Kapitel 34

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Seufzend öffnete Merikh mit einem sauberen Messer den Brief und brach damit das Wachssiegel. Den Umschlag ließ er langsam zu Boden sinken, während er fassungslos auf den ordentlich geschriebenen Inhalt des Briefes blickte. Die Aura im Raum schlug innerhalb weniger Sekunden um, er konnte im Augenwinkel sehen wie Haydens Blick sofort unterwürfig zu Boden wich. Merikh wusste das er fragen wollte worum es ging, sein Körper jedoch so sehr zitterte das er sich nicht traute und nicht ein einziges Wort seinen Mund verlassen konnte. Er erstickte an seinen eigenen Wörtern.

Wertgeschätzter Merikh,

Durch sämtliche Informanten und noch ein paar zurückgebliebene Inquisitoren haben wir von der aktuellen Situation mit den Wölfen und Jägern erfahren, durch die immer größer werdende Aufmerksamkeit die auf deine Region fällt fühlen wir uns gezwungen drastische Schritte einzuleiten, sollten wir der Meinung sein das die Mythen die unsere Existenz umgeben bedroht werden könnten. Die Morde haben bereits zu viel Interesse der Jäger auf deine Region gezogen, wir können keine weitere Aufmerksamkeit gebrauchen, besonders nicht dann wenn die Jäger schon sowieso einen besonderen Gefallen an dir hegen. Sollte die Situation sich nicht innerhalb kürzester Zeit zum besseren verändern, werden wir uns gezwungen sehen dir einen Besuch abzustatten.

- Erster Sitz des Rates, Enzo Romano

Wütend zerknüllte Merikh den Zettel und schmiss ihn in hoher Geschwindigkeit in eine Ecke. „Dieses Miststück, selbst immer nichts unter Kontrolle bekommen, aber wenn es bei mir einmal Probleme gibt den Wichtigen spielen." schrie er schon fast und begann mit immer höher werdenden Tempo durch die untere Etage zu laufen. Irgendwann hatte er seine Geschwindigkeit so sehr erhöht das die umherstehenden Möbel, durch den verbleidenden Luftstoß begannen zu erzittern. Besorgt um die Einrichtung und seinen Freund stoppte Hayden Merikh durch ein abruptes zur Seite ziehen des Körpers. Er hatte jedoch nicht ganz mit dem mit sich kommenden  Druck gerechnet und musste einen Ausfallschritt nach hinten machen, um nicht komplett das Gleichgewicht zu verlieren. Fest fixierte er seinen Freund vor sich und sorgte dafür das er ihm endlich mal in die Augen blickte. „Jetzt beruhig dich doch erstmal und erzähl mir was im Brief stand." Merikh atmete einmal tief durch, jedenfalls tat er so und Hayden spürte wie die Muskeln des älteren Vampire sich unter seinen Händen wieder entspannten. „Er kam von Enzo, der Rat hat von der Lage mit den Jägern erfahren und wenn sie sich nicht langsam verbessert, werden sie vorbei kommen. Sollten viele hohe Vampire diese Region betreten könnte das katastrophale Fieber Ausbrüche bei jüngeren oder schwächeren Werwölfen auslösen und ich weiß nicht wie Revin mit meinem Gift im Körper auf ihre Aura reagieren könnte, es könnte gefährlich werden." Erneut begann Merikh im Kreis zulaufen und seine Geschwindigkeit zu erhöhen, bis Hayden ihn zum zweiten Mal stoppen musste. In dem Blick des Älteren lag Besorgnis, etwas das in Hayden Behagen auslöste, etwas das ihm klar machte das im Moment nichts so lief wie es sollte und der bewusstlose Wolf auf ihrer Couch schien die Situation weiter in die Panik zu ziehen. Aber die Sorge um die Wölfe war nicht das einzige was Merikh beunruhigte. Auch wenn er wusste das Revin sein komplettes Herz ausfüllte, so hatte er ihm nicht den Verstand vernebelt, jedenfalls nicht mehr. „Da ist noch etwas, hab ich recht? Du machst dir nicht so viele Sorgen um die Wölfe, besonders nicht wenn sie dein kleines Juwel gerade erst verbannt haben." Ein ertappter Blick legte sich in Merikhs Augen nieder und er öffnete den Mund um sich zu verteidigen, doch Hayden fuhr einfach fort. „Versuch gar nicht erst zu lügen, du bist zwar ein guter Lügner, aber ich kenne dich mittlerweile lang genug um deine Lügen von deinen Wahrheiten zu unterscheiden." Merikh hatte keine Chance Heil aus der Sache rauszubekommen, diese Hoffnung ist in ihm bereits gestorben als Hayden mit der Nachfrage, ob da noch etwas war, gestorben. Er warf einen Vorsichtigen Blick zu Revin, um sicher zu gehen das er noch fest die Augen geschlossen hatte. Am Ende entschloss er sich aber doch dafür nichts zu riskieren und den Raum zu wechseln. „Komm mit." waren die einzigen Worte die er verlor, doch Hayden kam zügig der Bitte nach und folgte ihm in sein eigenes Zimmer. Merikh schien sich immer noch nicht wieder ganz zu trauen sein Zimmer erneut zu betreten. Mit einem leisen knacken schloss Merikh die Tür und spürte wie sie hinter ihm ins Schloss fiel. „So was ist es jetzt. Was ist denn so wichtig das du es sogar vor deinem Wolf verstecken musst?" fragte Hayden eher belustigt als ernst. Es war eigentlich nur als kleiner Scherz gedacht gewesen, doch Merikhs Gesichtszüge wurden traurig und ernst zu gleich. Er sprach kein Wort. Seine vom Stress bereits aufgerissenen Lippen öffneten sich nicht einmal in dem Versuch etwas heraus zu bringen. Stattdessen begann er sein Hemd auf zu Knöpfen. Würde Hayden nicht in Merikhs selbstverachtenden Blick schauen, hätte er bestimmt bereits schon längst die Situation ins lächerliche gezogen, doch bei diesem Blick in Merikhs Augen verging ihm jeglicher Mut. Sein Hemd fiel zu Boden und entblößte das Schlangen Tattoo, welches sich über seinen ganzen Oberkörper schlang. Doch sie sah anders als sonst, zwischen den ehemaligen schwarzen Schuppen bildeten sich bereits eine weiße ab und so wie Hayden es sehen konnten waren nun von der ehemaligen komplett schwarzen Schlange mehr weiße Schuppen da, als schwarze verblieben waren. Langsam drehte Merikh ihm den Rücken zu, auf welchem sich einige Tiefe Narben von Runen abbildeten. So als hätte sie ihm jemand vor langer Zeit tief in die Haut geritzt, so das sie bis zu dem heutigen Tag nicht verblasst waren. „Was sind das für Runen?" fragte Hayden während er wie hypnotisiert auf den vernarbten Rücken starrte, er hatte immer gedacht das die kleine Narbe an seiner Hand Merikhs einzige war, doch auf seinem Rücken hatten sich so viele im Schatten einer Illusion versteckt. „Versieglungs-Runen." Eigentlich wollte Hayden gar nicht wissen was sie versiegelten, doch seine Worte verließen seinen Mund schneller als er wollte. „Wofür?" Merikh seufzte, offensichtlich mit sich selbst kämpfend. „Mein Blut und den Fluch der mit ihm und meiner Fähigkeit kommt." „Was für ein Fluch?" er wusste das er lieber mit den Fragen aufhören konnte, doch seine Neugier gewann. Sie war schon immer sein Untergang gewesen. Sie war sein Untergang vor 200 Jahren gewesen und er war sich sicher sie wird auch sein letzter Untergang sein. Merikh ließ seinen Blick schweigend durch den Raum schwingen, deutlich auf der Suche nach den richtigen Worten, doch er schien sie nicht zu finden. Sein Körper schreckte hoch als ein knacken von der Tür erklang und sie langsam aufschwang. Revin stand mit vor der Brust verschlossenen Armen im Türrahmen und schaute ihn abwartend an. „Du hast alles mitgehört, hab ich recht?" Er nickte langsam und ging an ihm vorbei um sich gegenüber von Merikh auf Hayden's Bett zu setzen und als Hayden merkte das das alles noch länger dauern könnte gesellte er sich zu ihm. „Ich denke ich habe das Recht, alles ebenfalls zu erfahren. Immerhin meinten wir doch: Keine Geheimnisse mehr!" Geschlagen seufzte Merikh und öffnete endlich seinen Mund. „Okay, es ist wohl an der Zeit reinen Tisch zu machen, ich bin sowieso schon viel zu lang vor meiner Vergangenheit weggerannt." sagte er endgültig und zog Hayden's Schreibtisch Stuhl zu sich, um ebenfalls sitzen zu können.

You before me [Boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt