40. Kapitel ≫Weiße Farbe≪

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„Was fällt dir ein so etwas meinem Vater zu sagen?" brüllt er und kommt auf mich zu. „Weißt du eigentlich, wie sehr er sich gefreut hat, dass sein Sohn und seine Schwiegertochter zusammen in der Firma arbeiten? Weißt du das?" Er packt mich am Hals und knallt mich gegen die Wand. Ich stöhne vor Schmerz auf, da mein Kopf gegen die Wand geprallt ist. Er drückt mich weiter gegen die Wand. „Wenn du nochmal so Respektlos gegenüber meinem Vater wirst, dann-„ Ich unterbreche ich schreiend. „Dann was? Sag schon! Wirst du mich umbringen." Das letzte Wort ist nur ein flüstern, da er fester zudrückt und mir die Luft weggeht.

„Dann lernst du mich mal richtig kennen!" knurrt er. Eine Gänsehaut schießt durch mein Körper. Einzelne Tränen finden den Weg hinaus. Wie kann ein Mensch nur so Herzlos, so Kalt sein? „Du gehst jetzt da runter und sagst meinem Vater, dass du hier als meine Assistentin arbeiten willst. Hast du verstanden?!" brüllt er. Egal, wie verweint ich aussehe, ich versuche genauso kalt zu bleiben. Ich dreh mein Kopf gekonnt zur Seite. Er atmet hörbar aus und lässt mein Hals los, um mein Kinn zu packen und zu ihm zu drehen. „Hast du mich verstanden?!" Brüllt er. Nein! Schreie ich innerlich. Aber an meiner Mimik hat sich nichts geändert.

Ich schaue ihm wütend in die Augen. Wieso muss er mir ständig wehtun? Er drückt meine Kiefer fester. „Asli! Hör auf mich zu ignorieren!" knurrt er. Jackpot. Das provoziert ihn also. Ich weiß, ich sollte ihn nicht ignorieren. Aber ich tu es trotzdem. Ich werde mir das alles nicht mehr gefallen lassen. Was denkt er sich eigentlich? Ich versuche ihn wegzudrücken. Die Betonung liegt auf versuchen. Er bewegt sich einfach nicht. Meine Augen tränen immernoch. „Ich warne dich das Letzte mal. Hör. Auf. Mich. Zu. Ignorieren!" Betont er jedes einzelne Wort laut und deutlich.

„Na schön. Wie du willst." sagt er nach einer Weile und lässt meine Kiefer mit Schwung los, sodass ich auf den harten Boden falle. Mit meinen Händen stütze ich mich ab.
Er verlässt das Büro und schließt die Tür zu. Langsam stehe ich auf und wische mir die Tränen aus dem Gesicht. Ich gehe zur Tür und will sie aufmachen aber es lässt sich nicht öffnen. Ich rüttle daran aber nichts passiert. Er hat abgesperrt. Ich rüttle weiter und schlage gegen die Tür. Nichts. Ich gehe im Kreis und mache mir Gedanken, wohin er jetzt gehen könnte.

Wird er mit seinem Vater reden? Was wird er sagen? Ich werde niemals hier als seine Assistentin arbeiten. Niemals! Was denkt er sich eigentlich? Dass ich ihm freiwillig Kaffee bringe? Ich werde ihn ignorieren. Auch, wenn es mir nicht leicht fallen wird, ihn zu ignorieren, werde ich es durchziehen. Mal schauen, wie lange er es aushalten wird.

Nach einer Weile geht die Tür auf und Serkan betritt den Raum. Ohne mir auch nur ein Blick zu würdigen, geht er zu seinem Schreibtisch und setzt sich hin. Ich verdrehe die Augen und gehe zur Tür. „Otur." (Setzt dich.) Ich dreh mich um. Er hat den Blick auf sein Computer gerichtet. Ich dreh mich wieder zur Tür. Er kann mir nichts sagen. Meine Aufgabeist erledigt. Ich habe Erdal Baba gesagt, dass ich studieren möchte. „Hiç biryere gitmiyorsun. Otur dedim." (Du gehst nirgendwohin. Setzt dich habe ich gesagt.) befehlt er mir mit kalter Stimme. Genervt setze ich mich wieder auf den Sessel gegenüber seinem Schreibtisch und verschränke die Arme vor der Brust.

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Es sind jetzt schon zwei Monate seitdem Serkan und ich uns aus dem Weg. Wir ignorieren uns. Erdal Baba ist ein Tag danach zu uns gekommen, um über ^meine Zukunft^ zu sprechen. Was auch immer passiert ist am Ende musste ich zustimmen. Ich werde nach meinem Abschluss in der Firma als Serkans Assistentin arbeiten. Wie mich dieser Gedanke nervt.

Mein Alltag läuft so ab. Serkan holt mich von der Schule ab, bringt mich nach Hause und  fährt selber wieder zur Arbeit. Ich koche zwar für uns beide aber esse bevor er kommt und lerne für die Schule. Wenn er nach Hause kommt, isst er etwas und geht entweder ins Wohnzimmer und zockt oder er verschwindet im Schlafzimmer. An den Wochenenden war ich entweder mit den Mädels in der Stadt oder Serkan war nicht zu Hause. Er hat Samstags oft gearbeitet und Sonntags war er draußen oder im Schlafzimmer. Er geht mir so gut es geht aus dem Weg. Was natürlich besser für mich ist. Ich mach es nicht anders.

Diese Woche waren meine Abi-Prüfungen. Es war nicht leicht aber ich konnte die Aufgaben hoffentlich auch richtig lösen. Nächste Woche Freitag kriegen wir unsere Zeugnisse und am Abend findet der Schulball statt, zu dem ich nicht gehen werde. Serkan würde mich nicht lassen und ich mag solche Veranstaltungen eh nicht also daher ist es kein Problem. Die Mädels in der Schule haben versucht mich zu überreden aber keine Chance ich komme nicht.

Ich rufe meine Schwester an, da ich mit ihr zuletzt am Donnerstag telefoniert habe. Wir telefonieren sehr oft und heute ist Samstag. Wir können länger reden. Ich rufe sie an. Beim dritten Piep-Ton geht sie ran. Wir reden sehr lange und springen von einem Thema zum anderen. Nach 2 Stunden legen wir auf. Es ist 15 Uhr. Ich gehe zur Küche und koche Spaghetti Bolognese. Ich nehme mir etwas auf den Teller und esse es auf. Serkan sollte jeden Moment da sein.

Ich esse fertig und räume mein Teller auf. Als ich die Küche verkasse geht die Wohnungstür auf und Serkan kommt rein. Ohne ihn zu beachten gehe ich zur Couch und lasse mich drauf fallen. Er kommt zu mir und bleibt vor mir stehen. Ich hebe mein Kopf und mustere ihn von oben bis unten. Er ist von Kopf bis Fuß voll mit weißer Farbe. „Kannst du mir vielleicht helfen die Farbe weg zu bekommen?" fragt er mich mit einem genervt Gesichtsausdruck. Ich unterdrücke mir ein Lachen und sehe ihn fragend und kalt an. „Und wieso sollte ich das tun?" Ich dreh mein Kopf zum Fernseher, der ausgeschaltet aber immernoch besser als sein Gesicht ist. „Weil- ach egal. Wieso Frage ich dich auch." murmelt er zu sich selbst und dreht sich um. Der Junge ist an den Haaren voll mit weißer Farbe. Das wird nicht leicht weg gehen.

Soll ich ihm helfen? Ich hasse ihn. Warum sollte ich ihm dann Helfen. Ich höre im Bad wie er stöhnt und flucht. Jap, dass kann weh tun. Oh mann! Ich hasse es, wenn ich so Naiv bin. Ich stehe auf und gehe zum Bad. Schon wieder flucht er. Ich klopfe an der Tür. „Serkan. Mach auf und lass mich dir Helfen." rufe ich. Er öffnet die Tür und sieht mich wütend an. Ich versuche mir ein Lachen zu unterdrücken. „Lach nicht." sagt er kalt und öffnet die Tür weiter auf damit ich rein kann. Ich halte es nicht mehr aus und fange an zu lachen. „Was ist passiert?" frage ich belustigt. Er schließt die Tür und dreht sich zum Spiegel. „Ein unfähiger Maler in der Firma hat mir die Farbe über den Kopf geschüttelt." Ich lache noch mehr.

Er dreht sein Kopf zu mir und sieht mich Ernst und angepisst an. „Bist du hier, um zu Lachen oder um mir zu Helfen?" fragt er und zieht sich sein Sakko aus und wirft es auf den Wäschekorb. Ich verdrehe die Augen. Ist er so faul es reinzutun? Er knöpft sein Hemd auf und mir bleibt die Luft weg. Wird er sich jetzt ausziehen? Das war nicht geplant. Sein Hemd landet ebenfalls auf dem Wäschekorb und er dreht sich wieder zu mir. Oh. Mein. Gott. Er steht Oberkörper frei vor mir. Ich schlucke hart und starre auf seine Brut und runter zu seinen harten Bauchmuskeln. Was zur hölle mache ich hier?

„Fertig mit starren?" ich hebe mein Kopf und sehe in sein belustigtes Gesicht. Er grinst mich fies an. Ach so ist es. „Hab schon besseres Gesehen." Gelogen! Natürlich ist es gelogen. Wo hätte ich etwas besseres sehen können? Er kommt auf mich zu. „Wir beide wissen, dass es gelogen ist." raunt er. Ich gehe ein Schritt weiter zurück und knalle gegen die Tür.
Er kommt mir näher und stützt sich mit seinen Händen links und rechts von meinem Kopf ab.
Was hat er jetzt vor?

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