Herz (8)

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Als Nero von den Sonnenstrahlen wachgeküsst wurde, suchte er Eden neben sich. Seine Hände griffen wieder einmal ins Leere. Panisch riss er die Decke hoch und sprang aus dem Bett, nur um Eden vor dem Fenster sitzend zu entdecken. Es war dieselbe Stelle wie bereits vorletzte Nacht, als sie wie hypnotisiert in das Mondlicht starrte. Nun hatte es ihr die aufgehende Sonne angetan. Gestern hatte er mit ihr Ausflüge in die ländliche Umgebung unternommen, doch im Gegensatz zu ihrem kurzen Trip durch die Kornfelder, wirkte sie abgelenkt und desinteressiert. Sie schien vollkommen neben sich zu stehen.

„Wieder eine schlaflose Nacht?"

Eden drehte sich nicht um. Sie sonnte sich in den ersten Strahlen des frisch angebrochenen Tages.

„Ich habe Angst", sagte sie. „Hier ist alles so ... fremd."

Er schritt langsam näher und ging neben ihr in die Hocke. Seine Hand streichelte über ihren Rücken. „Du wirst dich an diese Welt gewöhnen. Jeden Tag ein Stückchen mehr."

„Was weißt du denn schon davon?" Sie blickte ihn an und offenbarte ihr verheultes Gesicht. „Glaubst du, das hier ist einfach für mich?"

„Das habe ich nie behauptet, Eden. Du weißt gar nicht, wie dankbar ich für deine Entscheidung bin. Jemanden zurückzulassen, ist wohl das herzzerreißendste Gefühl, das uns diese Welt bereithält. Doch glaubst du nicht, dass dir deine Liebsten auf der anderen Seite dein Glück gönnen? Selbst wenn es bedeutet, dass du sie verlassen musstest?"

„Ist das so?", fragte sie seufzend. „Was weißt du denn davon, deine Liebsten von einem Moment auf den nächsten für immer zu verlassen?"

„Was ich davon weiß?", fragte er. Die Freundlichkeit in seinem Gesichtsausdruck verschwand. „Was ich davon weiß, in einer mir fremden Welt mit der Gewissheit aufzuwachen, dass all meine Freunde und Verwandten ermordet wurden? Was ich davon weiß, mit meinem Schicksal alleine gelassen zu werden, stets auf mich allein gestellt? Was ich davon weiß, all die Jahre unzählige Schmerzen ertragen zu haben, ohne je ein einziges Zeichen von dir erhalten zu haben?"

Als er sichtlich verletzt aufstand, drehte sich Eden um und sah ihm mit glasigen Augen hinterher.

„Nero ..."

An der Tür blieb er stehen und schenkte ihr noch einen letzten verletzten Blick. „Im Gegensatz zu dir blieb mir nicht mal eine Wahl."

Sie streckte ihre Hand nach ihm aus. „Bitte, geh nicht!"

Die Tür fiel hinter ihm zu.

Eden OdysseeWaar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu