Kapitel 49

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49

War er völlig bescheuert?!

Mich umhüllte sein Schatten, der sein mächtiger Körper warf. Seine Locken fielen ihm halb vor seinem Gesicht, was ihm nur noch angsteinflößender machte. Ich lag in einer Wanne. Links und rechts glatte Oberfläche, wo ich keinen Halt finden konnte, um mich irgendwie rausstämmen zu können.

Ähnlich wie die Welt in der ich festsaß.

Er drückte meine Fingerknöchel nur noch stärker gegen die Härte. Es tat so weh, dass mir wieder ein komischer Laut entglitt, den ich mir nicht verkneifen konnte.

Ich wagte einen Blick auf.

"Hast du Angst?", fragte er und erwartete natürlich eine Antwort, die ich ihm nur mit Gesten geben konnte.

Aber ich tat es nicht.

Ein Fehler.

Diesmal nahm er meine Hände in einem Griff, sodass er meine Handgelenkknochen mit seinem Daumen und Zeigefinger rollte, als hätte er etwas zum Festhalten. Ich wandte mich vor Schmerz, wobei ich mein Becken gegen seinen Bauch stieß und es fallen ließ. Ich versuchte aus seinem Fängen zu entkommen, doch der Schmerz verstärkte sich nur noch mehr.

Mir stieg das Wasser in den Augen.

Wieso tat er das? Ich hatte ihm doch gar nichts getan. Ich dachte wirklich erst, dass er heute gut drauf ist, aber wie er seine wahre Fassade geschickt verstecken konnte. Ich durfte ihn eigentlich nicht mehr trauen. Aber ich war so einsam und er schenkte mir Aufmerksamkeit, was mich etwas glücklich machte. Auch wenn er mich so blöd behandelte.

Niemand würde es verstehen.

"Hast du Angst?"

Er wiederholte sich und ließ nicht locker. Ich wusste nicht, was ich als Antwort geben sollte und zögerte.

"Hast du Angst?!", zischte er und sank seinen Kopf wieder tiefer zu mir herab. Nur wenige Centimeter und ein Gefühl ihn wieder küssen zu wollen.

Sein warmer Atem streifte meinen Mund auf den ich einfach starren musste. Ich verfiel erneut meiner Welt, wo er erreichbar für mich war.

Ich schüttelte meinen Kopf. Natürlich hatte ich so Angst, dass ich mir in die Hose hätte machen können. Ich hatte nicht die Angst vor seinen Übergriffen, sondern von seiner Art, wie er es tat.

Seine Mundwinkel zuckten ein bisschen.

Bedeutete das was Gutes oder spielte er nur?

Er ließ meine Handknöchel los und schob mich von ihm weg. Das überraschte mich total. Ich rieb meine Handgelenke, die rot waren und mein Finger, den Harry liebevoll verarztet hatte, schmerzte nicht mehr.

Er blieb einen Moment knien, bevor er aus der Wanne stieg und zu dem Spiegel lief.

Ich setzte mich auf und blickte perplex seinen Rücken an. Wieder einer der Schreckmomente. Erst lieb und nett, dann teuflisch und mies. Ich konnte ihn nicht verstehen. In meinem Kopf explodierten die Fragen, die ich gerne aussprechen würde.

Hatte er wirklich gemeint, dass der Kuss damals ein Fehler war?

Aber wieso wollte er mich? Ich war nicht besonders.

"Wieso sitzt du noch in der Wanne?", fragte er und richtete seine verwuschelten Locken. Er wollte doch mal zum Frisör gehen, aber dann würde ich seinen Wuschelkopf vermissen.

Ich sah zu ihm auf und stieg dann auch aus der Wanne.

"Habe ich dich erschreckt?", fragte er weiter und drehte sich zu mir herum. Ich zuckte zusammen, als er seinen Arm hob.

"Keine Angst." Er legte seine Hand auf meine Schulter, bevor er an mir vorbei lief und die Badezimmertür öffnete. Er war wie ausgewechselt, als sei er der netteste Junge auf der ganzen Welt. Und natürlich hatte er mich erschreckt. Das hätte mein Ende sein können.

Ich folgte ihm in mein Zimmer, wo er sich neugierig umschaute. Ich setzte mich auf mein Bett und schob mein Buch unter mein Kopfkissen. Würde ich später weiter lesen, wenn er weg ist. Dann verfolgte ich ihn mit misstrauischen Blicken.

"Gefällt dir eigentlich mein Geschenk?", fragte er und stand an meinem Schreibtisch, wo er einfach ein Block nahm und darin rumblätterte. Bestimmt hoffte er auf Geheimnisse oder sowas.

Ich zuckte die Schultern, was er nicht sah und als ich nicht antwortete, drehte er seinen Kopf zu mir.

"Ach, stimmt. Du kannst ja nicht reden.", grinste er und legte die Sache wieder zurück, bevor er sich neben mich setzte. Er schwieg und ich konnte so oder so nichts sagen. Ich fand sein Geschenk eigentlich super toll, weil ich noch nie von einem Jungen eine Rose bekommen habe.

Mein zukünftiger Freund sollte genauso aufmerksam sein, wie er.

"Ihr habt nichts weihnachtliches in eurem Haus. Nicht mal einen Tannenbaum.", sagte er. Ich spürte seinen Blick auf mich ruhen, was mich unsicher machte. Wieder zuckte ich meine Schultern.

Er berührte meinen Ellenbogen.

"Hey.", flüsterte er. "Weißt du wie Weihnachten für mich ist?"

Ich sah auf, direkt in seine grünen Augen, die jetzt wieder totale Liebe ausstrahlten. Er war extrem kompliziert, was mich aber antrieb und ihn interessant machte.

Ich schüttelte meinen Kopf.

"Kuscheln.", sagte er und wandte seinen Blick ab. Bestimmt dachte er gerade an Romina, die sicher drei andere heute im Bett haben wird.

"Und wie der Geruch von Zimt in der Luft liegt, wie die heiße Schokolade zart auf der Zunge zergeht und natürlich die warmen Wolldecken, in der man sich einmummt und vor dem Kamin sitzt."

Damit überraschte er mich ein weiteres Mal. Er konnte doch romantisch sein. Irgendwie bekam ich Lust darauf ein Teil davon zu versuchen.

"Woran denkst du? Mh? Wollen wir das machen?", fragte er und stand auf. Er griff nach meiner Hand und zerrte mich auf die Beine.

Aber meine Mutter.

"Komm."

Und dann lief er mit mir einfach los in die Küche, wo meine Mutter sich gerade einen Kaffee machte.

Louis POV

Ver-Verliebt?

Ich konnte und wollte nicht darauf antworten. Vielleicht war ich wirklich verliebt, weil jedes Mal, wenn man sie erwähnte, etwas tief in mir sprudelte und mir ganz warm wurde.

"Louis? Huhu.", sagte Zayn und winkte stur vor meinem Gesicht.

Ich blinzelte mehrmals, bevor ich mich wieder auf das weiche Sofa fallen ließ.

"Also, hilfst du mir?", entgegnete ich, um abzulenken. Ich wollte jetzt nichts mehr sagen.

"Wenn du willst, Bro.", sagte Zayn und klopfte meine Schulter, bevor er sich mit seinem Gesicht näherte. Meine Muskeln spannten sich an, bereit zurück zu schlagen.

"Ich weiß, dass du was empfindest.", flüsterte er mir ins Ohr. Jetzt schämte ich mich und fühlte mich unwohler als zuvor. Jetzt saß ich ganz steif da.

Scheiße.

In Hell's KitchenWhere stories live. Discover now