spielen wir den Köder

305 31 16
                                    

Mit einem unguten Gefühl verließ ich die Polizeistation und trat meinen Weg nach hause an. Warum musste es auch nur so verdammt kalt sein? Scheint, als wäre ich doch noch nicht wirklich aufgewärmt gewesen. So wie ich jetzt fror. Beobachtet und wirklich sicher fühlte ich mich auch nicht. Statt nur einer Angst, hatte ich jetzt zwei. Ich wollte dem Kerl nicht begegnen. Auch wenn ich wusste, es musste sein. Und ich wollte nicht wirklich das Risiko eingehen Hicks zu begegnen. 

Als ich zuhause ankam war keiner der beiden Fälle in Kraft getreten. Doch wer wüsste wie oft sich dieses Glück wiederholen würde, wenn ich täglich oder alle zwei Tage raus sollte. Mir war klar, dass sie ihn schnappen mussten, aber geht das denn nicht auch anders? Sie wissen ja nicht durch was ich dabei gehen muss. Sie haben nicht die geringste Ahnung, was sie so in mir auslösen. Sie wissen nichts von dieser Angst in mir, welche immer höher steigt und nur zur hälfte wieder sinkt. Sie konnten es ja auch nicht nachvollziehen, dass ich einfach raus musste. Raus aus meinem Zimmer, raus aus dem Haus. 

Heute funktionierte es erstaunlicherweise sehr gut mit dem Schlafen. Wenn auch nicht für lange. Ich wachte sehr früh auf. Dementsprechend war es auch ein sehr langer Tag für mich. Ich wagte den Versuch und wollte nach draußen, einmal in die Stadt und wieder zurück. Doch sobald ich die Hand an die Türklinke legte wurde mir klar, ich konnte es nicht. Die Angst hielt mich davon ab. Und so saß ich den ganzen Tag nur auf dem Sofa. Wenn ich doch wenigstens einen kleinen, schwarzen Kater bei mir hätte, mit dem ich den ganzen Tag lang spielen kann, um das alles mal für 10 Minuten zu vergessen. Aber Ohnezahn war ja bei Hicks. 

Am nächsten Tag versuchte ich wieder nach draußen zu gehen, wieder ohne Erfolg. Gegen Nachmittag kam Jack zu mir aufs Zimmer und setzte sich vor mich auf das Bett. »Warst du schon draußen, so wie Henry es gesagt hatte?« Ich schüttelte den Kopf. »Warum nicht?« Stumm sah ich Jack an. Ich dachte er könne es allein von meiner Mimik erkennen, was das Problem war, doch er fragte mich danach. Ob das Taktik war oder nicht, wusste ich nicht. »Was ist los Cousinchen?«, er legte eine Hand auf meine Schulter. Einige Minuten blieb ich still. Ich suchte nach dem Richtigen zu sagen, doch mir kam nur eines in den Sinn, was Jacks Frage beantworten konnte. »Jack, ich hab Angst.« Er zog seine Hand von meiner Schulter zurück und hielt stattdessen meine fest im Griff. »Ich weiß. Ich weiß. Aber du schaffst das. Dir wird nichts passieren.« »Woher willst du das wissen?!« »Weil wir uns einen Spaß daraus machen.« »Nein, machen wir nicht!« »Würde ich dich jemals reinlegen?« »Ja! Du versuchst es zumindest ständig!« »Ja, haha, na schön. G-ganz sicher nicht diesmal. Versprochen. Dir wird nichts geschehen. Du musst an mich glauben.« Ich erwiderte den Druck von Jacks Hand. Er begann mich anzulächeln. »Gut. Weißt du...ich pass auch auf dich auf. Nicht nur zwei Polizisten. Ich werde immer in deiner Nähe sein, Cousinchen.« Mein Gesicht erhellte sich minimal. Das hatte es schon seit Tagen nicht mehr. Nach über einer Woche war wieder der Ansatz eines Lächeln auf meinem Gesicht. »Also komm«, Jack stand auf, »Wir müssen in die Stadt.« Wir gingen nach unten und zogen uns Jacken und Schuhe an. »Ich schreib dir, wenn ich das Haus verlasse. Dann weißt du, dass ich da bin.« Ich nahm mein Handy in die Hand und lief los. Sobald dieses vibrierte und ich die Nachricht von Jack sah, drehte ich mich kurz herum, um ihn auch hinter mir zu sehen. Mit einem Augenblick fühlte ich mich zehn mal sicherer und konnte meinen Weg etwas entspannter entlanggehen. 

Eine Woche tat ich das jetzt schon. Jeden Tag einmal in die Stadt und zurück. So hatte ich mir meine freie Zeit auch nicht vorgestellt. Das Ganze nahm immerhin mindestens eine Stunde des Tages in Anspruch. Und zuhause etwas anderes machen ging auch nicht. Der Kerl war immernoch da draußen und das ließ mir keine Ruhe. Genausowenig wie Hicks. Es tat mir immer mehr leid ihn zu ignorieren. Noch dazu wäre ich ihm einmal fast über den Weg gelaufen. Er war gerade dabei in den Park zu gehen, als ich auf der selben Höhe war. Ich hatte schnell auf die andere Seite des Weges gewechselt und mich zwischen den Leuten versteckt gehalten. Gesehen hatte er mich nicht, sonst wäre er definitiv zu mir gekommen. Aber seitdem achte ich genauestens auf alle, die mir entgegenkommen. Ich durfte Hicks unter keinen Umständen dort begegnen, solange das nicht beendet wurde. Ich hoffte das würde es bald auch sein. 

Endlich im Glück? Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt