Omega Station (35)

3 1 0
                                    

/// Starte WACHTER AG HUD V 3.17S ///

/// Lade Benutzeroberfläche – FEHLER ///

/// Lade personalisierte Benutzeroberfläche - 100% ///

/// System gestartet ///

Guten Abend, Walburga :-)

Bitte lege deinen Zeigefinger auf die linke Maustaste

/// Puls wird gemessen /// 0.000 Pulsschläge pro Minute ///

Glückwunsch, du bist tot!

Glückwunsch! /// SYSTEMFEHLER ///

Lächeln :-)

/// AUTOMATISCHER ZWISCHENBERICHT ///

- Statusbericht -

///Zeit: ¿3:17:00?///

///System beschädigt /// Neustart erforderlich ///

-> shutdown /r /t 0

/// Starte WACHTER AG HUD V 3.17S ///

/// Lade Benutzeroberfläche – FEHLER ///

/// System wird neugestartet /// Benutzeroberfläche wird geladen ///

Außentemperatur: 12047° C / Wassertemperatur: -504 C°

/// validiere Daten /// Daten fehlerhaft ///

Fehler 801: Serververbindung in B3 gestört

Fehler 801c: Lichtsteuerung in B3 gestört

Fehler 801f: Kühlschrank in B3 Personalküche ausgefallen

Wetterbericht: Keine Verbindung zum Server / Niederschlag 0,00% /// Keine Verbindung zum Server /// Wind 500 km/h

Alarmstufe: Nicht ermittelbar /// Daten fehlerhaft ///

/// STATUSBERICHT NICHT MÖGLICH///

KONTAKTIEREN SIE DEN SYSTEM-ADMINISTRATOR

Trinkst du auch genug?

/// SHUT DOWN mit personalisierter Verabschiedung ///

wunder,Du bist schön!

...

Durch den Flur der Krankenstation hallten die hektischen Schritte der Sicherheitsleute. Diese wurden in kurzen Intervallen von der Sirene übertönt. All dies nahm Kain nur noch verschwommen wahr. Die Schmerzmittel entfalteten endlich ihre himmlische Wirkung. Nicht nur die physischen Leiden wirkten wie weggewischt, sondern selbst die schmerzenden Gewissensbisse verspürte er nur noch als leichtes Jucken. Die Handschellen engten ihn nicht mehr so ein wie zuvor, selbst unbequem im Krankenbett liegend, fühlte es sich an, als würde er auf samtweichen Wolken schweben. Den Verlust der wichtigsten Menschen seines Lebens war für kurze Zeit vergessen. Übrig blieb eine ihn mit Glückseligkeit ausfüllende Leere. Was der Name seines Alter Egos vermuten ließ, entpuppte sich in jenem Augenblick als Wahrheit. Das Nichts war ein begehrenswerter Zustand, zumindest angesichts der Katastrophen, die rund um ihn geschehen waren. Doch letztendlich war dieser Zustand nicht mehr als eine Scheinwelt, die im echten Leben keine Rolle mehr spielte. Schmerzen, Ängste und Tragödien bildeten erst die Grundlage für positive Emotionen. So wie die Angst vor wilden Tieren und Naturgewalten die ersten Menschen Unterschlüpfe bauen ließ, spornten gerade die Schattenseiten des Lebens die Menschen zu großartigen Taten an. Die Gier nach Liebe verleitete die Menschheit auch zu unüberlegten Taten, die anderen Menschen Schmerzen bereiteten. Seine Liebe zu Aniela ließ ihn über Leichen gehen, seine Liebe zu seiner Mutter ließ ihn Sterbehilfe leisten. Im Nichts dagegen gab es keinerlei Emotionen, weder positiv noch negativ, noch eine Motivation für derartige Taten. In jener Scheinwelt hätte er niemals seine Liebe kennengelernt, noch Mutterliebe von einer ihm völlig fremden Frau empfangen. Hoffentlich erwartete ihn auf der anderen Seite ein milderes Urteil, als das, was ihn in der Realität erwartete. Wenn es ein übernatürliches Gesetz wie Karma gab, so müsse es doch immerhin ein Fünkchen Verständnis für ihn aufbieten können. Für ihn, der doch nur aus Liebe gehandelt habe. Für ihn, der im vollen Bewusstsein sein Leben wegwarf. Doch diejenigen, die in dieser Welt das Sagen hatten, interessierten sich für ihn und seine unergründlichen Liebe einen Scheißdreck. Sie würden ihn auf ewig in das letzte Loch stecken oder bei bester Gelegenheit im Wald hinrichten.

Der Tod war bereits auf dem Weg zu ihm.

Zwischen den Sirenentönen hallte durch den Flur das Echo von mehreren Sturmgewehrsalben. Während die Schüsse nur von einer Seite ertönten, verstummte ein Sturmgewehr nach dem anderen. Irgendwann war kein Schuss mehr zu vernehmen. Langsam wurde die Klinke zu seinem Zimmer geöffnet. Einer der Sicherheitsmänner, der nur für Kain abgestellt worden war, fiel gegen das Seitengitter von dessen Krankenbett. Das einst weiße Laken wurde von blutigen Sprinklern beschmutzt. Kurz darauf ertönten ruhige Schritte.

Kain öffnete die Augen, doch seine verschwommene Sicht ließ ihn seinen Besucher nur schemenhaft wahrnehmen. Eine große Statur machte sich vor ihm klein, wahrscheinlich als diese sich auf einen der Stühle neben seinem Krankenbett saß. Inmitten der Gestalt erstrahlten zwei blaue Kristalle. Ein derartig angenehmer Kontrast zu den grauen, verschwommenen Gemäuern seines zur Zelle umfunktionierten Krankenzimmers hätte er nicht erwartet. Die Stimme, die zu ihm sprach, klang vertraut.

„Soll dies die Welt sein, die du ihr versprochen hattest?"

In diesen Augen erkannte er so viel Licht, dass es ihn ängstigte. Er musste bereits auf dem Weg ins Jenseits sein.

„Hattest du sie nicht angelogen?", fragte die Stimme. „In ihrem Unglück hätte sie sich doch in keiner Welt heimisch gefühlt. Jeder deiner Mitstreiter hatte mehr an Nihilatak geglaubt als du selbst. Du hattest gefleht und gehofft, dass euer Plan irgendwann Früchte tragen würde, aber insgeheim trugst du stets die Gewissheit im Herzen, dass es für diese Welt keinen Ausweg gab. Immer wenn du einen Schritt aus deinem goldenen Käfig setztest, wurdest du Zeuge von der Unterdrückung, die naive Augen nicht sehen können."

Oh ja, dieses Wesen führte Kains letzten Prozess. Seine Augen waren so schön hell. Ja, seine Augen bestanden aus Licht.

„Deine Liebe, deine Mutter und gar deinen Bruder ... Sie alle fielen deiner Utopie zum Opfer. Wer von ihnen wird verstanden haben, dass du eigentlich nur gut meintest? Wird in den Geschichtsbüchern dieser Welt dein Namen geschrieben stehen und wird man hinter vorgehaltener Hand von einem Helden sprechen?"

Die Gestalt berührte sanft sein Handgelenk. Kains Herzen wurden immer schwächer.

„Du armer, missverstandener Teufel ... Lass dir gesagt sein, dass deine Tat nicht vergebens war."

Seine Adern wurden mit dem betäubenden Schmerzmittel erfüllt. Je länger die Prozedur dauerte, desto weniger spürte er die peinigenden Gewissensbisse. Diese leuchtenden Augen gaben ihm die Hoffnung auf Erlösung.

„Schlaf schön, oh großer Erlöser dieser Welt." Der sonst so ruhigen Stimme war ein kurzes Schmunzeln entwichen. „Schlaf und entsage dich von den irdischen Schmerzen."

Die schemenhafte Gestalt und die Zellenwände waren längst verschwunden, doch das Licht war geblieben. Die einst schwammigen Konturen verwandelten sich in die helle Fassade, die er als Hotellobby in Erinnerung hatte. Der weiße Tresen, an dem der Rezeptionist lehnte, die weißen Schriftzüge an den gläsernen Schiebetüren der Eingangshalle – so kühl wie an jenem Tag, als er seine Aniela verloren glaubte. Es kam ihm wie gestern vor, als er sich umdrehte und sie plötzlich verschwunden war. Doch nun, in diesem von Licht erfüllten Moment, stand sie vor ihm.

Es wirkte, als könnte er durch die zwei schwarzen Schutzschilder durchsehen, als könnte er noch einmal ihre strahlenden Augen erblicken. Sie lächelte herzlicher, als sie es in der Realität je vermocht hatte. Was auch immer in den Geschichtsbüchern über ihn geschrieben stehen sollte – für sie war er ihr Held gewesen.

...

...

...

/// Erinnerung ///

Du bist wunderschön.

Du bist wunderschön.

Du bist wunderschön.

Du bist wunderschön.

Du bist wunderschön.

Du bist wunderschön.

Du bist wunderschön.

Eden OdysseeWhere stories live. Discover now