Noch eine Überraschung

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Am folgenden Morgen holte ich mir nur einen Kaffee, mit dem ich wieder in mein Zimmer ging. Ich wollte mir einen bequemen Tag machen. Beim Laufen durch das Zimmer sah ich, dass an meinem Laptop das Anrufsymbol aufgetaucht war. Als ich den Namen sah konnte ich nicht wirklich etwas damit anfangen. Mit abgestellter Webcam nahm ich den Anruf an, um erst zu sehen, wer das war. Ich hatte wirklich mit allem gerechnet, aber nicht damit.

»Dad?!« »Guten morgen, Kleines. Und alles gute nachträglich. Tut mir leid, dass der Anruf gestern nicht mehr geklappt hat, aber es ist nicht so einfach mit dieser Zeitverschiebung und dem kleinen Faktor, dass ich noch immer im Gefängnis bin.« »D-danke...du...woher weißt du, dass ich hier in LA bin?« »Hicks hat es mir gesagt.« »Hicks?« »Ja, sonst hätte ich einfach bei dir zuhause angerufen, was ziemlich schiefgelaufen wäre.« »Das musst du mir etwas genauer erklären.« Ich nahm einen Schluck Kaffee, damit ich das jetzt auch wirklich richtig verstehe. »Hicks war vor einigen Tagen hier und hat mir erklärt, dass und warum du in LA bist und dass ich doch über Videochat bei dir anrufen soll, als Überraschung.« Lächelnd griff ich nach meinem Handy und schrieb Hicks ein "Danke". »Ich hoffe dir geht es gut bei den verrückten Amerikanern.« »Haha, ja alles bestens, Dad.« »Wenn deine Mutter dich nur sehen könnte. Du bist zu einer wunderschönen Frau herangewachsen. Das hast du definitiv von ihr.« »Ja, Mum war wirklich atemberaubend schön...« »Und du hast einen Spitzenjob in den USA. Mit gerademal 18 Jahren! Ich bin unglaublich stolz auf dich, Astrid. Das wäre deine Mutter auch. Du bist erfolgreich, unabhängig, hast eine mehr als gutlaufende Beziehung, trotz dieser Entfernung...« »Gutlaufende Beziehung? Heißt das...Du akzeptierst Hicks endlich?« »Abgefunden hatte ich mich doch bereits damit.« »Aber abfinden ist nicht akzeptieren. Dad das...das ist wirklich das beste, was du mir heute hättest sagen können. Wie kam es jetzt so plötzlich dazu?« »Er war ja hier. Der Bursche ist extra hierher gefahren, nur um mir zu erklären wo du gerade bist, was du im Moment tust und wie ich mich am besten bei dir melden kann für deinen Geburtstag. Er hatte mir erklärt, was er für dich auf die Beine stellen wird zusammen mit deinen Arbeitskollegen. Er war total aufgeweckt, als er davon erzählte. Da begriff ich, dass er dich so liebt, wie es nie jemand anderes tun könnte. Was er da für dich aufgezogen hat, hätte nicht jeder gemacht. Andere hätten einfach angerufen. Ein anderer hätte es auch nicht für nötig empfunden mir zu sagen, dass du in LA bist. Dein Hicks ist schon ok.« »Danke...danke Dad.« »Was dich vielleicht auch interessieren könnte, ich habe nach meinem kurzen Rückfall, kurz vor deinem letzten Besuch, wieder hart gearbeitet und bin bereits ein halbes Jahr frei vom Alkohol. Deshalb durfte ich das hier jetzt auch.« »Ein halbes Jahr schon? Das ist bis jetzt deine längste Spanne, oder?« »Ja.« »Ich bin auch stolz auf dich, Dad. Bleib jetzt auch wirklich dran an der Sache. Nicht, dass es in ein paar Monaten wieder heißt, du bist wieder süchtig.« »Wird es sicher nicht. Das verspreche ich dir.« »Das würde ich mal an deiner Stelle lassen. Letztes mal hast du es mir auch versprochen.« »Aber diesmal schaffe ich es sicher.« »Versprich nicht zu viel Dad, sonst sind deine Versprechen irgendwann nichts mehr wert.« »Das ist mein letztes Versprechen. Es wird funktionieren.« »Ich drück dir die Daumen.« Mein Vater lächelte mich stolz an. Es dauerte aber nicht mehr lange, bis er von dem Wärter hinter ihm angetippt wurde. »Ich muss leider schon wieder auflegen, Astrid. Entschuldige.« »Nicht schlimm.« »Auf wiedersehn, Süße.« »Wiedersehn.« Die Verbindung wurde vom anderen Ende aus beendet. 

Ich griff nach meinem Handy. Hicks hatte inzwischen geantwortet. Ein nichtsahnendes "Wofür?" Ich antwortete "Das weißt du ganz genau." Doch er stellte sich weiterhin dumm. "Nein, weiß ich nicht. Verrats mir." "Das mit meinem Dad." "Was denn?" "Hicks, jetzt hör auf damit und nimm den Dank an!" "Das hab ich doch gern für dich gemacht, Astrid." "Aber auch für dich." "Wie meinst du das?" "Hast du Zeit für ein Telefonat?" "Video oder normal?" "Video" "Klar. Bin in fünf Minuten online♥"

»Also, wie meintest du das jetzt?« »Er mag dich. Oder findet dich zumindest ok.« »Wirklich?« »Ja. Weil du für mich extra zu ihm gefahren bist.« »Na das hoff ich mal. Oh Mann, du hättest sein Gesicht sehen müssen, als ich in diesen Besucherraum gekommen bin. Er dachte zuerst das sei ein Scherz.« »Haha, das traue ich ihm sogar zu«, ich nahm einen etwas ernsteren Blick an, »Hicks, das ist zu süß, was du alles für mich gemacht hast. Und ich hab dich nur glauben lassen ich hätte einen Geburtstag vergessen, was dich dann auch noch wirklich verärgert hat. Womit habe ich das verdient?« »Ist doch schnurz, was du für mich gemacht hast. Selbst wenn du meinen Geburtstag wirklich vergessen hättest, hätte ich das für dich aufgezogen. Einfach, weil du meine Freundin bist. Und ich dir einen unvergesslichen Geburtstag ermöglichen wollte, egal ob du hier bist oder in Amerika.« »Unvergesslich hast du definitiv geschafft. Ich meine, Stark Hologramm Technologie mitten in der Cafeteria? Wer hat schon sowas an seinem Geburtstag ermöglicht bekommen?« »Bestimmt genug.« »Mach dich nicht selbst schlecht, Hicks. Das hat sicher noch niemand erleben dürfen. Danke.« »Wofür ist denn das jetzt?« »Alles. Alles, was du je für mich getan hast und noch tun wirst.« »Ach Astrid...«

Wirklich lange redeten Hicks und ich nicht mehr. Reden war es mit dem fortlaufenden Gespräch auch nicht mehr. Eher spaßiges zanken. Kaum hatten wir aufgelegt kam der nächste Anruf rein. Komme ich denn heute überhaupt noch auf diesen Balkon, um in der Sonne herumzuliegen? Diesmal saß Raffnuss vor der Kamera. Sie begrüßte mich noch nicht einmal. Ihre ersten Worte waren ein langgezogenes »As-trid Hof-fer-son.« »Anwesend...?« »Wie kannst du es wagen deinen achtzehnten Geburtstag in Amerika zu verbringen?!« »Weißt du, das liegt an etwas, das nennt sich Arbeit. Kannst du vielleicht auch versuchen.« »Ha, ha! So leicht kommst du uns nicht davon, Fräulein!« »Mein Geburtstag war doch sowieso gestern.« »Da warst du aber nicht zu erreichen.« »Hicks hatte eine Überraschung für mich. Sorry.« »Zu spät.« »Stell dich nicht so an, Raffnuss. Es war nur mein Geburtstag. Das können wir nachholen, wenn ich wieder zuhause bin. Außerdem hast du ja wohl garkeinen Grund auf mich auch nur irgendwie sauer zu sein! Wann wolltest du mir denn bitte sagen, dass du was mit Eret am laufen hast?!« »E-eret?...ich kenne keinen Eret.« »Dann warst das also nicht du, die letztens meinte "Eret?! Ich bin nicht hier, um dir zuzuhören, wie du mit jemandem Videochattest!!" ?« »Er hat mit dir gechattet?!« »HA! Nun sag schon, wie lange geht das schon?« »Ein...vielleicht zwei...Monate.« »Und warum sagt ihr mir das nicht?! Du willst auch immer sofort alles aus meinem Leben erfahren.« »Tut mir leid..?« »Wie habt ihr euch überhaupt kennengelernt?« »Zufällig in der Stadt getroffen.« »Sag mir nicht, du bist ihm gefolgt.« »Würde ich nie tun.« »Och Raffnuss«, ich schlug mir die Hand gegen die Stirn. »Hat doch trotzdem geklappt. Wo ist dein Problem?« »Eigentlich sollte es mir gerade egal sein. Aber denk dran; ich lerne zusammen mit ihm. Also sollte das nicht halten wird nichts auf mich übertragen oder abgeladen, verstanden?« »Zu 100 Prozent.« »Also nur 49...« »HEY!« »Gibt es Einwände?« »Ich hab es echt zu 100% verstanden. Warum ziehst du jetzt 61% ab?« Ich musste mir das Lachen verkneifen. Gut zu wissen, dass sie sich kein Stück verändert hatte. »Bye, Raffnuss.« »Nein! Ich will jetzt eine Antwort!« »Ich leg jetzt auf.« »Astrid!« Gut sichtbar bewegte ich meinen Finger auf die "Esc" Taste zu. »Astrid!« Schwups, schloss sich das Fenster. Und nun konnte ich mich in Ruhe in die Sonne legen. 

Endlich im Glück? Where stories live. Discover now