𝐊𝐀𝐏𝐈𝐓𝐄𝐋 𝟑𝟒

2.9K 207 5
                                    

"Sehen sie, meine Herren? Sehen sie, was uns das für Möglichkeiten eröffnet? Niemand wird es mehr wagen, Hydra anzuzweifeln! Niemand wird es mehr wagen, sich Hydra in den Weg zu stellen!" rief der Professor mit funkelnden Augen

Oops! This image does not follow our content guidelines. To continue publishing, please remove it or upload a different image.

"Sehen sie, meine Herren? Sehen sie, was uns das für Möglichkeiten eröffnet? Niemand wird es mehr wagen, Hydra anzuzweifeln! Niemand wird es mehr wagen, sich Hydra in den Weg zu stellen!" rief der Professor mit funkelnden Augen. 

Mit versteinerter Mine trat ich einen Schritt nach hinten und damit weg von der zusammengesunkenen Gestalt am Boden. 

In meinem Kopf wirbelten die Gedanken so schnell umher, dass mir schwindelig wurde. 

Wortfetzen und Sätze, die keinen Sinn ergaben. Ziele und Absichten, die ich teilen sollte und die sich trotzdem so schrecklich falsch anhörten. Gefühle, die mich verwirrten. Erinnerungen, die zum Greifen nah waren und sich trotzdem nicht fassen ließen. 

Und dieser Zwang. 

Dieser Zwang, gerade stehen zu bleiben, keine Gefühlsregungen nach außen dringen zu lassen und die Stärke zu bewahren, die mir geschenkt worden war. Ich durfte mir dieses Chaos in meinem Kopf auf keinen Fall anmerken lassen, ich sollte es einfach abschalten, die Gedanken abschütteln und wegsperren! 

Aber das ging nicht. 

Es gab keinen Knopf, den ich drücken konnte, um diesen Sturm versiegen zu lassen. Ich konnte nicht einfach aufhören darüber nachzudenken, was der Professor damit gemeint hatte, als er sagte, er hätte uns die Vergangenheit genommen und uns vergessen lassen, auf welcher Seite wir einst gekämpft hatten... 

Was hatte er damit gemeint? Auf welcher Seite sollten wir einst gekämpft haben? Und warum? Warum hätten wir jemals für jemand anderen kämpfen sollen als Hydra? Hydra war gut, sie taten gute Dinge, sie versuchten, Ordnung in die Welt zu bringen, sie versuchten, Kriege zu beenden, sie waren die Guten! Also warum hätte ich, warum hätten wir, nicht für sie kämpfen sollen, sondern für die Anderen, die Bösen? 

Ich wagte einen kurzen Blick auf den Mann, der neben mir stand und mit einem undefinierbaren Ausdruck in den Augen auf den Jungen hinab starrte, um dessen Kehle sich seine Hand bis gerade eben noch geschlossen hatte und auf dessen Hals sich nun dunkle Würgemale abzeichneten. 

War das Reue in seinem Blick? Oder Schuld? Ich wusste es nicht, denn kaum hatte er meinen Blick bemerkt, verschwand der Ausdruck in seinen Augen und machte dem kalten, unnahbaren Platz. 

Er vermied es jedoch, zu mir hinüber zu sehen, vielleicht aus Angst, wieder dieses seltsame Gefühl zu verspüren, das sich jedes Mal in mir ausbreitete, kaum dass ich ihn sah. 

Es war, als hätte ich etwas vergessen, das ich nie hatte vergessen wollen, etwas Wichtiges, etwas sehr Wichtiges, das nun fehlte und eine dumpfe Leere hinterließ. 

"Soldat?!" mit einem Ruck drehten wir uns beide um und starrten abwartend zu dem Professor hinab, der mit einem breiten Lächeln zu uns hinüber blickte und sich dabei in die Brust warf. 

Zu meiner Verwunderung war jegliche Art von Zweifel aus den Gesichtern der Umstehenden gewichen und selbst die, die vorhin noch Bedenken gehabt zu haben schienen, wirkten nun nicht mehr so, als würden sie sich trauen, Einspruch zu erheben, geschweige denn auch nur den Mund zu öffnen, um etwas zu sagen. 

Eher so, als hätten sie Angst vor dem, was ihnen widerfahren würde, sollten sie auch nur eine falsche Bewegung machen. 

Allesamt starrten nur den kleinen Professor an, als warteten sie, genau wie ich, auf seinen nächsten Befehl, nur dass sie alle eine Mischung aus Unbehagen und Ehrfurcht auf den Gesichtern geschrieben hatten. 

Nicht so wie ich, ich hatte eine gleichgültige, beinahe gelangweilte Mine aufgesetzt, um die Emotionen in meinem Inneren zu verbergen. 

"Das, meine Freunde, ist der Beginn eines neuen Zeitalters! Ein Zeitalter, in dem wir das Sagen haben! Niemand wird ihnen gewachsen sein, sie sind unsere Supersoldaten, unsere Waffen, sie sind es, die uns jeden und alles aus dem Weg räumen werden, das sich uns zu widersetzten wagt!" schnurrte der Professor und zustimmendes Gemurmel ertönte. 

Und obwohl ich wusste, dass Hydra doch eigentlich gut war, dass sie für das Gute in dieser Welt standen, so hörten sich diese Worte doch beunruhigend böse und machtgierig an. 

Wieder wanderten meine Augen zu dem Metallarmigen zu meiner Seite, als erwartete ich von ihm die Bestätigung dafür, dass das unbehagliche Gefühl in meiner Magengegend zutraf und er es auch verspürte, doch er hatte seinen Blick stur auf den Professor gerichtet. 

"Soldat?!" wieder spannte ich mich bei diesen Worten an und die Bedenken waren innerhalb von Sekundenbruchteilen wie weggewischt. Ich wusste nur noch, dass ich alles tun musste, alles tun wollte, was er mir gleich befahl. 

"Geht zurück in eure... eure Quartiere!" verlangte er und vor meinem inneren Auge tauchte das Bild des metallenen Tisches auf, mit den ledernen Riemen und der merkwürdigen, helmartigen Konstruktion auf. 

Etwas in mir wollte sich gegen den Befehl sträuben, denn ich wollte nicht in diesen kalten, trostlosen Raum zurückkehren, doch meine Beine hatten sich ganz von selbst in Bewegung gesetzt und mit dem Mann auf den Fersen verließ ich den Raum. 

Da war er wieder, dieser Zwang genau das zu tun, was der Professor verlangte. Ich konnte mich nicht dagegen wehren, ich schaffte es nicht meine Füße zum Anhalten zu bewegen oder die Richtung zu ändern, ich steuerte einfach durch die grell beleuchteten Korridore auf den Raum zu, in dem irgendetwas ganz Grauenhaftes geschehen war. 

Ich wusste nicht was, aber ich wusste, dass da etwas gewesen war, vor dem ich mich beinahe schon fürchtete. 

Doch bevor wir in den letzten Gang einbogen und die Tür des Raumes, in den ich zurückkehren sollte in Sicht war, schloss sich plötzlich eine Hand um meinen Oberarm und jemand drückte mich gegen die kühle, steinerne Wand. 

Augenblicklich ballte ich die Hand zu Faust, um demjenigen, der mich so kräftig festhielt, dass jeder normale Mensch vor Schmerz aufgequiekt hätte, eine zu verpassen, doch da wurde meine Hand von kaltem Metall abgefangen und neben meinen Kopf gedrückt. 

"Was soll das?" knurrte ich den Mann mit den grau-blauen Augen an, der sich nun schwer atmend zurücklehnte, als würde es ihn körperliche Anstrengung kosten sich den Befehlen zu widersetzten, die wir bekommen hatten und stattdessen etwas vollkommen Anderes zu tun. 

"W-wer..." stieß er hervor und verzog das Gesicht, als versuchte er die Gedanken und Gefühle abzuschütteln, die sich in seinen Zügen widerspiegelten. 

"Wer bist du?" fragte er und sein Griff wurde noch stärker, sodass sogar ich es als unangenehm empfand und versuchte daraus zu entkommen, doch mit seinem metallenen Arm war er einfach zu stark als dass ich mich hätte losreißen können. 

"Loslassen!" verlangte ich und auf einmal verschwamm sein Gesicht vor meinen Augen und ich sah in das hämisch Grinsen eines Soldaten, der mich mit Leichtigkeit an den Handgelenken in der Luft baumeln ließ. 

 "Wie wäre es denn, wenn du dich bei mir entschuldigst, Püppchen ?"  Hallte seine Stimme durch meinen Kopf und mein Herzschlag beschleunigte sich. 

"W-was?" fragte ich und spürte, wie die kalte-wütende Maske bröckelte und die Angst sich in mir breit machte. Was war das hier? Wer war das? 

"Wer bist du?" von einer Sekunde auf die Nächste war wieder das Gesicht des mir so vertraut vorkommenden Mannes vor mir und ich konnte die verzweifelte Hoffnung auf eine Antwort, die alles erklären würde, in seinem Blick sehen. 

"I-ich..." setzte ich an, doch dann schloss ich den Mund wieder, denn jetzt, da ich das erste Mal darauf angesprochen wurde, musste ich zu meinem Entsetzten feststellen, dass ich es gar nicht wusste. Ich wusste nicht, wer ich war, ich wusste nicht, wie mein Name war, ich wusste nicht, wie alt ich war, welche Haarfarbe ich hatte, wie groß ich war, wie meine Augen aussahen... 

"Ich... ich weiß es nicht!" sagte ich mehr zu mir selbst als zu dem Mann, doch sein Griff wurde noch ein wenig fester. 

"Wer bist du? Woher kenne ich dich? W-warum... warum weiß ich, dass ich dich kenne, obwohl ich es nicht tue?" wollte er wissen, doch ich schüttelte nur den Kopf, hilflos in meinen eigenen Gedanken verloren, die noch schneller herumwirbelten, als zuvor und fieberhaft nach Antworten suchten. 

𝐦𝐨𝐫𝐞 𝐭𝐡𝐚𝐧 𝐟𝐫𝐢𝐞𝐧𝐝𝐬 || 𝐛𝐮𝐜𝐤𝐲 𝐟𝐟Where stories live. Discover now