Mittwoch, 24. August

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"Wenn du jetzt nicht aufwachst ergreift Lena die selbe macht wie letzte Nacht. WACH AUF DU IDIOT.", schrie sie mich an. "Vielleicht will ich gar nicht aufwachen und bei dir bleiben?", entgegnete ich ihr kalt. Sie schlug gegen meine Brust. "Das ist aber nicht richtig verdammt. Du sollst verdammt nochmal aufwachen. Und solang du das nicht tust, bin ich weg und tauche auch nicht mehr auf." Mit diesen Worten war sie weg gewesen und ich schreckte aus meinem Schlaf hoch.
"Guten Morgen mein Engel.", lächelte mir Senna entgegen. Sie sah furchtbar aus. Ihre Augenringe waren mehr geworden, ihre Piercings hatte sie rausgenommen und die Löcher wuchsen langsam zusammen. Ihre Haare waren einfach irgendwie zusammengeknotet und ihre Brille saß total schief. Ich rückte ihre Brille zurecht, was ihr einen leicht genervten Seufzer ausstoßen ließ. "Wie geht's dir?", fragte ich. Sie zuckte mit den Schultern. "Mein Sohn ist als Krankenhaus gebunden, gut geht's mir also nicht. Dir?" "Auf jedenfall besser als die letzten Tage." Da fiel ihr mein gebrochener Arm auf. "Sie war hier.." Ich nahm ihre Hand, auch wenn das ziemlich schmerzte das sie auf der Seite saß auf der mein gebrochener Arm war. "Ja aber Dienst direkt wieder gegangen." Sie schwieg kurz. "Nachdem sie dir den Arm gebrochen hatte." Ich lachte. Warum wusste ich selber nicht so genau. Vielleicht aus Verzweiflung aber vielleicht auch weil ich wusste das sie es wieder tun würde und ich meine Angst überspielen wollte. Aber vielleicht auch einfach weil ich mir so dämlich vor kam. "Hör auf zu lachen. Ich erkenne den Schmerz in deinen Augen." Und dann herrschte Stille. "Wann kann ich nach Hause?" "Max, du bist gestern aus dem Koma erwacht. Beruhig dich und ruh dich aus. Eine Gerichtsverhandlung wird es nicht geben und Lorena wollte nachher nochmal vorbeikommen. Sie wollte mit dir ein ernstes Wort reden." Nun wurde auch Senna's etwas wütend. "Muss das sein? Ist es nicht schlimm genug das sie tot ist? Muss ich da noch über sowas reden?" Sie nickte und stand auf. "Trotzdem liebe ich dich.", flüsterte sie und gab mir einen Kuss auf die Stirn. Als sie den Raum verließ, kam die Krankenschwester von gestern mit dem Frühstück. "Brauchst du noch etwas?" Ich schüttelte den Mund und Schnitt mein Brötchen auf. "Essen macht dich glücklich nicht wahr?" Ich grinste vor mich hin und nickte leicht. Als am Mittag mein leichter Schlaf unterbrochen wurde, war meine Laune wieder tief unten angekommen. Eine Gestalt mit lila Haaren und braunen Augen betat den Raum. Eindeutig Lorena, so verrückt konnte nur sie aussehen. "Hey.", sagte sie leise und setzte sich auf den Stuhl neben meinem Bett. "Hmm.", brummte ich und ließ meine Augen geschlossen. "Wie geht's dir?" "Traumhaft. Und dir?" Sie seufzte. "Mir geht's genauso beschossen wie dir. Wir haben beide etwas wichtiges verloren." Ich schlug meine Augen langsam auf und ihre Braun strahlte förmlich in mein gelb. "Du hast schöne Augen, ist mir nie aufgefallen. Solltest mal öfter deinen Kopf heben wenn du durch die Schule läufst." Wir beide lachten leicht. "Danke. Wieso bist du hier?" Sie atmete tief ein. "Max, ich weiß du willst nicht drüber reden aber.." "Dann fang das Thema gar nicht erst an." Schweigen. "Max.. Vielleicht hilft dir das besser damit umzugehen." "Ich brauche eure Hilfe nicht. Jahrelang war ich euch allen egal und jetzt kümmert's euch? Das ich nicht lache." Sie senkte ihren Blick. "Ich hatte Angst um Kathy verdammt." "Denkst du ich nicht? Denkst du sie war mir egal?" "So wie du sie behandelt hast, würde es mich nicht wundern." Wir sahen uns beide kurz in die Augen. "Raus.", brüllte ich. "Max.. Ich.." "VERPISS DICH." Sie sprang auf und rannte raus. Das sie weinte war mir relativ egal, sie war selbst dran schuld. Mein Tag war wie immer, im Fernsehen rumschalten, schlafen und essen. "Jo Bruder auch mal wach.", brüllte Christoph durch das leere Zimmer dessen vier weiße Wände mir langsam auf die Nerven gingen. "Wie geht's dir?" "Besser, wie läuft die Schule?" Er lachte amüsiert. "Wie immer. Du musst übrigens wiederholen." Ich nickte. Es war mir an dem Zeitpunkt bewusst gewesen an dem Senna es mir schon gesagt hatte. Für mich waren die Nerven momentan einfach nicht da. Er setzte sich neben mich. "Was ich dir noch sagen wollte, das mit Kaithlin tut mir leid. Ich weiß wie sehr du sie geliebt hast, aber manchmal hat es einen Grund. Lorena war vorhin bei mir und hat sich bei mir ausgeheult wie schieße du wärst. Ich glaube das du dich zu sehr in deinen Selbsthass und deine Selbstzweifel vergräbst. Du bist nicht schuld daran und das weißt du auch." "Ich hätte sie retten können." "Sie war ab dem Zeitpunkt tot an dem der Schlauch ihren Arm verlassen hatte Max, seh es endlich ein. Sie hatte mit dir geredet ja, aber sie war schon tot. Ohne den Schlauch war ihr Körper nicht, genauso wie ihr Hirn. Sie war tot, kapier das endlich." Christoph war etwas lauter geworden, mit Recht. Aber es war meine Schuld gewesen, ich hätte einfach niemals in ihr Leben treten dürfen. "Ich bin in ihr Scheiss Leben getreten, hätte ich mich rausgehalten wäre sie noch am Leben." Er seufzte gernervt. "Lebe weiter, es kommen noch mehr." Ich schaute gegen die Wand. "Ich hab vorhin zufällig mitbekommen das wenn du so weiter machst, nächste Woche raus kannst. Reiß dich zusammen damit du es packt, danach gehen wir nämlich erstmal dick feiern damit du auf andere Gedanken kommst." Nein sagen konnte ich nicht da Christoph seinen Kopf immer durchsetzen muss, also nickte ich nur. Er schlug mir dankend auf die Schulter und stand auf. "Übrigens soll ich dir ausrichten das Lorena dich hasst." "Richte die aus das dies auf Gegenseitigkeit beruht." Er lachte und verließ mein Zimmer. Ich schaute mich um, vielleicht fand ich ja noch eine Beschäftigung in diesem Raum. Ich öffnete die Schubladen an meinem Tisch und fand was interessantes. Wenn du wieder laufen kannst, dann kannst du sie rauchen. Wehe du verlässt das Bett bevor du überhaupt richtig sehen kannst. Kuss, Mama. Ich nahm die Schachtel, sowie das Feuerzeug und ging nach unten. Es war kalt und die Sonne versteckte sich unter gefühlten 80 Schichten Wolken. Ich rauchte einige hintereinander da ich mich abregen musste. Als ich wieder oben ankam, empfing mich eine der Krankenschwestern. "Du darfst dein Bett noch nicht verlassen und erst recht nicht zum Rauchen." "Lassen sie mich rauchen, ich brauche es." "Junge du bist 16." Ich lachte laut los. "Das muss nichts heißen, wenn ich rauchen will, dann tu ich das. Ob ich nicht laufen, sehen oder hören kann." Ich lief an ihr vorbei, auf mein Zimmer. Es war schön hell dank des lichtes. Aber es wirkte trotzdem sehr kalt. Die Einrichtung war spartanisch. Nur das wichtigste. Wäre ich nicht hier drin, Ständen hier nur zwei Betten, ein Tisch, zwei Stühle und ein kleiner Schrank. Noch bevor ich mich in mein Bett legen konnte, setzten furchtbare Schmerzen ein. Wie die Schmerzen waren, kann ich nicht beschreiben. Sie waren einfach nur ekelhaft. Aber ich wusste das sie nicht normal waren, selbst Ärzte hatten das bemerkt. "Beruhig dich und denk an etwas schönes.", hatte meine Mama mir früher immer gesagt wenn ich solche Schmerzen hatte. Ich dachte an Kaithlin und keine zwei Sekunden später waren die Schmerzen wie verschwunden, als hätte einer darauf gewartet das ich mir Kaithlin aussuche. Vermutlich hatte ich auch ziemlich laut geschrien da sich zwei Ärzte und fünf Krankenschwestern um mich versammelt hatten. Ich lag zitternd auf den Boden und hatte mit meinen Armen, meine Beine an meinen Oberkörper gezogen. "Geht es Ihnen gut?" Ich schüttelte den Kopf. Langsam begann ich mit meinem Körper vor und zurück zu schaukeln. "Hol Steve, wir brauchen seine Hilfe.", sagte der Arzt leise, vermutlich sollte ich es nicht hören. "Gleich kommt jemand, er wird dir nichts tun. Er will dir nur helfen." Ich hörte ihm danach nicht mehr zu, da meine Gedanken ganz woanders waren. "Max?", drang in meine Ohren. Die Stimme war rau und beängstigend. Und sie klang bösartig. Er ging vor mir in die Hocke und lächelte mich an. "Bist du anwesend?" Ich nickte leicht. Ich wollte nicht reden, also hätte er gleich wieder gehen können. "Du redest nicht gerne oder?" Gut erkannt mein Freund. "Bitte verlassen sie den Raum, er braucht Ruhe." Ja und du kannst gleich mitgehen. Nachdem die Tür geschlossen war, setzte er sich auf den Stuhl neben meinem Bett. "Was ist passiert?" "Geht doch nichts an." Er grinste auf seine Hände. "Ich bin Psychologe, ich muss dir helfen. Ab dem Punkt an dem du sagst das du Hilfe brauchst." "Ich habe nie Hilfe bekommen, jetzt brauche ich sie auch nicht mehr." "Diese Reaktion zeigt mir nur noch mehr das du Hilfe brauchst." Ich schnaubte amüsiert. "Lass mich mit deinem Psychologengelaber in Ruhe und erzähl es jemandem den es interessiert. Deine Freundin ist nicht wegen dir gestorben, du kannst mir nicht helfen. Das kann und soll niemand." Er nickte, stand auf und verließ den Raum. Endlich hatte er es gerafft. Am Abend kam wieder meine Mutter. Sie sah wieder besser aus. Ihre Haare hatte sie nachgefärbt und ihre Piercings waren wieder an den gewohnten stellen, nur ihre Augenringe waren noch stärker geworden. "Sie sagen das du morgen wieder nach Hause kannst." "Wirklich?" Sie nickte lächelnd. "Was war vorhin los?" "Ach nicht wichtig. Hatte nur Schmerzen." Sie legte den Kopf in den Nacken und seufzte genervt. "Was ist?" "Lena. Diese Frau macht mich krank. Übrigens habe ich dir einen neuen Bilderrahmen für das Bild gekauft und ein Brief war für dich im Briefkasten. Liegt alles auf deinem Bett. Deinen Schlüssel leg ich dir in die Schublade, wenn du nach Hause kommst bin ich vermutlich nicht da weil ich lange arbeiten muss." Ich nickte und bedankte mich. "Pass auf dich auf, jetzt wo Kaithlin weg ist werden die Zeiten härter. Du musst stark bleiben sonst knickst du unter ihrem Druck Weg."
Ich war doch schon längst unter ihrem Druck weggeknickt.

The Song of the DeadWo Geschichten leben. Entdecke jetzt