64. Kapitel ≫Die Hoffnung stirbt zuletzt≪

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Vor ihm bleibe ich stehen. Abwartend schaue ich ihm in die Augen. Er sagt zu den Wachhunden "Bringt sie in Ihr Zimmer und sperrt sie ein, damit sie Zeit zum Nachdenken hat." Ich fange an zu schreien. "Nein, das wagst du nicht. Nein!" schreie ich und wehre mich. Er hat kein Recht mich einzusperren. Die Männer zerren mich ins Haus hoch in das Zimmer und schubsen mich achtlos rein. Daraufhin sperrt er die Tür zu und geht. Vor Wut schreie ich so laut wie ich nur kann. Das ist nicht das Leben, dass ich mir vorgestellt habe. Dass ich mir gewünscht, erhofft habe. Es kommt mir vor, als wäre Amsterdam nur ein Traum gewesen. Als wäre es nie passiert. Ich schreie und schreie immer wieder soo laut meine Seele raus. Mein Herz schmerzt, als würde man es auseinander reißen. Ich greife nach allem, was ich in den Griff bekomme und schmeiße es gegen die Wand.

Am Ende schmeiße ich mich auf den Boden und Weine nur noch so in die Leere. Minuten vergehen und meine Tränen werden weniger. Stunden vergehen und die Tränen sind wie aufgesaugt. Keine einzige Träne fließt mehr aus meinen Augen. Ich sitze wie versteinert auf dem Boden. Wie eine Leiche dessen Herz sehr schwach nur wegen einer Sache noch schlägt. Hoffnung, dass alles nur ein Traum ist, ich gleich aufwache, Serkan neben mir im Bett liegt, mich umarmt und sagt, dass alles nur ein Traum sei. Es ist nur eine sehr schwache Hoffnung, doch wie sagt man so schön: Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Nach Stunden wird die Tür aufgesperrt und eine junge Frau betritt das Zimmer. "Ich hab dir was zu Essen gebracht." flüstert sie und legt das Tablett neben mir auf dem Boden ab. Ohne etwas zu zusagen geht sie wieder raus und die Tür fällt wieder ins Schloss. Ich rühre mich weiterhin nicht vom Fleck und das Essen rühre ich erst recht nicht an. Weitere Stunden vergehen indem ich nur da sitze und ins Leere blicke. Mein Kopf dröhnt so stark und ruft nach Hilfe. Doch so wie man meine Hilfeschreie ignoriert hat, so lehne ich die Stimme in meinem Kopf ab.

Das Zimmer ist schon stock dunkel nur noch etwas Mondlicht scheint herein, aber auch nicht viel. Serkan ist immer noch irgendwo auf der Straße und Gott weiß, was er macht. Oder auf wen er die Waffe richtet. Ich wünschte mir er könnte genau jetzt in diesem Augenblick die Waffe ungesichert auf mich richten und abdrücken. Genau auf mein Herz. Denn das hat er bereits schon an dem Tag, als er gegangen ist und mich in der Hölle zurück gelassen hat. Ein zweites mal könnte ich es vielleicht noch ertragen aber kein weiteres mal.

Ich muss in der Nacht irgendwann eingenickt sein. Als ich sie wieder meine Augen öffne schmerzt mein ganzer Körper. Ich sitze an der gleichen Stelle ungerührt auf dem Boden angelehnt am Bett. Ich stehe auf und gehe ans Fenster. Das Wetter passt sich meiner Seele an. Alles Grau und düster. Leicht nieselt es vom Himmel runter. Wie die Träne, die leicht auf meiner Wange herunter rollt. Ganz leicht, doch mit viel Last, Trauer, Wut und gleichzeitig Hoffnung.

Plötzlich überkommt mich eine Welle der Übelkeit und ich renne ins Badezimmer. Ich beuge mich vor und übergebe mich über der Toilette. Mein Magen verkrampft sich schmerzhaft und unerträglich. Ich knicke um und falle zu Boden. Schmerzhaft versuche ich aufzustehen und schaffe es nach einigen Anläufen auch. Eine Hand auf meinem verkrampften Bauch mit der anderen stütze ich mich an der Wand ab und schleife ins Zimmer zurück. Kurz vor dem Bett knicke ich vor Schmerzen wieder um und krache zu Boden. Verkrampft schreie ich auf und versuche aufzustehen. Ohne Erfolg. Die Tür geht auf und die Frau von gestern stürmt herein. Gefolgt von den anderen Frauen und Mädels im Haus. Ich werde am Arm gepackt und aufs Bett gelegt.

Alles dreht sich und ich bekomme nur in einem flüstern mit was gesagt wird. Während in Wahrheit alle herumhetzen und nach Hilfe rufen und mir Fragen stellen, ist für mich alles in Zeitlupe und verblendet. Ich stöhne immer wieder vor schmerz auf und verkrampfe mich zusammen. Auf einem Schlag ist die Verneblung weg und das Gerede wirkt viel zu laut. Ich schreie so laut vor schmerz auf, dass es im Zimmer muck Mäuschen Still wird und man eine Nadel fallen hören könnte. Alle bleiben stehen und die junge Frau von gestern versucht mich zu beruhigen indem sie meine Rücken auf und ab fährt.

"Noluyor? Nerde?" (Was ist los? Wo ist sie?) höre ich die Stimme meiner Hoffnung. Serkan platzt ins Zimmer und checkt die Lage ab. Sein Blick fällt auf mich, als ich vor Schmerz wieder aufschreie und mich verkrampfe. Meine Augen presse ich fest zusammen, doch ich öffne sie gezwungen und stelle mich, mit mehreren Anläufen, auf die Beine. Ich stelle mich vor Serkan hin und lege meine Hand auf seine Wange, um sicher zu gehen, dass er es wirklich ist und keine Illusion von ihm. Mein Magen verkrampft sich auf einer noch schmerzhafteren weise, dass ich mein Gleichgewicht verliere und dazu auch mein Bewusstsein. Das letzte was ich spüre sind starke Arme, dich mich auffangen und hochheben. Der Rest ist schwarz und nur ein piepen in meinen Ohren ist zu hören.

Ich öffne meine Augen und bin in einem dunklen Ort. Über mir erscheint ein helles Licht. Genau auf mich. "Sakın vazgecme. Anlatacak sebebini ama ona da biraz zaman ver. Onun icin de hicbirsey istedigi gibi olmadi. Sevmekten vazgecme. Inanmaktan vazgecme. Umut etmekten vazgecme." (Gib nicht auf. er wird dir den Grund sagen aber gib ihm etwas Zeit. Für ihn ist auch alles ganz anders abgelaufen, wie er es haben wollte. Gib nicht auf zu Lieben. Gib nicht auf zu Glauben. Gib nicht auf zu Hoffen.) ertönt eine mir sehr bekannte aber auch gleichzeitig sehr Fremde Stimme. Mit geschlitzten Augen blicke ich direkt in das Licht. Ich versuche stark die Stimme jemandem zuzuordnen, doch ich finde nicht das Passende Bild zu dieser Stimme in meinem Kopf.

Plötzlich macht es Klick in meinem Kopf. Mein Herz drückt fest gegen meine Brust. "Ben sana hep ne derdim?" (Was habe ich dir oft gesagt?) fragt er. Ich antworte mit zittriger Stimme. "Bir prenses hayatı yaşamaz, hayatı yaşatır." (Eine Prinzessin lebt nicht das Leben, sondern bringt das Leben zum Leben.) Einzelne Tränen fließen meine Wange herunter. "Dede?" (Opa/Mutterseits) frage ich brüchig. "Ben hep senin yanindayim. Ne olursa olsun ben senin Kalbinin icinde yasiyorum." (Ich bin immer bei dir. Egal, was passiert ich lebe in deinem Herzen.) Sagt mein Opa mit so einer beruhigenden und liebenden Stimme, dass ich bei jedem seiner Worte immer wieder lächle.

"Dede. Dedecim O kim? Kimden bachsediyorsun?" (Opa. Mein lieber Opa wen meinst du mit Ihm?) frage ich mit Hoffnung auf eine Antwort. "Sen cok iyi biliyorsun kimden bahsetdigimi. Prensesim benim o kücük hayat dolu, sevgi dolu, ask dolu kalbini dinle. Cevabi orda benimle yasiyor. Umudunu kaybetme tamam mi benim prensesim seni cok seviyorum unutma bunu." (Du weißt ganz genau wen ich meine. Meine Prinzessin hör auf dein kleines lebenvolles, liebevolles, verliebtes Herz. Die Antwort lebt mit mir in deinem Herzen. Gib die Hoffnung nicht auf okay meine Prinzessin ich liebe dich vergiss das nicht.) sagt er und das Licht erlischt langsam. Mit Tränen schaue ich weiterhin in das Licht, bis es ganz erlischt ist und ich in der Dunkelheit alleine gelassen werde.

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Erinnert ihr euch an Aslis Tarum von ihrem Opa?
(Kapitel 48 Serkan?! Opa!?)
Wird Asli wieder aufwachen und wird Serkan bei ihr sein?
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A Promise About UsWhere stories live. Discover now