ein reines Nervenbündel

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Der erste, den wir in der Küche antrafen war Jack. Während Hicks und ich hineingingen, war er bereits wieder am Verlassen. Ich ging zu ihm hin und gab ihm ein Küsschen auf die Wange. »Guten Morgen, Jack.« »Seit wann bekommt Jack denn eine so nette Begrüßung?«, fragte Hicks hinter mir. »Hab ich mich gerade auch gefragt«, fügte Jack hinzu. »Darf ich dich denn nicht auch mal nett begrüßen? Nach all dem, was die letzten Tage war tut Nettigkeit sicher gut.« »Dann komm her, Cousinchen!« Jack nahm mich auf einmal eng in den Arm und schüttelte mich hin und her. »Nett genug?« Leicht taumelnd versuchte ich zu einem Stuhl zu gelangen. Etwas verwirrt brabbelte ich »Erm...ja..nett genug...« Hicks legte eine Hand auf meine Schulter. »Alles in Ordnung?« »Ja ja, nur schwindelig nach dieser schüttel Aktion. Das nächste mal, wenn ich einen Mixer brauch hol ich dich, Jack.« »Allzeit bereit.« Lachend verließ Jack die Küche. Ich stand wieder auf und stellte die Kaffeemaschine ein. Hicks und ich saßen lange am Küchentisch. Die meiste Zeit nur mit einer Tasse vor der Nase. Er wollte genauer wissen, was in den zwei Wochen passiert war. Kann man es ihm denn verübeln? Das ging den halben Vormittag so. Bis es klingelte. Ich tippte Hicks beim Vorbeigehen kurz auf die Schulter, dass er sitzen bleiben konnte. »Das ist sicher nur Jack, der seinen Schlüssel vergessen hat.« 

Auf dem Schlüsselbrett lag jedoch kein Schlüssel. Also war auch nicht Jack an der Tür. Mit zusammengezogenen Augenbrauen öffnete ich die Haustüre. »Oh, morgen Haudrauf.« Ich drehte mich ins Haus und rief »Hicks, vielleicht solltest du doch mal kommen!« »Warum denn?«, fragte er bereits auf dem Weg zu uns. Ich stieß die Tür weiter auf und zeigte Hicks unseren Besuch. »Vateeeeer«, sang er nervös los, »Was machst du denn hier?« »Sehen wo mein Sohn sich so herumtreibt. Die Schule hat angerufen wo du steckst.« Hicks wurde neben mir immer kleiner. Vorsichtig fragte er »Und was hast du gesagt?« »Dass du mit einer starken Erkältung im Bett liegst.« Erleichtert atmete Hicks auf. »Danke Vater.« »Aber jetzt frag ich mich, was du hier machst, statt in der Schule. Das ist doch bisher noch nie vorgekommen. Du warst nie unter der Woche über Nacht bei Astrid.« »Daran bin wohl ich schuld, Haudrauf«, gab nun ich kleinlaut zu. »Ich hab gestern nicht nachgedacht welcher Wochentag es ist und daher Hicks auch nicht rausgeworfen, als es spät wurde und ich es dann bemerkt hatte.« »Nun ja, ich schätze wenn er geblieben ist war es sicher wichtig?« »Das war es Vater! Ich hatte dir doch gesagt, dass sie mich vollkommen ignoriert! Gesten hat sie damit aufgehört.« »Du kannst gerne reinkommen und mit uns einen Kaffee trinken. Ich kann dir auch erklären, was genau los war. Ich wollte Hicks einfach nicht noch einmal in den Schlamassel ziehen, wie das letzte mal.« »Dann setzt mal frischen Kaffee auf.« Ich machte für Haudrauf den Weg ins Haus frei. Während er sich den Wintermantel auszog musterte ich Hicks einmal von oben bis unten. »Willst du dir nicht schnell etwas anziehen, Süßer?« Er sah auch an sich herunter, zuckte auf, gab mir einen Kuss auf die Wange und hastete zur Treppe. »Dauert nur eine Minute.« »Und Yvonne kannst du auch gleich runterschicken!«, rief ich ihm noch hinterher. »Wird gemacht.« Auf dem Weg zur Küche sagte Haudrauf beeindruckt »Du hast ihn wirklich gut unter Kontrolle, das muss man dir lassen.« Verlegen entgegnete ich »Wenn ich ihn unter Kontrolle hätte, würde er sich keine Sorgen machen, wenn ich es ihm sage.« »Glaub mir. Er wäre nicht hoch, um sich anzuziehen, wenn es jemand anderes gesagt hätte. Er hätte wahrscheinlich nur gesagt "Das ist mein Vater. Wieso solle ich?". Und das mit den Sorgen kannst du dir abschminken. Er wird sie sich immer machen, egal was du sagst. Das liegt in der Familie. Haha, du hättest mich mal sehen sollen, als Valka mit Hicks schwanger war. Ich war ein größeres Nervenbündel als sie. Hahaha« Leise kichernd füllte ich Kaffee in vier Tassen und stellte eine davon schon auf den Tisch. Zusammen mit Milch und Zucker. »Ich hoffe Hicks war kein zu großes Nervenbündel die letzten beiden Wochen.« »Er hat mir sehr gut verdeutlicht, dass bei dir etwas nicht stimmen muss und er sich große Sorgen macht.« »Er war doch nicht zu unerträglich, oder?« »Haha, nein. Es gab schon schlimmere Zeiten mit ihm.« »Schlimmere Zeiten mit wem?« Yvonne kam in die Küche geflitzt. »Hallo Ma, auch mal wach?«, begrüßte ich sie nett. Gefolgt von einem Küsschen auf die Wange und dem Kaffee. »Ah danke Süße. Das ist lieb von dir. Und ob du es mir glaubst oder nicht, ich bin seit Acht auf und sortiere ein paar Akten.« »Doppelter Grund für Kaffee. Aber«, ich sah zur Tür, »Wo bleibt denn jetzt Hicks?« »Schon da«, er schlitterte in die Küche, gab mir einen Kuss auf die Schläfe und lief weiter zu den letzten beiden Tassen Kaffee auf der Arbeitsfläche, um diese noch auf den Tisch zu stellen. Wir beide setzten uns. Während ich noch die Zubereitung meines Kaffees beendete begann ich bereits zu erzählen. Yvonne und Haudrauf lauschten sehr gespannt dem, was ich zu sagen hatte. Auch Hicks hörte mir gebannt zu, obwohl er das meiste davon bereits vor wenigen Minuten erfahren hatte. Das alles noch einmal zu erzählen brachte die verschiedensten Gefühle in mir zum Brodeln. Die Angst kam wieder hoch, genauso wie die Panik. Doch auch Wut und ein wenig Selbsthass. 

Endlich im Glück? Where stories live. Discover now