Gute Nacht Geschichte

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Ich legte mich zurück und schloss meine Augen. Sofort tauchte eines dieser Bilder auf. Ich schreckte wieder nach oben. Ich legte eine Hand auf meine Brust, welche sich durch meine erschrockene Atmung stark auf und abhob. Meine Finger begannen sich leicht in mein Oberteil zu krallen. Auf einmal ging das Licht an. Hicks legte eine Hand auf meine Schulter. »Es ist alles gut Astrid. Alles ist gut.« Ich drehte mich zu ihm nach hinten. »Tut mir leid, Hicks. Ich kann dir das nicht zumuten. Es dauert ewig bis ich eingeschlafen bin.« »Ich glaube ich hab da eine Idee«, Hicks begann milde zu grinsen. »Ich erzähl dir einfach wieder eine Geschichte. Einen Versuch ist es wert.« »Aber dafür nimmst du doch immer dein Buch der Drachen und das hast du zuhause und-«, mir fiel etwas auf, »Es ist mitten in der Woche. Was machst du hier? Du musst doch zur Schule.« »Ach scheiß auf die Schule! Nach zwei Wochen sprichst du wieder mit mir und lässt mich an dich ran. Die Schule wird einen Tag ohne mich auskommen.« »Danke Hicks«, flüsterte ich gerührt. »Für dich doch alles, Milady. Jetzt mach es dir bequem.« Hicks rutschte etwas auf und sah von oben auf mich herunter. Ich hatte mich unter die Decke gekuschelt und sah mit einem Auge zu ihm nach oben. »Also, du kennst ja den Drachen an meiner Decke?« »Natürlich. Ich hab dir ne Skizze davon geklaut und daraus nen Anhänger machen lassen, bevor du auch nur Ansatzweise daran gedacht hast den Drachen an die Decke zu malen«, ich sah neugierig zu Hick hinauf, »Erzählst du mir, warum er am Schwanzende sowas wie eine Prothese hat? Dieses rote Teil da?« »Haha, nein. Ich erzähle von Anfang an.« »Von Anfang an?« »Jede Geschichte hat ihren Anfang. Und genau dort beginnt man für Gewöhnlich.« »Bei meinem Glück mit dem Einschlafen kannst du die ganze Nacht durcherzählen.« »Wir werden ja sehen.« Ich sah Hicks gespannt an. Er klemmte mir noch ein paar Haare hinters Ohr und begann zu erzählen. 

»Also das ganze spielt auf einer Insel. Du musst wissen, diese Drachenart, namens Nachtschatten, ist extrem selten. Bekannt waren nur zwei Exemplare im kompletten Inselarchipel. Ein Männchen und ein Weibchen. Die beiden waren sich nicht gerade unbekannt, doch flogen meistens getrennte Wege, da sie zu zweit leichter zu verwunden wären. Doch einige male im Monat trafen sie sich auf einer Insel, genau in der Mitte ihrer beider Reviere. Die Insel hatte eine schöne, versteckte Bucht in ihrem Wald. Also würden sie dort auch kaum von Menschen überrascht werden. Und da sie sich regelmäßig trafen, kam es eben auch irgendwann mal zu Eiern. Zu drei, um genau zu sein. Drei kleine Eier. Die beiden Nachtschatten hätten nicht mehr zum üblichen Brutplatz für die Drachen, der frei von Menschen ist, fliegen können. Einerseits, weil die Eier bereits da waren. Andererseits, weil die anderen Drachen das nicht sehr begrüßt hätten. Immerhin waren die beiden Drachen in ihrer sicheren Bucht. Sie waren dort, bis die drei kleinen Nachtschatten geschlüpft waren. Süße, kleine, schwarze Babydrachen. Ein Weibchen und zwei Männchen. Das Weibchen hatte einen leichten Blauschimmer auf den Schuppen und ein dunkles Blau in den Augen. Die Männchen waren schwarz, wie für den Nachtschatten bekannt. Doch der eine hatte etwas gelbere Augen, der andere ein leuchtendes, kräftiges Grün. Recht schnell hatten sich die Fische in dem vorhandenen See der Bucht ziemlich zurückgezogen. Die wenigen, die noch darin schwammen, versteckten sich vor den Nachtschatten, um nicht auch als Futter für die kleinen zu enden. Also begann der Vater mehrmals am Tag zum Meer zu fliegen, um Fisch zu holen. Dabei wurde er leider von ein paar Menschen in dem nahe gelegenen Dorf gesichtet, da er auch am Tag geflogen ist. In einer Nacht durchsuchte eine Gruppe den ganzen Wald. Sie kamen der Bucht immer näher. Um seine Familie zu schützen ist der Vater nach oben geflogen und begann die Menschen anzugreifen. Durch Glück gelang es einem von ihnen den Drachen gefährlich zu verletzen. Er konnte nicht weiterkämpfen. Die Mutter hörte seinen gequälten Ruf und eilte ihm zur Hilfe. Sie konnte sehen, wie stark er verletzt war. Für ihn konnte sie nichts mehr tun, doch sie konnte diese Menschen daran hindern an ihre Jungen zu gelangen. Der Vater hatte bereits einen Großteil der Gruppe schwer verletzt, einige sogar getötet. Die Mutter tat das selbe mit dem Rest. Keiner sollte hier lebend herauskommen. Auch sie wurde dabei jedoch verletzt. Mit letzter Kraft ließ sie sich neben ihrem Geliebten auf den Waldboden nieder. Es gab keinen Weg, wie die zwei diese Wunden überleben sollten. Die drei Jungen unten in der Bucht hörten natürlich auch diese Kampfgeräusche von oben. Sie wurden neugierig und flogen ebenfalls hinauf. Zwei zumindest. Der dritte, der mit den grünen Augen, und auch der kleinste, konnte noch nicht so gut fliegen wie seine beiden Geschwister. Sie ließen ihn unten zurück. Doch der kleinste Nachtschatten war genauso neugierig, was da oben passiert war. Also strengte er sich so sehr an wie noch nie, um dort rauf zu kommen. Er schaffte es sogar bis nach oben. Nur um zu sehen, wie zwei der Menschen seine Geschwister mit einem Hieb eines seltsamen Stocks, welcher am Ende eine im Mondlicht schimmernde Platte hatte, tötete. Er sah auch noch, wie seine Mutter diese Menschen jeweils mit einem Plasmaball abfeuerte und somit endgültig tötete. Der kleine Drache hatte gesehen, was diese Wesen vor ihm mit seiner Art anstellen. Er verspürte eine unbeschreibliche Wut auf sie. Doch was sollte er als kleiner Drache schon tun? Er hatte es gerade so aus der Bucht geschafft. Ihm war klar, hier konnte er nicht bleiben. Er schlich zu seiner Familie und verabschiedete sich von ihnen. In dem Wissen, sie gehen nun fort von hier, genauso wie er. Er stieß sich vom Boden ab und flog in eine unbestimmte Richtung. Immer weiter. So weit ihn seine noch kleinen Flügel tragen konnten. Und auf seinem Flug wuchs die Wut. Die Wut, auf die Menschen....«

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