Die Stadt der Engel (8)

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Am frühen Nachmittag fand die Zugfahrt von Nero samt Anhang ihr Ende. Der Taxifahrer chauffierte sie vom Bahnhof bis zur Ferienanlage, wo Nero sich eine Bleibe für die Nacht reserviert hatte. Sie kamen gerade am Mittelpunkt des Urlaubsortes an. Die Anlage erinnerte an ein kleines Dorf, das aus mehreren Bungalows zusammengesetzt wurde. Die haushohen Palmen spendeten schützenden Schatten vor der glühenden Sonne. Neben den Palmen wurde das Zentrum von Bars, Restaurants sowie kleinen Souvenirläden gesäumt.

Pedro entlud gerade drei Koffer aus dem Kofferraum. Von den Koffern waren bereits zwei von Nöten, um Fionas Outfits für den zwei-Tages-Trip zu transportieren. Der geschminkte Möchtegern-Vampir war mit seinem Outfit durchaus anspruchsloser. Er trug wieder sein schwarzes T-Shirt und eine schwarze Stoffhose. Seine Kleiderwahl war auch der Grund, warum ihm bei der Hitze die Schweißperlen in Strömen liefen. Selbst sein Lidschatten fing an zu verlaufen.

Fiona hatte sich entsprechend der Hitze gekleidet. Sie trug einen rosafarbenen Badeanzug, der mehr Haut offenbarte, als es ihre Begleiter von ihr gewöhnt waren. Kleine rotfarbene Kratzer offenbarten die frisch rasierten Stellen an ihren Armen und Achseln. Um ihre Hüfte hatte sie sich ein violettes Handtuch gebunden, auf dem mehrere gezeichnete Bilder spielender Babykatzen abgebildet waren. Sie trug auch wieder ihren schneeweißen Sonnenhut sowie eine Sonnenbrille mit einem pinken Brillengestell. Aufgrund der Hitze verflüssigte sich ihr Bananeneis. Die ersten gelbweißen Tropfen liefen an ihrem Handgelenk hinunter.

Nero blieb seinem dezenten, aber edlen, Stil ausnahmsweise nicht treu, da sein Strandoutfit von Fiona zusammengestellt wurde. Er trug ein blaues Strandhemd, das mit gezeichneten Zitronenhälften verziert wurde sowie eine knielange Badehose, auf der surfende Pinguine abgebildet waren. An seiner Badehose hatte er die Schlaufe seines geliebten Degens befestigt.

Vor die frisch gestrandeten Touristen trat nun eine Frau in einem bunten Sommerkleid. Ihre langen, schwarzen Locken versprühten ihr nach Rosen riechendes Parfum. Nur wenige Falten machten sich auf ihrer braungebrannten Haut bemerkbar.

„Hallo, ich bin eure Reiseführerin. Mein Name ist Josefina."

Fiona schleckte weiter an ihrem Eis. „Hallo."

Die Männer begrüßten die Reiseführerin lediglich mit einem freundlichen Winken.

„Sie müssen Graf von Hohenheim sein", sagte Josefina lächelnd und sah den Grafen an. „Eigentlich hätten wir nur die Ankunft einer Person erwartet.

Nero grinste verlegen. „Ach, meine Verlobte lag mir seit Wochen in den Ohren, dass sie mich unbedingt zu meiner Expedition begleiten möchte. Ich warnte sie vor, dass uns die Reise eher in kühle Museen führt, anstatt an den kochend heißen Strand. Doch sie ließ sich eben nicht aufhalten."

„Hach, ich bin eben unverbesserlich!", sagte Fiona stolz. „Warum sollte ich meinen Verlobten auch in den öden Museen zurücklassen, wenn ich ihn doch dabei begleiten und so viele spaßige Stunden bescheren kann?"

Nero deutete auf Pedro. „Der sexuell unentschlossene und beste Freund meiner Verlobten wollte sich den Spaß natürlich nicht entgehen lassen. Könnte ich vielleicht kurzfristig noch ein weiteres Zimmer buchen?"

„Sexuell unentschlossen?", wiederholte Pedro ungläubig.

Josefina war völlig perplex über die Offenheit des mysteriösen Trios. „Oh, das freut mich natürlich, dass Sie ihre Verlobte und ihren besten Freund doch noch für die Reise begeistern konnten. Doch wir könnten Ihnen höchstens ein Zimmer mit Doppel- und einem Kinderbett anbieten."

„Das wird ausreichen", sagte Nero zufrieden.

„Doppelbett?", fragte Fiona. „Ausgezeichnet!"

„Kinderbett?", fragte Pedro. „Ihr wollt mich doch alle verarschen."

Josefina sah das ungleiche Trio verwundert an. „Also, wenn ihr wollt, kann der Page euer Gepäck auf euer Zimmer bringen. Danach kann ich euch gerne die Ferienanlage zeigen."

„Der Page kann sich gerne unserem Gepäck annehmen, doch leider müssen wir die Führung dankend ablehnen", erwiderte Nero. „Ich bin nur aus geschäftlichen Gründen in der Gegend."

„Können wir nicht kurz zum Strand gehen?", fragte Fiona enttäuscht. „In der Nähe soll es auch ein kleines Fischerdörfchen geben. Das würde ich so gerne sehen! Was gibt es süßeres als süße Opas mit Fischerhüten?"

„Ja, das Fischerdörfchen ist eine sehr beliebte Sehenswürdigkeit", sagte Josefina. „Ein kleiner Hafenrundgang würde Sie perfekt auf das Faible dieser herrlichen Gegend einstimmen!"

„Ja, süße Opas, die in ihrer Freizeit Fische töten", sagte Pedro mit heruntergezogenen Mundwinkeln. „Was könnte es Schöneres geben?"

„Lasst die alten süßen Opas ohne uns ihre Fische töten", sagte der Graf. „Die Pflicht ruft." Er ließ die Koffer stehen und ging zu dem eben erst verlassenen Taxi zurück.

„Vielleicht können wir ja später noch zum Strand", sagte Fiona lächelnd und trottete zum Taxi. „Einem süßen Opi werden wir garantiert begegnen."

„Wäre ich doch nur daheimgeblieben", resignierte Pedro.

Eden OdysseeWhere stories live. Discover now