Gemeinsame Fahrt

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Sehr vorsichtig wurde an meinem linken Unterarm gerüttelt. Immer deutlicher vernahm ich meinen Namen. »Astrid. Astrid, aufstehen.« »Mhh noch fünf Minuten. Es ist doch noch mitten in der Nacht.« »Ja und deshalb musst du jetzt auch aufstehen. Also raus aus den Federn.« Beleidigt öffnete ich meine Augen. Direkt vor meinem Bett saß Hicks in der Hocke und grinste mich milde an. Da schlich sich auch ein kleines Lächeln über mein Gesicht und ich stand auf. Nachdem ich kurz im Bad war lief ich nach unten und steuerte, wie jeden üblichen morgen, die Küche an. Aber plötzlich kam Hicks aus dieser, mit einem Tablett in der Hand, und lief zum Wohnzimmertisch. Verdutzt sah ich zu ihm. »Du musst was essen. Sonst bist du am Flughafen nicht wach. Also setz dich und lass es dir schmecken.« Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Blitzschnell sprang ich über die Sofalehne und griff mir eine der Kaffeetassen. »Und was machst du?«, fragte ich Hicks, da er wieder Richtung Treppe lief. »Jack wecken. Der ist etwas später ins Bett als du.« »Warum ist er auch schlafen gegangen?« »Er muss dann fahren. Da sollte er auch wach sein.« »Und was hast du in der Zeit gemacht?« »Öhm nachdem Jack ins Bett ist hab ich mich etwas mit Yvonne unterhalten und mit Ohnezahn gespielt. Als die beiden auch müde wurden ist Yvonne ins Bett und ich hab mit Ohnezahn auf dem Schoß fern gesehen.« Bevor ich etwas sagen konnte lief Hicks die Treppe nach oben. Ich lauschte, wie Jack auf das Weckkomanndo reagieren wird. Zuerst vernahm ich nur Klopfen. »MMH, lass mich schlafen!!«, rief Jack darauf so laut, dass ich es hier unten hören konnte. »Jack, steh auf. Wir warten unten auf dich. Das Omelett ist noch in der Pfanne. Genau wie du es bestellt hast.« Was war denn das bitte?

Hicks kam seelenruhig wieder herunter und setzte sich zu mir. Er war nicht einmal richtig mit seinem Hintern auf dem Sofa, da flitzte Jack durch das Wohnzimmer und in die Küche. Hicks griff kichernd zu einem seiner Crêpes. Moment, Crêpes?! »Ich dachte die gibt's nur zu besonderen Anlässen«, sagte ich, griff aber selbst nach einem. »Naja, das letzte Frühstück, das du von mir bekommst für einen längeren Zeitraum?« »Ist ein triftiger Grund.« Jack kam wieder aus der Küche und setzte sich neben Hicks, welcher jetzt den Fernseher anschaltete. »MMMHHH! Astrid, verlass Hicks bitte NIE! Am besten ihr heiratet sobald du zurück bist. Dann kann nur der Tod euch scheiden. Ich zieh dann bei euch ein und hab jeden Tag so ein geiles Frühstück.« »Haha vergiss es Jack. Hicks kocht nur für mich.« »Bitte. Bitte, bitte, bitte. Das ist so verdammt lecker!« Hicks sah zu mir und begann zu lachen. »Irgendwann bekommst du sicher die Chance auf ein Frühstück von mir«, versicherte Hicks bevor er komplett in Gelächter ausbrach. Damit gab Jack sich aber vorerst auch zufrieden und wir aßen alle in Ruhe weiter. Ich muss sagen, mitten in der Nacht zu frühstücken und dabei die Filmwiederholungen des Abends anschauen ist irgendwie komisch.

Aber irgendwann war unser Frühstück zu ende und wir, besonders ich, mussten uns fertig machen. Während Jack auf sein Zimmer ging und sich einfach anzog kontrollierte ich noch schnell, ob ich wirklich alles hatte. Was das Fall war. Ich schloss die Tür und zog mich auch um. Eine recht ordentlich aussehende Jogginghose und ein einfaches Top. Darauf eine rote Sweatjacke. Eine Jeans hatte ich in meinem Rucksack. Als ich mein Zimmer verlassen wollte, um mir noch die Haare zu machen, wartete Hicks neben meiner Tür. »Soll ich schonmal deine Koffer runterbringen?« »Ja, danke.« Ich setzte meinen Weg ins Bad fort und machte mir einen lockeren Zopf. Geflochten konnte man es nicht wirklich nennen. Es war ein Mischmasch aus verschieden Flechttechniken. Dann wohl doch einfach geflochten. Nachdem auch meine Haare fertig waren lief ich in mein Zimmer, zog mein Medaillon an, schnappte mir meinen Rucksack und lief zum Auto. In der Tür stand noch Yvonne. Die wurde wohl von ihrem Sohn geweckt. Da sie schon wach war verabschiedete ich mich noch einmal richtig von ihr. Dann ging sie wieder in ihr Bett. Jack, Hicks und ich setzten uns ins Auto. Den ersten Teil der Fahrt sah ich nur aus dem Fenster. Ich weiß nicht, warum, aber es fühlt sich wie ein endgültiger Abschied an. Ich wollte noch einmal jedes Haus sehen, welches ich täglich gesehen habe. Als wir dann auf die Autobahn abfuhren sah ich im Auto herum. Warum redete denn keiner? Generell war hier eine eher bedrückende Atmosphäre. Daher schnallte ich mich ab und setzte mich auf den mittleren Sitz der Rückbank. Dort schnallte ich mich wieder an, blieb aber nicht sitzen. Ich gab Hicks einen Kuss auf die Wange und legte irgendwie meinen Kopf auf seinen Schoß. »Hicks, ich hab Angst.« Mein Freund fuhr mir etwas durch die Haare. »Ich kanns mir denken. Aber du brauchst keine Angst zu haben. Wir helfen dir so gut es geht.« »Das weiß ich ja, nur bringt mir das da drüben nichts. Und schon garnicht auf dem Flug. Vor dem hab ich am meisten Angst.« »Bist du noch nicht geflogen, Cousinchen?« »Nein. Ich hab keine Ahnung, was ich da drin machen soll.« »Das klappt schon. Frag einfach einen Mitarbeiter. Die helfen dir.« Ich hauchte noch ein heiseres »Ok«, ehe ich versuchte etwas zu schlafen. »Hey«, Hicks hob sein linkes Bein kurz etwas an. »Nicht schlafen. Du musst wach sein am Flughafen.« »Irgendwie muss ich aber runterkommen!« »Hey...alles wird gut.« »Ich weiß...Hicks?« »Ja?« »Willst du mir vielleicht etwas den Bauch kraulen? Das hast du schon ne Weile nicht mehr gemacht...« Hicks erfüllte mir meinen Wunsch. Es beruhigte mich tatsächlich. Aber die Tatsache, dass ich eben ein Flughafenschild gesehen hatte, riss mich aus allen Wolken.

Endlich im Glück? Where stories live. Discover now