𝐊𝐀𝐏𝐈𝐓𝐄𝐋 𝟓𝟔

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"Sehen Sie das, meine Herren? Sehen Sie das?! Ist das nicht aufregend? Sehen Sie ganz genau hin! Das ist ein wahrhaftiges Spektakel! Einfach unglaublich!" rief der Professor mit vor Begeisterung bebender Stimme

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"Sehen Sie das, meine Herren? Sehen Sie das?! Ist das nicht aufregend? Sehen Sie ganz genau hin! Das ist ein wahrhaftiges Spektakel! Einfach unglaublich!" rief der Professor mit vor Begeisterung bebender Stimme. 

Ganz unrecht hatte er damit nicht, das hier war unglaublich, nur leider nicht im guten Sinne.

Es war unglaublich schrecklich, unglaublich grausam und unglaublich falsch. 

Hätte man mir in diesem Moment einen Wunsch freigestellt, ganz egal was, ich hätte mir gewünscht, dass es ein Ende nehmen würde.

Denn kaum etwas, was ich bis jetzt mit ihm in meinem Leben erlebt hatte, war so schlimm wie das hier. Das waren keine Kabbeleien zwischen Freunden, bei denen man sich spielerisch gegen den Arm boxte und auch keine kleine Streiterei, bei der man seinem Gegenüber eins überzog. 

Wir hatten die Absicht einander ernsthaft zu verletzen, obwohl uns eigentlich nichts auf der Welt je ferner gelegen hatte. 

"Sehen Sie?!" wisperte der Professor mit großen Augen und beugte sich so weit nach vorne, dass seine Nase beinahe die Scheibe berührte. 

Ein winziger Seitenblick genügte, um ihm anzusehen, dass er noch lange nicht genug hatte. Für ihn hatte der Spaß gerade erst begonnen und die Tatsache, dass er uns beiden hiermit unfassbar viel abverlangte, schien ihm beinahe noch mehr zu gefallen als der Kampf selbst. 

Denn sein Blick war nicht etwa auf die metallene Hand meines besten Freundes gerichtet, die mich langsam immer weiter an die Wand drückte, sondern auf unsere vor Verzweiflung und Angst verzogenen Gesichter. 

Ja, wir hatten Angst, das war gar keine Frage. 

Wir hatten unfassbare Angst davor, den jeweils anderen durch diesen Zwang so sehr zu verletzten, dass es nicht mehr wiedergutzumachen war. 

Denn das würde er sich niemals verzeihen und ich mir auch nicht, soviel war sicher. 

Was um alles in der Welt sollte ich also tun? 

Mich nicht nur auf Befehl hin wehren, sondern wirklich anfangen, gegen seinen Griff anzukämpfen und ihm damit womöglich schaden? 

Versuchen mich zurückzuhalten und zulassen, dass er mir vielleicht weh tat oder schlimmeres? 

Ich wusste es nicht, aber ich hatte auch nicht wirklich Zeit darüber nachzudenken, denn schon im nächsten Moment hatte er mich so weit zurückgedrängt, dass mein Körper unsanft mit der Wand Bekanntschaft machte. 

Und noch ehe ich es irgendwie verhindern konnte, schloss sich seine silberne Hand auf einmal um meinen Hals und schnürte mir die Luft ab. 

Es war schwer zu sagen, wer in diesem Moment entsetzter dreinblickte, Bucky oder ich, aber sicher war, dass wir beide in Panik gerieten. 

Ich, weil ich gerade wieder drauf und dran war, zu ersticken und er, weil er es war, der mir das antat. 

Um ehrlich zu sein hatte ich den überblick verloren, wie oft in meinem Leben ich jetzt schon nach Atem gerungen hatte, meine Lungen angefangen hatten zu brennen, mein Körper sich verkrampfte und ganz automatisch um sich schlug, weil ich keine Luft mehr bekam. 

Viel zu oft schon, das war klar. 

Und obwohl ich inzwischen eigentlich wissen sollte, wie es sich anfühlte und besser damit umgehen müsste, schaffte ich es nicht einen klaren Gedanken zu fassen und etwas anderes zu tun, als vollkommen wirr nach allem und jedem in näherer Umgebung zu treten und auszuschlagen. 

Es wurde einfach von Mal zu Mal schrecklicher. 

"E-es t-tut mir leid...i-ich kann n-nicht..." vernahm ich die undeutliche Stimme von Bucky, der mit einem solchen Selbsthass in den Augen zu mir herabblickte, dass sich zu allem Überdruss auch noch mein Herz zusammenzog. 

So viele Gefühle hatte ich in all den Jahren, in denen ich ihn kannte, schon in seinem Gesicht aufblitzen sehen. Wut, Verzweiflung, Trauer, Schmerz, Freude, Sorglosigkeit, Glück und Unsicherheit, aber eine solche Abscheu vor sich selbst noch nie und es gefiel mir ganz und gar nicht. 

Es machte mich verrückt, weil er verdammt nochmal nichts dafür konnte und ihm das genau so bewusst sein müsste wie mir.  

Er hatte sich nicht dazu entschieden. Er wollte es nicht, er hatte es nie gewollt und er machte sich Vorwürfe, weil er es dennoch tat. 

"Professor, d-denken sie nicht, dass... dass es genug ist?" fragte eine zaghafte Stimme und einer der Männer wandte sich von uns ab, um den kleinen Mann anzusehen, der uns mit gebannter Mine beobachtete.  

"Nein! Nein, nur noch ein wenig! Sehen Sie das nicht? Das ist der Moment der Wahrheit, was wird überwiegen? Was wird stärker sein? Mein Befehl oder seine Gefühle dem Mädchen gegenüber?" flüsterte der Professor geistesabwesend. 

Der Mann zu seiner Seite warf einen beunruhigten Blick in unsere Richtung. 

"Er... er wird sie umbringen... er wird sie erwürgen! Sehen Sie  das nicht? Sie haben es ihm befohlen und er tut es..." 

"Ja, ist das nicht faszinierend?" säuselte der Professor. 

"Nein! Nein ist es nicht! Er ist gerade dabei eine unserer besten Waffen zu töten... Sie müssen das beenden! Sofort!" verlangte der Mann, doch er erntete nichts weiter als ein winziges Kopfschütteln. 

"Noch nicht... noch ein wenig..." murmelte der kleine Mann in dem Kittel wie hypnotisiert. "Nur noch ein wenig..." 

Fahrig tastete ich nach der kalten Hand, die mir die Luft zum Atmen nahm, klammerte mich daran und versuchte mit aller Kraft, sie von meinem Hals zu reißen, doch ich konnte es einfach nicht mit ihrer eisernen Stärke aufnehmen. 

Mein bester Freund war gerade drauf und dran, das zu vollbringen, was weder der reißende Fluss noch die gläserne Kapsel geschafft hatten. 

Er war gerade drauf und dran, mir das Leben zu nehmen, indem er mich erstickte. 

"Bitte! AUFHÖREN, BITTE! Bitte, hören Sie auf!" brüllte er und sah mit glasigen Augen zu dem Professor, der immer noch keinen Finger zu rühren schien, um das hier zu stoppen. 

"Sagen Sie... sagen Sie, dass ich aufhören soll! BITTE! Bitte, sagen Sie es!" 

Erst einmal hatte ich ihn so verzweifelt flehen hören, erst ein einziges mal. 

Es schien schon eine Ewigkeit her zu sein. 

Es war vor dem brennenden Hydragebäude gewesen. 

Auf dem Platz, auf dem ich beinahe gestorben wäre und er, genau wie jetzt, mit Tränen in den Augen hatte zusehen müssen und nichts hatte tun können, um es zu verhindern. 

"BITTE!" seine Stimme brach weg und als der Professor ihm weiterhin keinerlei Beachtung schenkte, sah er wieder zu mir. 

In seinem Blick lag so viel Schmerz und Verzweiflung, dass ich ihm am liebsten gesagt hätte, es wäre nur halb so schlimm, doch das wäre gelogen gewesen. 

Und es ging nicht. Ich hatte keine Luft mehr, um die Worte über die Lippen zu bringen oder auch nur einen Moment länger an seinem unnachgiebigen Griff zu zerren. 

Ich gab auf.

"BITTE! SAGEN SIE ES! BITTE!"

Ich konnte nicht mehr. 

"Gleich... gleich..."

Ich hatte kein Kraft mehr, um mich zu wehren. 

"SAGEN SIE ES, VERDAMMT! BITTE! SAGEN SIE ES!"

"Nur noch einen Moment..." 

Und gerade als ich dachte wieder in der überwältigenden Schwärze zu versinken, die um mich herum waberte und mit dem süßen Versprechen auf Vergessen lockte, geschah es. 

Sein Griff lockerte sich. 

Nur ein winziges Stückchen, kaum merklich und für keinen anderen sichtbar. 

Doch es reichte aus, um meine Lungen mit Luft zu füllen... 


𝐊𝐚𝐫𝐞 𝐭𝐡𝐚𝐧 𝐟𝐫𝐢𝐞𝐧𝐝𝐬 || 𝐛𝐮𝐜𝐀𝐲 𝐟𝐟Opowieści tętniące ÅŒyciem. Odkryj je teraz