70. Kapitel Ein Engel

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Asli

Bist du das einzige, was er mir zurückgelassen hat? Ein Engel, ein Baby. Diese Zeit hatte ich mir anders vorgestellt. Ich bin doch noch viel zu jung Mutter zu werden. Wie soll das werden?

Siehst du die Sterne? Sie leuchten da oben und geben Licht, wo es zu Dunkel ist. Ich war sein Stern, als er in der Dunkelheit verloren ging. Mir steigen die Tränen in die Augen und ich lasse sie ihren freien lauf.

Ich nehme mein Handy zur Hand und mache etwas, dass ich schon hätte langst tun sollen, als ich hier angekommen bin. Obwohl es mitten in der Nacht ist versuche ich meinen Glück. Ich halte es an mein Ohr und höre den Piep-Ton.
Einmal... Zweimal... Dreimal... Viermal...

„Hallo?" ertönt ihre verschlafene Stimme.
„Emma?" flüstere ich. Schluchzend halte ich mir die Hand vor meinen Mund. „Asli? Bist du das?" Hell wach stellt sie die Frage. „Ja." kommt nur ein flüstern aus mir raus. „Ist alles oke? Wieso weinst du?" fragt sie selber schluchzend. „Du weinst doch selber auch." sage ich und schniefe einmal laut. Zusammen fangen wir an zu Lachen mit Tränen in den Augen. „Ich bin in Mannheim." sage ich etwas unsicher nachdem wir uns beruhigt hatten.

„Du bist hier?" ihre Stimme bricht zusammen. Ich nicke, obwohl ich weiß, dass sie mich nicht sehen kann. „Ja." kommt es flüsternd aus mir. In der Hoffnung sie hat es verstanden. Anscheinend schon, den sie atmet hörbei tief ein. „Morgen um 14 Uhr Bella?" stellt sie die letzte Frage auf die ich mit ganzem Herzen gewartet habe. „Es gibt vieles zu erzählen." sage ich und streichle über meinen Bauch.
Und somit legen wir auf. Ein letzter Blick in den funkelnden Himmel, dann gehe ich zurück ins Zimmer und lege mich in mein Bett.

2 Monate später...

„Aaaahh!" Und wieder einmal stehe ich mitten in der Nacht schweißgebadet auf. Ein Albtraum, wie jede Nacht seit dem ich hier bin. Jeden Tag die selbe Frage. Wie geht es ihm? Lebt er noch? Serkan. Meine Schwester kommt ins Zimmer und setzt sich zu mir. Sie legt ihre Arme um mich und streichelt meinen Rücken auf und ab. Wir legen uns hin und ich weine in den schlaf. Wie jede Nacht.

Am Morgen steh ich mit starken Bauch schmerzen auf. Ich eile zur Toilette und lasse alles raus, was hochkommt. Meine Schwester klopft an der Tür. „Asli, alles gut bei dir?„ fragt sie besorgt. Ich spüle alles weg und wasche am Waschbecken mein Mund aus. Als ich in den Spiegel sehe blutet meine Nase. Ich wasche es weg, doch es kommt immer mehr Blut raus. Ich nehme Toilettenpapier, rolle es zu einem fetten batzen und halte es an meine Nase. Dann öffne ich die Tür und blicke zu meiner Schwester. Sofort setzt sie mich aufs Bett und verschwindet aus meinem Zimmer. Dann kommt sie mit Kühlpeck, dass um ein Handtuch gewickelt ist und legt es auf mein Nacken.

„Sollen wir ins Krankenhaus fahren?" fragt Arzu. Doch ich schüttle nur leicht mit dem Kopf. „Nein es geht schon." antworte ich. Als ich aufstehen wollte, krampft sich mein ganzer Bauch und meine Beine so fest zusammen, dass ich schmerzhaft auf den falle und schreie. „Abla! Aah! Mein Bauch! Aahh!„ Ich versuche mich irgendwo festzuhalten und mit einer Hand an meinem Bauch zu tasten, ob alles gut ist. „Kerem! Kerem!" schreibt meine Schwester und versucht mich wieder auf die Beine zu ziehen. Mein Schwäger platzt ins Zimmer und sieht uns besorgt an. „Wir müssen sie ins Krankenhaus fahren! Schnell!" ruft Arzu voller Zweifel. Beide greifen mir und die Arme und heben mich hoch. Sie bringen mich ins Auto und fahren sofort los.

Mit Nasenbluten und Bauchkrämpfen quäle ich mich die kurze Autofahrt bis wir an der Notaufnahme sind. Sofort steigen beide aus und meine Schwester ruft nach einem Krankenhelfer. Mein Schwäger trägt mich aus dem Auto und setzt mich auf den Rollstuhl, dein ein Krankenhelfer gebracht hat. Sie fahren mich direkt in ein Zimmer und der Arzt folgt und fragt meine Schwester aus, was passiert ist.

Sie legen mich auf ein Bett und eine Krankenschwester spritzt mir etwas gegen die Krämpfe ein. Mein Nasenbluten hat aufgehört und meine Krämpfe sind geschildert. Der Arzt untersucht meinen Bauch und macht einen Ultraschall. Es scheint, als würde er nach etwas suchen. Als ich ihn besorgt und fragend ansehe kriege ich nur das als Antwort: „Wir müssen weitere Tests machen, um meine Vermutung zu bestätigen."

Nach etlichen Blutabnahmen und Tests warte ich in eines der Zimmer, in die ich eingeteilt wurde bis der Arzt kommt. Mir fließen die Tränen ununterbrochen und meine Sicht verwischt sich durch meinen Tränen. Alle Geräusche und alles Gesagte um mich herum entfernt sich immer weiter weg. Ich höre ein grelles piepsen und alles verstummt. Mein Herzschlag vervierfacht sich und schlägt immer lauter und lauter. Wie eine Sturm, dessen Regen meine Tränen, Donner meine Herzschläge und Blitz meine verwischte Sicht sind. Ein einsamer, verlassener, gebrochener, verletzter und wütender Sturm. Mein innerer Sturm.
"Es tut mir leid. Sie haben ihren Engel verloren."

... ihren Engel... verloren...

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