Das Lieben nach dem Tod (8)

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Vor vielen Jahren lebte einst ein einsamer Leuchtturmwärter.

An einer eisigen Küste hatte er sich die melancholischste Aussicht dieses Planeten reserviert. Er war hässlich, alt und buckelig. Wohin er auch ging, er wurde von Menschen verspottet und gemieden, weswegen er die Isolation mit Kusshand entgegengenommen hatte. In den dunklen Kammern des Leuchtturms sammelten sich uralte Filme, Magazine und Bücher. Alle hatte er mit Sicherheit schon über hunderte Male durchgeblättert, dennoch genoss er die sich wiederholende Monotonie seines einsamen Lebens. Alles war schön und gut, solange er seine Ruhe hatte.

Doch eines Tages wurden die Pläne des Leuchtturmwärters durchkreuzt. Es waren nicht nur die Menschen, die es auf ihn abgesehen hatten, sondern auch Wesen, die nicht von dieser Welt stammten. Ein bösartiger Engel tauchte auf und beanspruchte den Leuchtturm für sich. Der arme, verzweifelte, alte und buckelige Wärter setzte ihm alles entgegen, was er ihm zu bieten hatte, doch wurde letztendlich von dem Engel überwältigt und versklavt. Seither stand der Wärter in den Diensten des Engels, wurde tagtäglich dazu verdonnert, ihm bei dessen Forschungen und Experimenten zu unterstützen, und an schlechten Tagen probierte der Engel sogar seine neuesten Erfindungen an dem armen Wärter aus. Nach Wochen war der Körper des armen Wärters deformierter als zuvor. Letztendlich wurde dem armen Kerl eine Aufgabe in seinem einsamen Leben aufgebrummt. Letztendlich fand er sogar Gefallen an diesem Albtraum.

Zeki war der Name von Lazarus' treuestem Untertan. An jenem Tag stand ihm eine besondere Arbeit bevor. Lazarus hatte ihm schon viele außergewöhnliche Aufgaben aufgetragen, aber diese überstieg Zekis kühnsten Erwartungen. Zum ersten Mal in seinem Leben berührte er den Körper einer wunderschönen Frau. Teresas zarter, zerbrechlicher Körper sah im Lichte der spärlichen Beleuchtung so unschuldig aus, dass Zeki sich kaum traute, die nötigen Operationen durchzuführen. Der weiße Patientenkittel bedeckte die spannenden Stellen, dennoch offenbarte sie ihm mehr, als er sich jemals erträumt hatte.

In vielen Fällen hatte er Lazarus nur assistiert, doch mittlerweile durfte er einige Arbeiten selbst durchführen. Ihr Patientenkittel war am Rücken noch aufgeknüpft, sodass ihm ein Einblick bis hin zu ihrem Steißbein gewährt wurde. Parallel zu ihrer Wirbelsäule verliefen jeweils acht, schwarzumrandete Löcher, die paarweise angeordnet waren. Die Glücksgefühle erfüllten den einsamen Wärter in jenem Moment. Zum einen konnte er seine vollbrachte Arbeit betrachten, zum anderen auch den zarten Frauenkörper, der ihm auf dem Präsentierteller serviert wurde. Es war wohl der schönste Tag in seinem bemitleidenswerten Leben.

„Darf ich mir wieder etwas anziehen?", fragte Teresa.

Als Teresa sprach, schreckte der Leuchtturmwärter auf. Bisher durfte er seine operativen Fähigkeiten nur an Leichen austesten, die nicht halbwegs an die Schönheit dieses warmen Körpers heranreichten.

„Oh, verzeih mir! Seit wann bist du wach?"

„Ich kann es nicht einschätzen", sagte sie. „Mir war anfangs schwindelig und ich war zwischendurch wieder eingenickt. Doch mittlerweile geht es mir besser."

Zeki schluckte. Hatte sie gemerkt, wie er sie mit seinen krummen Fingern entlang ihrer Wirbelsäule betatschte? Hatte sie gemerkt, wie er jedes Partikel der freigelegten Stellen wie ein Schmuckstück betrachtete? Wenn ja, würde sie ihn dafür verurteilen oder teilte sie dieselbe Einsamkeit, die ihn zu dieser Euphorie zwang?

„Bitte, warte noch!", sagte Zeki. „Es ist vorerst ratsamer, den Rücken von Textilstoffen fernzuhalten. Je nach Konsistenz können die verheilten Stellen durch die Reibung aufgekratzt werden."

Ungläubig nickte Teresa. „Du scheinst das hier ja öfter zu machen."

„Bisher ließ mein Meister mich nur an Toten experimentieren – von daher bin ich nun mit Stolz erfüllt, dass alles funktionierte."

Eden Odysseeحيث تعيش القصص. اكتشف الآن