24. Kapitel ≫Der Psycho≪

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„Was meinst du mit wir fahren nach Hause?". Das war lauter gesagt, als gewollt.

„Hast du gedacht wir bleiben hier im Hotel oder bei deinen Eltern?". Er streckt sein Arm aus und macht eine Handbewegung in den Raum.

Ich sage nichts. Für einige Sekunden ist es still. Ohne weiter auf eine Antwort von mir, die nicht kommen wird, zu warten redet Serkan mit lauter Stimme weiter. „Gestern war unsere Hochzeit. Wir sind jetzt" er zeigt auf sich, dann auf mich „Mann und Frau! Und das heißt, dass wir zusammen wohnen werden, ob du willst oder nicht!"

Der Esel nennt sich immer zuerst. Und das ist er! Ein Esel. „Damit das klar ist" ich gehe bedrohlich auf ihn zu „nur unsere Namen stehen nebeneinander" mit einer Handbewegung, die auf uns beiden zeigt, beende ich mein Satz. „Wir niemals!"

„Ich hab auch nie was anderes behauptet". Dieses Mal kommt er ein Schritt auf mich zu. Ich weiche zurück. Mein Gesichtsausdruck immer noch ernst. Diese eine Frage beschäftigt mich schon seitdem wir hier sind. Ich wollte ihn gestern nicht fragen. Die Antwort wird mir nicht gefallen, das weiß ich aber ich frage ihn trotzdem. „Wieso mussten wir diese Nacht hier bleiben?"

„Da wir die Nacht nicht bei euch verbringen könnten und die Wohnung weiter weg ist, mussten wir eine Nacht im Hotel bleiben" er sagt es in einem normalen Ton. So stur ich gerade auch bin hacke ich noch etwas nach. „Was meinst du mit weiter weg?" Er seufzt und atmet hörbar aus. „Hör auf so viel zu fragen und komm jetzt", befiehlt er mir und macht einen Schritt Richtung Tür. Er ist angepisst aber trotzdem habe ich das Recht zu erfahren, was er meint. „Ich komme erst, wenn du mir sagst, wo die Wohnung ist." Er bleibt stehen dreht sich aber nicht um. Seine Muskeln spannen sich an und er murmelt irgendwas, dass ich nicht verstehe.

Bin ich wieder zu weit gegangen? Ich warte bis er etwas sagt, doch es kommt nichts. Soll ich etwas sagen? Was könnte ich den sagen, um die unangenehme Stille zu brechen? Wenn ich was Sage wird es doch noch schlimmer. Ich hasse meine Neugier und Sturheit.

Er steht regungslos da. Seine Schulter sind angespannt, sein Atem ist unregelmäßig, seine Armmuskeln kommen deutlich zum Vorschein und seine Hände hat er zu Fäusten geballt.

Ich sollte jetzt lieber nichts mehr sagen und einfach rausgehen. Das ist eine gute Idee. Einfach rausgehen an ihm vorbei, das schaffe ich. Langsam mit unsicheren Schritten gehe ich auf ihn zu. Neben ihm bleibe ich stehen. Er hat die Augen geschlossen. Ich drehe mich wieder nach vorne und geh zur Tür. Als ich die Tür öffnen wollte, werde ich am Arm gepackt
und an die Tür gedrückt.

Ich sehe ihn erschrocken an. „Serkan?", flüstere ich.
Seine Adern am Hals sind deutlich zu erkennen und seine Brust hebt und senkt sich.

Ich will wegrennen aber ich bin eine Gefangene meines eigenen Körpers. „Serkan?" versuche ich es erneut. Es war ein Fehler. Er lässt mein Arm los, um mein Hals zu packen. Ich zucke zusammen und greife nach seiner Hand an meinem Hals. Nicht zu fest aber auch nicht zu locker drückt er zu.

„Hast du vergessen, wer vor dir steht?" faucht er. Er bückt sich vor und je näher er mir kommt, desto mehr Panik bekomme ich. Ich versuche seine Hand wegzudrücken aber er drückt an meinem Hals nur fester zu. Die Luft wird dünner und ich kriege nicht genug Luft. Ich versuche zu atmen. „Se-Serkan b-bi-tte L-Lu-ft"

„Pass auf wie du mit mir redest ich kann dir dein Leben schneller zur Hölle machen, als du es dir erahnen kannst!" faucht er an meinem Ohr. Er lässt mein Hals los und ich falle auf den Boden. Hörbar schnappe ich nach Luft und huste. Meine Hand an meinem Hals mit der anderen stütze ich mich am Boden ab. Der Schmerz ist so stark ich spüre seine Hand immer noch an der Stelle. Es schmerzt einfach. Er ist psychisch krank. Er braucht dringend Hilfe. Wie soll ich mit ihm alleine in einer Wohnung bleiben?

Langsam atme ich wieder regelmäßig. Plötzlich werde ich am Arm gepackt und auf die Beine gezogen. Er schubst mich zur Tür. Mit zitternden Händen öffne ich die Tür und geh raus.

Gefolgt von Serkan gehen wir die Treppen runter und nach draußen. Ich wische mir meine Tränen weg. Die Eltern von Serkan kommen auch und ich wünsche den beiden mit einem gezwungenem Lächeln einen guten Morgen. Sie erwidern es und wir steigen ins Auto. Ich schnalle mich an und Serkan fährt los. Hinter uns fahren meine Schwiegereltern mit.

Wir schweigen die ganze Fahrt bis wir bei uns ankommen. Ich steige sofort aus und renne schon fast zur Tür gefolgt von Serkan und seinen Eltern.

Ich will nur weg von ihm. Weg von hier. Als meine Mutter die Tür öffnet, falle ich ihr wortwörtlich um den Hals. „Kızım" (Mein Mädchen) Ein Schluchzer verlässt mein Mund. „Anne" (Mutter) flüstere ich an ihrem Hals. Nach einer kurzen Weile löst sich meine Mutter von mir und ich geh die Treppen hoch in mein altes Zimmer.

Die Angst, dass sie mein Zimmer auch ausgeräumt hat, ist hoch. Vor meiner Tür bleibe ich stehen und atme einmal, zweimal und ein letztes Mal ein, dann öffne ich langsam die Tür.

Erleichtert atme ich aus, als ich mein Zimmer so vor mir sehe, wie ich sie zuletzt verlassen hatte. Es ist alles wie es sein sollte. Ich schließe die Tür und rutsche zu Boden. Ich will hier nicht weg und vor allem nicht mit Serkan. Nein, niemals.
Aus Wut und Trauer zugleich weine ich mehr.

Es vergeht eine Stunde, indem ich immer noch auf dem Boden an der Tür sitze und weine.

Ein Klopfen an der Tür lässt mich zusammen zucken. Jemand versucht die Tür zu öffnen doch ich schreie „Nein, Nein! Verschwinde!"

„Asli, ich bin es deine Schwester Arzu", sagt sie besorgt. Ich rufe aus Reflex wieder „Nein." Ich habe Angst es könnte Serkan sein. Aber es ist meine Schwester Arzu.

„Asli, hier ist Arzu. Kann ich hereinkommen ... bitte?"
Ich stehe sofort auf und öffne die Tür. Meine Schwester steht vor der Tür. Ich ziehe sie sofort rein und schließe wieder Tür. Als ich mich umdrehe umarmt sie mich fest.

Ich weine und drücke sie fest. „Abla ... Abla" (Schwester ... Schwester) schluchze ich. Sie streichelt mein Rücken auf und ab. „Er ist ein Psychopath. Er ist krank, Abla. Er braucht Hilfe." sage ich unter den Tränen.

Die Tür geht auf und Schritte sind zu hören.

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