48. Kapitel ≫Serkan?! Opa!?≪

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Wir sitzen im Wohnzimmer und schauen uns einen Film an. Eher gesagt schaue ich alleine den Film an, da Serkan neben mir sitzt und an seinem Ipad etwas mit dem Stift kritzelt. Meine Gedanken sind durcheinander. Ich muss die ganze Zeit an den Kuss und an seine Lippen denken. Nach der Umarmung, haben wir uns umgezogen und im Wohnzimmer ein Film angemacht. Nicht einmal 10 Minuten nachdem der Film begonnen hat, hat er sein Ipad in die Hand genommen und kritzelt etwas rum. Ich drehe mein Kopf nach rechts, um zu schauen was er da macht.

Mein Blick gleitet von seinem Ipad zu seinem Gesicht und bleibt an seinem Hals stehen. Er hat einen kleinen Knutschfleck und sofort schießt mir die Wärme in die Wangen. War ich das etwa? Ich drehe mich wieder zum Fernseher und versuche die Röte auf meinem Gesicht zu ignorieren. Unbewusst drehe ich mich wieder zu ihm und beobachte den Fleck. Zwar klein aber rötlich. Langsam wandern meine Augen weiter hoch und mein Herz rast schneller, als meine Augen seine treffen. Wir schauen uns eine Weile tief in die Augen. Seine Mundwinkel zucken kurz. „Wollen wir uns hinlegen?" fragt er und ich nicke. Ich schalte den Fernseher aus, während er sein Ipad weg legt und ins Schlafzimmer geht. Ich gehe ihm hinterher und bleibe am Türrahmen stehen. Er legt sich ins Bett und sieht zu mir. „Auf was wartest du? Komm her." Ein Schauer jagt durch mein Körper. Mit langsam Schritten gehe ich auf das Bett zu und lege mich mit Abstand rein. Ich beobachte ihn, wie er mit dem Rücken am Bett lehnt und an seinem Handy etwas tippt.

Seit dem Kuss fühle ich mich benebelt. Als wäre das alles nur ein Traum. Ein Traum. Das wäre schön. Keine Versprechen, keine Zwangsehe, ich könnte Literatur studieren, ich wäre bei meinen Eltern in München. Ich vermisse meine meine Eltern. Seit zweieinhalb Monaten sehe ich sie nicht. Genauso wenig wie Emma. Meine beste Freundin fehlt mir. Wer ist dieser Mann eigentlich? Ich kenne Serkan nicht und trotzdem liege ich mit ihm im gleichen Bett. Ist das wirklich mein Schicksal? Ich zucke zusammen als ich eine Hand auf meiner Wange spüre. Erst jetzt spüre ich die Tränen, die meine Augen verlassen. „Was ist los, Asli?" fragt er ruhig aber ernst. Ich sehe ihm tief in die Augen. Er steht auf als ich nicht antworte und verlässt das Schlafzimmer. Plötzlich erwache ich aus meiner Starre als ich ein Glas auf dem Boden zersplittern höre. Sofort stehe ich auf und renne ins Wohnzimmer. „Serkan!" rufe ich als ich ihn auf dem Boden finde.

Sein ganzer Körper ist verkrampft und am Zittern. Ich gehe auf ihn zu und versuche ihn zu halten. „Serkan. Serkan!" rufe ich weinend. Was geschieht hier? Plötzlich sieht er mich mit großen Augen an und gleich darauf schließen sie sich und er liegt regungslos da. „Serkan steh auf! Serkan! Mach deine Augen auf. Bitte." schreie ich und halte sein Kopf fest in meiner Hand. Er rührt sich nicht. Nein. Er kann nicht tot sein. Ich lasse sein Kopf los, stehe auf und stolpere paar Schritte zurück. Aus seinem Mund fließt Blut raus. Ich laufe ins Zimmer und hole mein Handy zur Hand. Mit zitternden Händen wähle ich die Nummer vom Notarzt. Als ein Mann rannt geht und mich fragt was passiert ist weine ich noch mehr. „M-Mein Mann liegt r-reg-regungs-l-los auf dem Boden. B-Bitte kommen sie sch-schnell!" Der Mann versucht mich zu beruhigen und fragt nach der Address, die ich ihm stotternd gebe und lege auf. Ich lasse mein Handy fallen und renne wieder ins Wohnzimmer. Serkan zittert wieder am ganzen Körper. Ich gehe auf ihn zu.

Plötzlich steht er auf und schaut um sich herum. Aggressive nimmt er den kleinen runden Tisch in die Hand und wirft es gegen die Wand. Es zersplittert und liegt kaputt auf dem Boden. Ich zucke zusammen und weine schluchzend weiter. „Serkan." versuche ich. Plötzlich blickt er mich an und kommt mit schnellen Schritten auf mich zu. Ich weiche zurück. Er ist nicht er selbst. „Serkan." schluchzte ich. Er packt mich am Arm und brüllt mich an. „Was denkst du, wer du bist?" Ich zucke zusammen und wimmere. Er zerquetscht mein Arm und schubst mich mit aller kraft zu Boden. Ich pralle auf mein Arm und stöhne weinend vor schmerz. Er fällt wieder auf den Boden und verkrampft sich zitternd. Die Tür wird aufgeschlagen und die Sanitäter stürmen ins Wohnzimmer. Ein Sanitäter hebt mich hoch und versucht mit mir zu reden, doch ich schaue nur zu Serkan. Ihm wird eine Spritze gegeben und sie versorgen ihn. „Frau Candemir? Ich zucke zusammen, als er meinen Arm hält. Er führt mich raus und in den Krankenwagen. Ich setze mich rein und der Sanitäter bindet ein Verband um meinen Arm.

Serkan wird von der Liege hochgeschoben. Sofort greife ich nach seiner Hand und drücke es fest. Er liegt Augen geschlossen vor mir, während wir los fahren. Im Krankenhaus wird er sofort von Ärzten abgeholt und weggebracht und zu mir kommen andere Ärzte, die mich auf ein Zimmer bringen. Um mich dreht sich alles. Ich höre nur benebelt die Ärzte sprechen. Alles spielt sich immer und immer wieder neu in meinem Kopf ab. Plötzlich knalle ich auf den Boden und meine Augen schließen sich. Ich falle in ein dunkles Loch. Ins Nichts. Kein Funken ist zu sehen. Kein Stern der mich auffängt. In die Einsamkeit. Die Geräusche hören auf. Es ist still. Die Erde hat aufgehört sich zu drehen.

Es ist kalt hier und so dunkel. Wie bin ich hierher gekommen? „Hallo?" rufe ich, doch keiner hört mich. „Serkan! Wo bist du?" keine Antwort kommt zurück. Was für ein Ort ist das hier? Bin ich noch am Leben? „Kızım." (MeinenTochter.) ertönt plötzlich eine sehr bekannte Stimme. Ich drehe mich im kreis und versuche die Person zu finden. „Kızım, burdayım gel yanıma." (Mein Mädchen, ich bin hier komm zu mir.) Weinend drehe ich mich im Kreis. Als ich niemanden finde, lasse ich mich auf sie Knie fallen. „Asli. Ben seni böyle mi yetiştirdim? Ne derdim sana hep?" (Asli. Habe ich dich so aufgezogen? Was habe ich immer zu dir gesagt?) schimpft die Stimme. „Bir prenses hayatı yaşamaz hayatı yaşatır." (Eine Prinzessin lebt nicht das Leben, sondern bringt das Leben zum Leben.) schluchzte ich. „Senin yolun daha çok uzun. Hayatını yaşat. Benim prensesim elbise giyer. Beni üzme kalbimin tek parçası. Seni çok seviyorum küçük prensesim." (Dein Weg ist noch sehr lang. Bring dein Leben zum Leben. Meine Prinzessin zieht Kleider an. Mach mich nicht traurig die hälfte meines Herzens. Ich liebe dich meine Prinzessin.) Und da war sie wieder. Die Stille. Nein. Nein! „Dede!" (Opa /mütterlicherseits) rufe ich. „Dede, beni bir başıma bırakma. Dede. Seni çok seviyorum, dedem." (Opa, lass mich nicht im stich. Opa. Ich liebe dich mein Opa.) weine ich schluchzend und stehe auf. Ich renne in die Dunkelheit. „Dede!" rufe ich, doch er ist nicht mehr hier. Er ist gestorben, als ich 12 Jahre alt war. Ich war seine Prinzessin. Ich habe mein Opa geliebt und das vom ganzen Herzen. Jedes zweite Wochenende durfte ich bei ihm und meiner Oma übernachten. Zu Bayram hatte er mir mal ein Kleid gekauft gehabt. Mein Lieblingskleid. Ein blaues langes Kleid mit roten Rosen drauf. Das war das letzte mal, dass ich ein Kleid anhatte. Es erinnert mich einfach zu sehr an mein Opa. Er hat es geliebt mir Kleider zu kaufen und ich habe es geliebt mich in den Kleidern vor ihm, wie eine Prinzessin zu drehen und zu drehen bis mir schlecht wurde. Als er durch ein Herzinfarkt gestorben ist, ist ein Teil von mir auch gestorben. Ich konnte eine sehr lange Zeit seinen Tod nicht verarbeiten. Ich musste sogar ein Jahr eine Therapie machen. Seine Beerdigung fand in der Türkei statt, weswegen nur meine Mutter hinfliegen konnte. Meine Schwester und ich hatten Schule und mein Vater musste arbeiten. Erst zwei Jahre später, als ich das erste mal vor seinem Grab stand, und sechs Stunden mit ihm geredet habe, konnte ich mich von ihm verabschieden. Eigentlich konnte ich mich von ihm nie wirklich verabschieden. Aber ich habe es nach dem Besuch an seinem Grabstein gelernt es zu verkraften. Und wieder falle ich ins Nichts.

Langsam öffne ich meine Augen und schließe sie sofort wieder. Hier ist es vie zu hell. Ich versuche es ein zweites und drittes mal sie zu öffnen aber es klappt nicht. Erschöpft schließe ich meine Augen und falle dieses mal in den Schlaf.

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