27. Kapitel ≫Geburtstagskarte≪

4.2K 87 6
                                    

Nach einer Stunde machten wir ein Halt an der Tankstelle. Serkan steigt aus, um das Auto zu tanken. Wir hatten die ganze Fahrt und weder angeschaut, noch geredet. Gedanken verloren blicke ich in den Himmel. Ein vibrieren lässt mich zusammen zucken. Ich greife nach meinem Handy in meiner Tasche und eine Nachricht blinkt auf.

Emy: (15:02 Uhr)
Pack dein Geschenk aus

Woher wusste sie... sie ist meine beste Freundin natürlich weiß sie, dass ich noch nicht ausgepackt habe.

Ich stecke mein Handy wieder ein und lege meine Hände rechts und links an den Deckel der Kiste. Ich hebe den Deckel und das erste, was ich sehe, ist ein türkiser Briefumschlag. Das auf einer weiteren verpackten Kiste liegt. Drumherum sind viele Bonbons. Ich nehme die Karte aus dem Umschlag und auf der Vorderseite ist ein Teddybär der glitzert und ein Herz hält. Auf dem Herz steht „Happy Birthday" Ich öffne die Karte und grinse wie Grinch. Die Karte ist an beiden Seiten voll geschrieben. Was hätte ich den auch erwartet? Wir reden hier von Emma Smith. Die Emma, die immer einen Aufsatz hält oder eben schreibt.

„Happy Birthday beste Freundin.
Du hast die 20 erreicht!!!
Du bist die Person, mit der ich zu jeder Zeit über alles reden kann, egal wie oft wir schon jedes Detail besprochen haben. Du bist diejenige, der ich blind vertraue, die mich zum Lachen bringt und die mich immer wieder auffängt. Du bist diejenige, bei der ich sein kann, wie ich bin. Du bist diejenige, die immer ehrlich zu mir ist, auch wenn ich vielleicht etwas anderes hören möchte. Du bist einzigartig und durch nichts zu ersetzen. Danke für all die unbeschreiblichen Erinnerungen und Augenblicke. Danke, dass du mir jeden Tag aufs Neue zeigst, was Freundschaft bedeutet. Du bedeutest die Welt für mich."

Ich lese den Text ein zweites Mal. Beim Dritten mal verschmieren die Buchstaben ineinander. Eine, nachdem anderen tropfen Tränen auf meine Handgelenke und in die Kiste. Das ist jetzt schon das schönste und beste Geschenk, dass ich je bekommen habe. Sie schafft es immer wieder auf neue mich zu überraschen und zum Weinen zu bringen. Doch dieses Mal fühlt es sich so schrecklich schmerzhaft an sie nicht in den Arm nehmen zu können. Ein Schluchzen verlässt mein Mund und ich lege schnell meine Hand auf mein Mund. Ich kneife die Augen so fest zusammen.

Die Tür wird geöffnet und ohne hinzusehen, weiß ich das Serkan neben mir sitzt. „Ich hab-" er hält inne. Ich öffne blinzelnd meine Augen und wische mir meine Tränen weg. Ich sehe ihn an und kann behaupten für eine Sekunde Sorge in seinem Blick erkannt zu haben aber es ist so schnell wieder verschwunden, wie es gekommen ist. Er räuspert sich „Ich habe uns was zum Trinken und zum Naschen gekauft." er hält eine weiße Plastiktüte in der Hand. Als er bemerkt, dass ich unfähig bin, danach zu greifen legt er die Tüte zwischen uns hin und richtet sich zum Weiterfahren auf. Er schnallt sich an, startet das Auto und fährt los.

Ich senke mein Blick wieder auf die Karte in der Kiste. Ich muss sie, als Serkan eingestiegen ist, fallen gelassen haben. „In dem Fach sind Taschentücher." Sein Blick ist der Straße zugewandt. Mit zitternden Händen öffne ich das Fach und nehme mir eine Taschentuchpackung raus. Ich wische meine Tränen weg und putze mir die Nase. Ich drücke auf den Knopf an der Tür, um das Fenster ein wenig runterzuschieben, damit frische Luft reinbläst. Die kühle Luft auf meinem Gesicht tut mir gut. Ich spüre an meinen Wangen die Stellen, an denen Tränen geflossen sind. Ich greife wieder zur Karte und lese mir die rechte Seite durch.

„Du fragst dich bestimmt, warum ihr immer noch im Auto sitzt und fährt. Der Grund ist, dass dein neues Zuhause nicht mehr in München ist, sondern vier Stunden Autofahrt entfernt in Mannheim sein wird."

„Was!" hauche ich. Mannheim?! Das kann nicht sein. Meine Augen brennen wieder aber es kommt keine Träne. Ich reiße mein Kopf hoch und mit großen Augen starre ich Serkan an. „Wohin fahren wir!" meine Stimme ist viel zu selbstbewusst. Er würdigt mir kein einzigen Blick. „Serkan! Wohin fahren wir!" meine Wut ist mir deutlich zu hören. „Du weißt es doch, also warum fragst du?" Er zeigt keine Emotionen und bleibt neutral, was meine Wut noch mehr zum Steigen bringt. Ich wende mein Blick von ihm ab und atme tief durch bevor ich weiter lese.

„Es tut mir sooo unendlich leid Aly. Aber was hätte ich tun können? Sie haben mir gestern Abend in der Hochzeit davon erzählt. Deine Mutter hat mir gesagt, dass morgen dein letzter Tag in dieser Stadt wird. Du hast Geburtstag und ich wollte die letzte Person sein, die dein Tag versaut.
Es gibt kein zurück mehr, das wissen wir beide.
Ich habe ein ganz besonderes Geschenk für dich. Damit du dich nicht langweilst. Mach die Packung auf, um dich zu beruhigen und abzulenken, denn ich weiß, dass du jetzt auf 180 bist!"
Happy Birthday
deine Emma".

Sie hat recht! Ich sollte mich beruhigen. Es gibt kein zurück mehr. Ich sitze mit Serkan im Auto und wir fahren nach MANNHEIM! Ich kann es nicht. Ich kann mich nicht mit dem Gedanken beruhigen, dass wir nach Mannheim fahren. Und ehrlich gesagt habe ich keine Lust mehr das Päckchen zu öffnen. Ich lege den Deckel wieder auf die Kiste und lehne mich mit dem Kopf ans Fenster.

___________________________________
🌻💭💛

A Promise About UsWhere stories live. Discover now