Kapitel 39

370 24 0
                                    

Er konnte Revins Blut riechen, sah wie es langsam an seinem Hals hinunter lief und sein Shirt beschmutzte. Etwas in ihm schaltete um und mit einem kleinen Schnipsen drehten sich beide Arme des Jägers nach hinten. Sein schmerzvoller Schrei hallte durch das Haus und es wäre kein Wunder, wenn es sogar die Vögel außerhalb verscheuchte. Immer und immer wieder tönte das brechen von Knochen, bis der Jäger an seinen eigenen Schreien und Tränen zu ersticken schien. In seinen Augen spiegelte sich Entsetzen wider und er suchte verzweifelt nach Gnade, doch diese war in Merikh gestorben als das Messer durch Revins Haut geschnitten hatte. Der Wolf stand immer noch angewurzelt im Blut ertränkten Raum. Er bewegte keinen Muskel, traute sich nicht sich nicht auch nur einen Blick nach hinten zu werfen. Er wusste das Merikh schnell brutal werden konnte, doch er hatte noch nie in seinem Leben ein Menschliches Wesen in so einem Schmerz schreien hören und er wollte die Ursache der Schmerzen nicht her raus finden. Bedrückt sah er in Merikhs Augen. Sie waren leer, gefühllos, blickten ihm nur kalt entgegen. Das war nicht mehr der sanfte Vampir der ihm in seiner dunkelsten Zeit half und immer für ihn da war, das was noch vor ihm stand war nichts weiter als ein gefühlskaltes Monster, welches alles in seiner Reichweite abschlachten würde. Mit einem lauten knacken zersprang der Kopf des am Boden liegenden Jägers und Revin sah noch im Augenwinkel, wie der leblose Körper am Boden liegen blieb. Mit schnell schlagenden Herzen blieb er stehen, versuchte sich nicht zu bewegen, er schloss einfach still die Augen und versuchte das Blutbad um ihn herum zu vergessen. Er bemühte sich die schmerzverzogenen Laute hinter ihm nicht zu hören. Doch egal was er tat er konnte die kalte Berührung an seinem Hals nicht ignorieren. Er spürte wie die Zunge des Vampirs vorsichtig das Blut an seinem Hals wegleckte. Wie sich die kalte Hand erst in seinen Haaren vergrub und dann schnell von ihm abließ. „Geh bitte raus, ich hab noch eine kleine Rechnung offen." Allein bei der kühlen Stimme lief Revin ein kalter Schauer über den Rücken, auch wenn er das Furcht einflößende Lächeln fast schon hören konnte. Langsam lief eine Träne über seine Wange und er hörte den Vampir seufzen. „Halt dich fest." Seine Stimme klang sanfter, sogar in seinem Wahn schien Merikh langsam gemerkt zu haben, welche Angst er in Revin ausgelöst hatte. Vorsichtig legte er Revins Arme um seinen Hals und hob den Wolf leicht hoch. Noch bevor Revin es überhaupt realisiert hatte spürte er die warme und vom Nelken Duft eingenommene Luft wieder um sich herum vernahm. Langsam wurde er wieder herunter gelassen und seine Beine berührten den Untergrund. Auch wenn sein Körper zitterte und er bei jedem anderen schon längst die Flucht ergriffen hätte, so schrie ein kleiner Teil in ihm immer noch nach dem Mann der seine Arme um Revins Körper gelegt hatte. „Es tut mir leid, ich hab wohl etwas die Kontrolle verloren." Murmelte der Vampir die Entschuldigung in Revins Haare hinein. Der Kleinere ließ seinen Blick nach oben wandern und blickte in die langsam wieder blass werdenden Augen. Die rote Farbe zeichnete sich nur noch an den Rändern seiner Iris ab und sein Blick wurde sanfter. Die Kühle verschwand und Revin begann wieder den alten Merikh vor sich zu sehen. „Fünf Minuten, okay?" Vorsichtig strich der Vampir die Haare von der Stirn seines Freundes und drückte einen sanften Kuss auf sie, bevor er ein letztes Mal im Haus verschwand. Auch wenn sein Körper sich etwas beruhigt hat, so schlug sein Herz immer noch schwer gegen seine Brust. Mit kalten Händen hielt er sich fest die Ohren zu, in der Hoffnung keinen der Schreie des Jägers Vernehmen zu müssen, doch es kam nie einer und wenn er ehrlich war wollte er gar nicht den Grund wissen, warum nie auch nur ein einziges Geräusch aus diesem Haus erklang. Er konnte sich nicht vorstellen das nach alle dem Merikh ihm einen schnellen Tod geschenkt hat. Nach den versprochenen fünf Minuten spürte Revin wie sich langsam zwei Arme um seine Hüfte legten und seinen Körper näher an die kalte Haut zogen. Verwirrt schaute der Wolf zu dem nackten Oberkörper gegen den er gelehnt war. „Wo ist dein Shi-?" Noch bevor er seinen Satz beenden konnte, wurde ihm das Blut getränkte Shirt kurz vor das Gesicht gehalten. „Verstehe."
Belustigt schmunzelte Merikh neben ihm, während sie begannen sich langsam wieder vom Haus zu entfernen. Schnell begann sich eine Stille über sie zu legen, Merikh schien in seinen eigenen Gedanken zu versinken und wich immer mal wieder knapp einem Baum aus. Revins Blick wich immer wieder auf das Mahl, welches sich über seinen Körper schlang. Beim genaueren schauen sah er die vielen kleinen Schuppen der Schlange und wie sie sich bereits von dem tiefen Schwarz in das unnatürliche weiß gefärbt hatte. Sie schienen mit jedem Tag mehr zu werden und Revins Sorgen begannen langsam seinen Verstand einzunehmen, anscheinend so sehr das er den riesigen Baum vor ihm nicht bemerkte und er rücksichtslos gegen das Holz stieß. Mit schmerzerfüllten Zischen wich er zurück und rieb sich die rote Stirn. „Alles okay?" fragte Merikh sofort und erwachte aus seiner Gedanken Trance. „Ja, geht schon." Vorsichtig fuhren die kalten langen Finger über die brennende Stirn. „Wenn wir zu Hause sind, kühlen wir es okay?" Revin hörte dem Vampir gar nicht mehr zu und betrachtete nur die blutenden Lippen. Merikh begann immer weiter zu reden und der Blondschopf bemerkte das nuscheln, welches der Vampir entwickelte. Revin sah mit an wie ein Tropfen des weißen Blutes an Merikhs Lippe hinunter floss und er ihn eilig mit seiner Hand abwischte. „Öffne deinen Mund." Unterbrach Revin Merikhs Monolog mit fordernder Stimme. Der Jüngere konnte sehen wie sein Partner erst den Kopf schütteln wollte, dann aber es doch noch schnell sein ließ. Merikh wusste das Revin nicht locker lassen würde, er sah es in seinen Augen. Die Entschlossenheit hatte sich bereits tief in seinem Blick fest gesetzt und egal wie gut Merikh mit seinen Worten sein würde, was er definitiv nicht war, er könnte den blonden Jungen vor ihm nicht umstimmen. Widerwillig öffnete der Vampir langsam den Mund und entblößte, zu Revins Schrecken, zwei lange scharfe Fangzähne. Sie ähnelten schon fast den Giftzähnen einer Schlange. Auch wenn Revin sich sicher war Merikhs Gebiss bereits gesehen und deutlich gespürt zu haben, so waren die zwei spitzen Zähne die ihm entgegen strahlten nicht das was noch in seinem Gedächtnis saß. Schnell schloss der schwarzhaarige wieder seinen Mund, als sich auch nur ein Funke von Angst in Revins Augen zeigte, nur um ihn sofort wieder Schmerzhaft zu öffnen und einen Schwall aus Blut in das Laub unter ihren Füßen zu spucken. Langsam wurde dem Wolf klar, warum Merikh mit dem Nuscheln angefangen hatte, seine eigenen Zähne schnitten ihm ins Fleisch. Der Hunger nagte an ihm, doch um das zu erkennen musste Revin nicht die scharfen Zähne sehen, ein einziger Blick in die blassen Augen hätte gereicht. „Du hast Hunger." Es war keine Frage, doch Merikh beantwortete sie wie eine. „Es passt schon, ich halt es bis nach Hause aus." Ein falsches Lächeln umspielte seine Lippen und Revin schüttelte nur mit einem Schatten von Trauer in den Augen, den Kopf. „Du bist ein schlechter Lügner." Geschlagen sah Merikh seinem Freund dabei zu, wie er sein Shirt nach unten zog um seinen Nacken frei zu machen. „Glaubst du ich habe nicht gemerkt wie du schon im Keller mit dir gekämpft hast?" Revin erwartete keine Antwort, denn es war bereits beiden klar das er recht hatte. Merikh fühlte sich furchtbar, die Person, die ihm in dieser Welt am wichtigsten war hatte in dem Keller fast mehrere Zusammenbrüche erlitten und alles woran er dran hatte denken können, war es seine eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Vorsichtig legten sich zwei warme Hände auf seine Wangen und hoben seinen Kopf an, so das sein Blick in den Augen seines Geliebten verweilte und nicht den Boden betrachteten. „Ist schon okay, ich weiß das du nichts dafür kannst, ich kannte das Risiko auf welches ich mich eingelassen habe, als ich dich gewählt hatte." Revin zog Merikhs Kopf zu ihm runter und vereinte ihre Lippen. Es sollte kein fordernder Kuss werden, Revin besaß keine hinterhältigen Intentionen, doch Merikh schien anderer Meinung gewesen zu sein. Schnell drang er in Revins Mund ein und drückte den kleineren gegen den dicken Baumstamm hinter ihnen. Bedächtig traute sich Revin nicht sich auch nur einen Zentimeter zu bewegen, er befürchtete Merikhs Zähne könnten Blut schmecken und er würde den hungrigen Vampir über die Kante stoßen. Doch seine Vorsicht wurde ihm schnell abgenommen. Langsam begann ihm die Luft auszugehen und Merikh löste sich von ihm. Schnell atmend lehnte sich Revin gegen den Baum und spürte wie der Vampir sich langsam seinem Hals näherte, aber trotzdem vor Schuldgefühlen stoppte. „Tue es! Ich hab dir bereits zu viele Probleme bereitet und du warst trotzdem immer für mich da, es wird Zeit das ich dir auch mal in deinen dunklen Zeiten helfe." Durstig blickte der schwarzhaarige auf die weiche Haut, doch er hatte bereits jegliche Kontrolle über sein Handeln verloren und ließ sich nur noch von seinen Instinkten leiten. Nur kurz nach dem Revin seinen Satz beendet hatte, spürte er wie die scharfen Zähne sich durch seine Haut piercen.

You before me [Boyxboy]Where stories live. Discover now