77. Kapitel - Sie könnte es tun!

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Ruß bedeckt und voller Dreck und Asche taucht Jane schließlich wieder in dem kleinen düsteren Industriegelände auf. Ihr Aussehen passt zum ersten Mal in ihrem Leben wirklich zu dieser Umgebung. Selbst ihr Umhang riecht so verschmutzt und Kohlendioxid versetzt wie die Luft in Spinner End's. Aus kalten grauen Augen blickt sie die backsteinversetze Straße entlang und fragt sich wie sie sich wohl fühlen würde wenn ihr Zuhause abbrennen würde. Wenn dieser schäbige Ort in Flammen stehen würde und all seine Erinnerung mit ihm.
Und Jane kommt zu einer Erkenntnis: Es würde ihr rein gar nichts ausmachen. Sie würde den Flammen zusehen und rein gar nichts fühlen. Sie würde kein Bedauern fühlen. Es würde ihr nicht die Luft abschnüren. Würde sie nicht mal zum weinen bringen.

Jane blickt zu dem ebenso schäbigen Gebäude zwei Häuser von ihren entfernt. Seit Scott's verkorkster Trunkenbold-Vater dort drin verstorben ist wollte es keiner mehr kaufen. Wohl kaum jemand, egal wie verzweifelt, würde hier wohl ein Haus kaufen wollen und Jane würde es nichts ausmachen all die anderen Häuser auf dieser Straße gleich mit brennen zu sehen. Es würde sie nicht quälen, nicht so wie der Anblick des Fuchsbaus.

Als hätte sie die alte Schreckschraube von nebenan gerochen, zieht sie auch schon missmutig die Gardine vom Fenster und blickt sie sofort finster an. Jane erwidert ihren Blick und umso länger sie die garstige alte Frau ansieht, umso finsterer wird ihr Blick. Sie hätte es verdient! All das Muggelgesindel hier in Spinner End's hätten es verdient, das man ihr Zuhause niederfackelt. Während sie sich ein böses Wettstaren liefern kommt Jane der Gedanke, dass sie es tun könnte. Es wäre ihr ein leichtes das Haus in Flammen aufgehen zu lassen.
Ihr dunkles Mal scheint an ihrem linken Unterarm förmlich zu pulsieren bei den Gedanken. Als würde es sie anfeuern wollen, sie in ihrem Vorhaben bestärken.
Die alte Frau sieht jetzt schon fast erschrocken aus während sie mit kalkweißem Gesicht Jane starr entgegen blickt. Doch Jane's Miene wird von Sekunde nur noch finsterer, selbst ihre Augen nehmen zunehmend einen dunkleren Ton an. Sie könnte es tun! Sie hätte es verdient! Es wäre so einfach, sie muss es einfach nur tun!

"Jane?!", ertönt eine tiefe Stimme vor ihr und lässt sie sich wieder zur Haustür wenden. Severus hat die Stirn gerunzelt und blickt misstrauisch auf sie herab. Sein blick liegt weniger auf ihrer verdreckten Kleidung, sondern auf ihrer verkrampften Hand, aus welcher schon Funken und eine Stichflamme lodert. Irritiert folgt Jane seinem Blick und bemerkt erst jetzt was sie da eigentlich gerade tut. Was sie gerade im Begriff war zu tun. Erschrocken schüttelt sie die Flammen von ihrer Hand und blickt auf ihre Handfläche, welche tatsächlich völlig unbeschadet ist. Ihr Herz rast und ihr Atem geht stockend als sie zurück zu alten Frau sieht, welche hastig die Gardiene wieder vor das Fenster schiebt und wahrscheinlich drauf und dran ist die Muggelpolizei wegen Brandstiftung zu rufen. Als ob die kommen würden...

Als Jane sich wieder ihren Vater zuwendet, steht in seinem Gesicht nun deutliches Bedenken und Sorge, bevor er sich langsam ihr nähert. Doch dann stoppt er in seiner Bewegung und hält ihr die Tür ein Stückweit auf und macht eine knappe Kopfbewegung.

"Geh ins Haus!", Jane vermag seinen Ton nicht zu deuten. Er hat nichts sanftes aber auch nichts herrisches. Und selbst wenn sie sich jetzt bewegen wollte, sie kann sich keinen Zentimeter rühren. Ihr Mal pulsiert mit einer unbedingen Hitze unter ihrer Haut, als würde es leben. Als würde es sie weiter anzetteln wollen alles hier in Brand zu setzen. Es fühlt sich nicht mehr an, als würde ihre Magie gegeneinander arbeiten, sondern zusammen. Nicht miteinander verbunden, aber doch als Team. So als hätte ihre Tat dazu geführt, das ihre Magie sich für einen Weg entschieden hat, entschieden für Zerstörung und Verderben. Einige Tränen kullern ihre Wange entlang als sie zu dieser Erkenntnis kommt. Als sie vor Augen hat wie sie den Fuchsbau in die Luft jagt. Den Weasley's alles an Zuhause nimmt was sie hatten. Ihr ganzer Körper zittert, als würde sie in Eis baden, doch er fühlt sich an als würde er in Flammen stehen. Als wäre sie immer noch im Haus. Es schnürrt ihr die Luft ab, als würde sie noch immer den Rauch einatmen.

"Jane", kommt es nun sanfter von Severus und Jane hebt den Blick, als sie bemerkt das er mittlerweile genau vor ihr steht. "Wir- ich- ich-...", japst sie mit tränenerstickter Stimme und versucht vergeblich etwas an Luft zu kommen. Vorsichitg legt Severus seine Hände auf ihre Schultern, welche durch ihr verzweifeltes Schluchzen beben. "Schon gut", flüstert er sanft und blendet die Tatsache, das sie auf offener Straße stehen völlig aus.

Es ist mittlerweile dunkel und das spärliche Licht der Laternen lässt sie nur noch schemenhaft wirken. Ohne Frage haben sich sicher ein paar neugierige Augen auf sie gelegt, aber auf die Muggel hier kann Severus pfeiffen. Beruhigend streicht er seiner Tochter die Arme auf und ab, während er ihr tränenverschleiertes Gesicht mustert und versucht zu verstehen, was sie ihm sagen will.

"Ich- ich- hab den F-Fuchs...- Fuchsbau niedergebrannt", schluchzt sie weiter während sie die Augen festverschlossen hat. Severus hat sich schon gedacht, dass der dunkle Lord sie nicht aus Spaß gerufen hat und ihm ist ihr mit Ruß und Dreck bedeckter Körper nicht entgangen, aber das sie Weasley's Zuhause zerstört hat liegt selbst ihm schwer im Magen. Fest drückt er sie nun an seine Brust und streicht über ihren Rücken.

"Ich war plötzlich so wütend...", schluchzt Jane, "das- das Mal... ich- ich wollte das Haus-...", ihre Stimme versagt unter ihren Tränen, aber sie musste auch nicht weiter sprechen. Severus hat es gesehen. Hat die Flammen in ihrer Hand gesehen, ihren finsteren Blick und ihre tiefschwarzen Augen. Er hatte so lange auf sie gewartet und sie gesehen. Ihre leeren Augen und ihre plötzliche Wut. Diesen Umschwung und ihr linker Arm der sich verkrampft. Das dunkle Mal macht etwas mit ihr und er muss dringend Albus dazu befragen!

Sanft schiebt er seine Tochter von sich und wischt ihr einige Tränen aus dem Gesicht. Vergeblich, denn er werden nicht gerade weniger. "Ist schon gut, alles ist gut", redet er ihr beruhigend zu, doch Jane schüttelt nur hysterisch mit dem Kopf und kneift die Augen weiter zusammen. Sie will die Bilder nicht sehen. Will den Fuchsbau nicht brennen sehen. Will nicht die gequälten Gesichter der Weasley's sehen.
Nichts ist gut! Nichts wird je wieder gut sein!

Nach noch unzähligen weiteren Versuchen seine Tochter zu beruhigen gibt es Severus schließlich auf und greift mit einem Arm um ihr Schulter und mit den anderen unter ihre Kniekehle. Ohne Widerstand lässt sich Jane von ihm hochheben und ins Haus tragen, während sie weiter gegen seine Schulter schluchzt. Severus hat sie noch nie so aufgelöst gesehen und er vermutet das es nicht nur an der Aufgabe des dunklen Lords liegt. Selbst bei Scott's Tod war es nicht so schlimm. Nach einer Weile hatte sie nur noch stumm dagessesen und in die Leere gestarrt. Er weiß nicht wie es die folgenen Tage war, denn sie hatte sich in ihr Zimmer zurückgezogen. Doch dieser Gefühlsausbruch ist mehr als neu für ihn.

Langsam lässt er sich auf ihrem Bett nieder und hält sie weiter in seinen Armen. Sie würde sich wohl erst von ihm lösen wenn sie eingeschlafen ist und er würde sie wohl kaum eher allein lassen. Doch zu seiner Beruhigung scheint sie mehr als nur erschöpft zu sein, denn schnell  wird ihr Atem flacher und auch ihren Herzschlag kann er irgendwann ruhiger gegen ihre Brust schlagen spüren. Bis sich schließlich auch die verkrampften Finger von seiner Robe lösen und der zierliche Körper seiner Tochter schlaf in seinen Armen liegt.

Todesengel Where stories live. Discover now