man ihm das Letztere am wenigstens zuschreiben würde. Doch Jane weiß es nun mal besser.

Nun ist es still im Haus. Ihr Vater ist mal wieder irgendwo hin verschwunden, was für Jane bedeutet endlich zu verschnaufen. Er sagt ihr nicht wohin er geht und fragen traut sie sich nicht mehr, nachdem er sie ein inquisitives Elend genannt hat. Normalerweise wäre das die Art Ausdruck die er benutzt um sie zu ärgern. Seine Art von verschobenem Humor, welchen die beiden teilen, doch er hat es ihr derart zynisch und gereizt entgegen gespuckt, dass sie mit gesenkten Kopf geradewegs zurück in ihr Zimmer gegangen ist und auch den restlichen Tag dort geblieben ist. Natürlich entschuldigt sich Severus auch hin und wieder eher spärlich für seine schroffe Art. Entweder das oder er schweigt das Thema einfach tot und tut so als wäre nie etwas gewesen. Das fällt ihm sowie so zuhauf leichter, da die Gespräche die die zweiköpfige Familie führt täglich abnimmt und sich mittlerweile auf den Stand 1-0 hält.

Jane sitzt etwas zittrig in ihrem Zimmer und versucht zu stricken. Eine Hexe namens Inea hat es ihr beigebracht als sie bei ihr war. Sie meinte es sei gut um Nerven zu beruhigen und einen freien Kopf zu bekommen, doch davon merkt Jane reichlich wenig. Bevor ihr Vater mal wieder aufgebrochen ist, hatten sie sich gestritten. Wobei dieser Streit mal wieder sehr einseitig verlaufen ist. Jane hat ihn doch recht kleinlaut gefragt, ob sie nicht zu Draco könnte. Sie hat ihm seit ihrer Flucht nicht mehr gesehen und sie weiß, dass er es im Malfoy Manor alles andere als angenehm hat, mit Voldemort im Anwesen. Doch Severus war natürlich alles andere als aus dem Häuschen wegen dieser Idee. Genau genommen hat er ihr verboten das Haus zu verlassen. Er hat sie mal wieder angeschrien, sie naiv und egoistisch genannt. Vorwürfe an die sich Jane gewöhnt hat, soweit man sich an so etwas gewöhnen kann. Als er sie jedoch als Ursache seiner momentanen Probleme betitelte und ihr wortwörtlich sagte „Ohne sie wäre alles so viel einfacher", riss irgendwas in ihr drin. Ihr dunkles Mal pulsierte und die leise zischende Stimme in ihrem Kopf sagte ihr, sie solle ihm lieber zeigen, welche Probleme sie ihm gleich wirklich bereiten könnte, doch all das wurde von einer tiefen Trauer und Betroffenheit überschattet. Es war das selbe Gefühl wie jenes, welches sie empfunden hat als Severus sie geohrfeigt hat. Das Gefühl eine Enttäuschung zu sein, das selbst ihr Vater sie nicht lieben könnte und das sie eine Abnormalität ist. Das Gefühl als wäre sie das Böse auf der Welt, ein Monster oder eine grauenhafte Krankheit, eine Seuche oder Pest, welche den Menschen denen sie nahe steht alles Gute raubt. Dieses Gefühl war dieses Mal so intensiv, dass Jane wirklich das Gefühl hatte als würde sie sterben. Als hätte ihr Herz aufgehört zu schlagen. Und so stand sie wie vom Donner gerührt immer noch am Fuße der Treppe und sah ihn wie versteinert an, bis das laute Knallen der Tür, welches Severus hinterlassen hatte, sie aus ihrer Starre holte. Eilig ist sie nach oben gerannt und hat sich auf ihr Bett geworfen. Jane weinte, schrie in ihr Kissen und jammerte wie ein kleines Kind. Die Bücher aus ihrem Regalen, Vasen und Phiolen fielen zu Boden, doch Jane blieb gefangen in ihrem Elend. Ideen schossen ihr in den Kopf, dumme Ideen. Ideen die davon sprachen einfach abzuhauen, irgendwo anders hin wo niemand sie je finden würde, ein Leben in Isolation, so wie jemand wie sie es verdient hat. Doch sie verwarf diese Idee schnell wieder. Sie kann nicht flüchten, vor so etwas kann man nicht davon rennen, dafür wäre die Welt wohl zu klein. Ein anderer Gedanke wäre alles zu beenden. Es wäre ja nicht das erste Mal das sie über Suizid nachdenkt. Es wäre schließlich eine Erleichterung für alle oder nicht? Jane weiß dass sie diesen Krieg nicht überleben kann, am Ende jeder Geschichte stirbt doch schließlich immer das Monster. Doch im Grunde war dieser Gedanke ebenso egoistisch wie naiv. Niemanden würde es etwas bringen außer ihr selbst. Ihr Vater müsste schließlich dem dunklen Lord ihr Ableben erklären.

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