Wirklich zuhause

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Kaum hatten wir die Autobahn verlassen sah ich immer vertrautere Straßen. Manche Stellen, an denen wir vorbei fuhren riefen sofort Erinnerungen auf, an die ich schon längst nicht mehr gedacht hatte. Es war schön endlich wieder das Vertraute zu sehen. Straßen, bei denen ich keinen Fahrer brauche, weil ich jeden Weg blind entlanglaufen könnte.

Jack bog in unsere Einfahrt ein. Ich kletterte sofort aus dem Wagen und rannte zur Haustür. Bevor ich dort ankam rief Jack mir hinterher »Wir kümmern uns um deine Koffer.« Ich blieb kurz stehen, zeigte ihm einen Daumen und lief weiter zur Tür. Diese öffnete sich fast wie auf magische Art und Weise, als ich davor stand. »Yvonne!«, rief ich glücklich und zog sie in meine Arme. »Schön dich wieder hier zu haben, Süße.« »Ich bin auch froh wieder hier zu sein.« »Komm erstmal rein. Die Jungs kümmern sich ja um deine Sachen.« Yvonne nahm meine Hand und zog mich gleich aufs Sofa. »Endlich habe ich meine Tochter wieder hier.« Wie glücklich es mich immer wieder machte, wenn sie mich ihre Tochter nannte. Es zeigte mir immer gleich, wie gut ich in dieser Familie aufgenommen wurde und dass ich das gegen nichts auf dieser Welt eintauschen würde. Wie sehr Jack und Yvonne mich liebten, als sei ich wirklich mit ihnen verwandt. Und von Geburt an bei ihnen. 

Im Augenwinkel sah ich die Jungs durch das Zimmer laufen, auf die Treppe zu. Als die beiden verschwunden waren sagte Yvonne etwas leiser. »Sie haben dich wirklich wahnsinnig vermisst. Beide. Jack ist die ersten Tage noch die Treppe heruntergekommen und hat nach dir gerufen oder gefragt, wann du mal wieder von Hicks vorbei siehst.« »Wirklich?« »Ja. Es hat eine Weile gedauert, bis wir realisiert haben, dass du in LA bist. Außer Hicks. Der war gleich niedergeschlagen.« »Weil ihr ihn einfach missbraucht habt, solange er noch hier war?« »Er war einige male hier, um Zeit mit Jack zu verbringen. Euer kleiner Trupp hat in den Ferien wirklich viel unternommen und Hicks war so gut wie immer dabei, um nicht alleine auf seinem Zimmer zu hocken.« »Ich weiß er wollte die Ferien mit mir verbringen...aber wir hatten ja regelmäßigen Kontakt zueinander. Und wenn er sich nicht verschanzt hat ist das doch auch was.« »Verschanzen ist nicht sein Ding. Das hab ich in den letzten Monaten gemerkt.« »War er wirklich so oft hier?« »Wie schon gesagt, er und Jack haben viel zusammen unternommen.« »Apropos er und Jack...«, ich sah zur Treppe. Die beiden waren immernoch oben. Ich holte tief Luft und schrie nach oben »WENN IHR IN MEINEN KOFFERN WÜHLT, ZEIGE ICH EUCH, WAS ICH IN LA GELERNT HABE! UND IHR SEID DIE ZIELOBJEKTE!!« »Beruhig dich Astrid, wir wühlen in garnichts herum!«, kam Hicks' Stimme zurück. Kurz darauf auch die beiden Jungs nach unten. Während Jack schnurstracks durch das Wohnzimmer zur Küche lief, kam Hicks zum Sofa. Kaum war Jack in der Küche verschwunden, rief er nach Yvonne. Diese stand sofort auf und ging zu ihrem Sohn. »Du...ihr habt gekocht?«, fragte ich verwundert. »Wir brauchen ja auch etwas zum Abendessen. Und ich vermute mal du hast auch Hunger.« »Da vermutest du allerdings richtig.«

Als ich mich wieder zurückdrehte, hatte ich Hicks direkt vor mir sitzen. Er lächelte mich nur schweigend an. »Ist...etwas?« »Ich hab etwas für dich.« War das jetzt sein Ernst? Aus welchem Grund wollte er mir jetzt etwas schenken? Ich schloss meine Augen und wollte mich gerade beschweren »Oh Hicks, bitte ni-«, da gab Hicks mir auf einmal ein kurzes Küsschen auf die Lippen. Überrascht schlug ich die Augen gleich wieder auf. »Huh?« Hicks lächelte einfach genauso wie vorher. »Wir sind noch nicht dazu gekommen uns zu küssen, seit du wieder hier bist. Und ich finde darauf haben wir jetzt lange genug gewartet.« »Dann küss mich, verdammt noch mal!« Ich packte Hicks sofort an seinem Shirt, um ihn zu mir zu ziehen. Er wollte das Selbe tun. In null Komma nichts lagen unsere Lippen aufeinander. Wie sehr ich mich nach diesem Moment gesehnt habe. Endlich wieder diese Lippen spüren zu können. Dieser Kuss soll am besten nie enden. Ich will für jeden verpassten Kuss der letzten Monate Hicks jetzt am liebsten eine Minute länger küssen. Dass das nicht geht ist mir klar, doch man kann ja noch träumen. Hicks vertiefte den Kuss noch mehr, wobei er mich nach hinten auf das Sofa drückte.

Ein »Essen wäre jetzt dann fertig«, aus der Küche ließ mich Hicks jedoch sofort vergessen. Ich schob ihn wieder nach oben, um mich selbst aufsitzen zu können. Er sah mich etwas bedröppelt an, als ich den Kuss auflöste und gleich in die Küche stürmte. »Ich hab einen wahnsinnigen Hunger! Das Essen im Flugzeug war nicht gerade viel. Und endlich wieder etwas hausgemachtes! Yvonne, ich liebe dich!« Ich packte mir meinen Teller voll und setzte mich an den Tisch. »Und was ist mit mir?«, fragte Hicks mit gespielter Beleidigung in der Stimme, während er durch die Küche lief, um sich auch etwas zu holen. »Dich liebe ich natürlich auch. Nur, hast du mir eben kein leckeres Abendessen beschert.« Hicks setzte sich neben mich, sobald er selbst etwas von dem Essen hatte. Er gab mir gleich dazu einen Kuss auf die Wange.

Pappsatt lehnte ich mich in den Stuhl zurück. »Oh Mann, hab ich das Essen vermisst.« »Hattest du nicht monatelang Buffetessen vom Feinsten?«, fragte Jack ebenfalls weit in den Stuhl zurückgelehnt. »Schon, nur ist das nicht das hier«, ich zeigte auf meinen leeren Teller. Hicks aß nun auch das letzte Stück auf seinem Teller und warf sich zurück in den Stuhl. Dabei auch seinen rechten Arm um meine Schultern. Yvonne mischte sich nun auch in die Unterhaltung ein. »Genug von Essen, erzähl uns wie es sonst so war in LA.« Brummend lehnte ich mich an Hicks. »Geht das nicht auch morgen? Ich bin total erledigt.« »So sah das vor dem Essen aber noch nicht aus.« »Klappe, Frost!« »Astrid!« »Tschuldige, Ma.« »Ma?« »Ich...ich geh lieber ins Bett. Es war ein langer Tag«, nuschelte ich schnell und sputete auf mein Zimmer. Drin stolperte ich beinahe über einen der Koffer. Das haben die Jungs ja toll gemacht. Den Fuß haltend hüpfte ich zu meinem Kleiderschrank. Manche Teile daraus vermisst man erst, wenn man sie für längere Zeit nicht hat. Ich zog den obersten Pyjama heraus und zog mich gleich um. Als ich mich zum Bett drehte, kam Hicks gerade ins Zimmer. »Was willst du schon hier?« »Wenn du schlafen gehst, dann ich auch, Milady.« »Du willst doch nur mit mir kuscheln, bevor ich schlafe.« »Ich bekenne mich für schuldig.« Hicks kam weiter ins Zimmer, wobei er die Tür hinter sich zustieß. Ich gab ihm beim vorbeigehen ein Küsschen. Vom Bett aus sah ich erwartungsvoll zu Hicks nach oben. Er zog sich Shirt und Hose aus, was meinen Blick an ihm festhielt. »Astrid...« »Hmm?« »Du starrst.« »Selbst schuld, wenn du dich vor mir ausziehst. Ich konnte dich ewig nicht mehr so sehen.« »Dazu sag ich jetzt nichts.«

Herzhaft gähnend legte ich mich bereits unter die Decke. »Wenn du noch kuscheln willst, dann mach etwas schneller. Sonst schlaf ich wirklich noch ein.« Hicks zog sich schnell ein Shirt und lockere Hose an, wo auch immer er das jetzt her hatte. Bestimmt hatte er die Sachen mitgenommen, bevor Jack und er zum Flughafen gefahren sind. Er kletterte über mich hinweg in das Bett. Letztendlich kuschelte er sich von hinten an mich. Ich knuddelte mich noch etwas näher an ihn. Das hatte mir gefehlt. Jemanden bei mir zu haben, wenn ich einschlafe und von genau diesem Jemand am morgen sanft geweckt werden.

Endlich im Glück? Where stories live. Discover now